16. /niemals allein/

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›ᴅᴇʀ ʜᴀʟᴛ ꜰÜʀꜱ ʟᴇʙᴇɴ, ᴀʟʟᴇꜱ, ᴡᴀꜱ ᴇʀ ʙʀᴀᴜᴄʜᴛ. ᴀɴ ꜱᴇɪɴᴇʀ ꜱᴇɪᴛᴇ ɢᴇʟᴇɢᴇɴ, ᴍɪᴛ ꜱɪɴɴʟɪᴄʜᴇɴ ᴡᴏʀᴛᴇɴ ᴏʜɴᴇ ᴀʙᴡᴇɪꜱᴜɴɢ.‹

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Sein Blick ist zur Wand gerichtet. Zählt möglicherweise die Fliesen. Oder starrt doch nur in eine Leere.

Seine Hand ist angehoben, auf dem Rand des Waschbeckens abgelegt. Ungerührt, seinerseits. Zart zischt Wooyoung auf, als Hongjoong erneut tupfend Staub aus der Wunde entfernt.

Die Idee, die Reinigung selbst zu übernehmen, wurde ihm entrissen, als der Ältere ihn am Arm gepackt, durchs ganze Gebäude gezogen und letztendlich in das Bad ihres Zimmers geschubst hat. Außer sich vor Wut.

Dennoch haben sie bis jetzt nur geschwiegen. Hongjoong hat die verletzte Hand in seine eigene genommen, sie für einige Minuten ausgiebig gemustert. In jegliche erdenkend krampfende Position gedreht. Wooyoung ließ es über sich ergehen, wollte fast schon in Panik, der Furcht vor Verlust verfallen, als sein bester Freund sich minimal entfernte.
Jedoch hat dieser ausschließlich Tücher geholt.

Reinigt nun schon länger die vom leichten Eiter verklebte Wunde.
„Hongjoong-"
Der Blick des Älteren löst sich nicht von seinem Tun. Er macht weiter, wendet sich trotz Ansprache nicht an den Jüngeren. Antwortet diesem jedoch.
„Lass es mich beenden und dann reden wir richtig. Wie von dir versprochen."

Die Stimme des Älteren ist fest. Klar kann man raushören, wie sich sein Kiefer verkrampft. Und die Stärke, als auch Festigkeit, seiner Aussage der Worte, willigt keinen Widerspruch. Somit fängt Wooyoung also wieder an zu schweigen.

Kann nicht länger zusehen, wie an seiner Hand gefummelt wird. Den Bezug zu dem offenen Schmerz des ziehenden Reizes nachvollziehen. Also fällt sein Blick wieder zur Seite, auf die Fliesen, bleibt jedoch hängen. Schon vorher. Am Spiegel. Dies nur kurz, denn auch diesen Anblick kann er sich nicht länger als vom Willen seiner Gedanken gewillt in sich aufnehmen.

Ab und zu zischend, kneift er seine Augen zusammen. Während sein Hals sich krampfend zur Seite drückt. Er seinen Kopf gegen die Wand quetscht und mit der Kraft des aufbringenden Druckes, während seine Lippen aufeinander gepresst sind, versucht er die in ihn tanzenden Gefühle zu lindern. Es ist kein harmonischer Tanz, sondern das starke Stampfen des Sprunges zu Hardrock.

„Hebe deine Hand mal richtig an."
Die Augen öffnend, entspannt sich Wooyoungs Körper sofort. Hinab blickend beobachtet er den Älteren dabei, wie dieser die beschmutzten Tücher der Reinigung wegschmeißt. Auch die Wund und Heil-Salbe wieder wegstellt. Während er aus dem gleichen Schrank entwendend die noch eingerollte Offenbarung eines Verbandes erkennt.

Kein Pflaster würde ausreichen, um diese Wunden abzudecken.
Auch würden die Klebeflächen eine Heilung wohl kaum erleichtern. Viel eher diese erschweren und mit ständiger Öffnung die gewollte Genesung seiner Haut in die Länge ziehen.

Stumm nickte der Jüngere. Mit den Gedanken mal wieder abwesend, geht er der Forderung nach. Hebt seine Hand an. Überlegt sich anbei, weil die Behandlung ihrem Ende naht, wie er das Gespräch mit Hongjoong angehen sollte. Welche Worte? Welche Erklärung? Womit fängt er an? Und womit hört auf?

Wie übermittelt er es dem Älteren, damit dieser es richtig versteht? Es zum Gunsten seines aufgestellten Planes der Erkundung passt?

Er will Hongjoong bei dieser Mission an seiner Seite wissen, diesem nichts mehr verschweigen.

Nachdem der Ältere fertig ist, löste er sich komplett von dem Jüngerem und sagt zu diesem, er soll schonmal ins Zimmer gehen. Was dieser auch sofort tut. Wie angewurzelt, mit dem Blick aus dem Fenster, sitzt Wooyoung auf seinem Bett. Hat sich immer noch nicht entscheiden können, wie er es nun angeht. Ist sich unsicher. Weiß, dass die Entscheidung es anzusprechen richtig sein wird. Weiß dennoch nicht, wie er es wagen soll. Das Angehen ist immer schwer, der weitere Lauf, nach dem ersten Schritt, verläuft meist ganz flüssig.

Plötzlich hört er, wie der Lichtschalter im Bad betätigt wird. Wooyoungs Blick zuckt zur Seite. Blickt direkt in die Augen des anderen, erlangt Kontakt. Er kommt immer näher, so weit, bis er sich am Fußende des gleichen Bettes zu ihm setzt. Mit einem gewissen Abstand, welcher dem Jüngeren ein unwohles Gefühl beschert.
„So, dann fang an."

„Vorgestern. Als ich zur Bibliothek gegangen bin, wollte San mit mir sprechen."

„Warum hast du mir nichts gesagt?! Ich wäre mitgekommen."
Vorwurfsvoll sieht der Ältere zu seinem besten Freund. Scheint plötzlich in Ragen gefangen, wird erst gebändigt, als seine Hand ergriffen wird. Sachte streicht Wooyoung über seinen Handrücken. Der Blick des Jüngeren bittet ihn zutiefst. Er soll Ruhe bewahren. Ihn aussprechen und erklären lassen.

„Er wollte, dass ich mich verletze, damit er möglichen Folgen ausweichen kann und mich dennoch im Leid gefangen sieht."
Der Atem von Hongjoong fällt flach. Seine Augen sind geweitet. Worte kann er sich nur schwer verkneifen, jedoch ist ihm klar, was im Jüngeren abgeht. Würde er sprechen, so würde er es noch schlimmer gestalten, als es so schon ist.

„Ich hab es nicht getan. Deswegen hat er mich gestern nach dem Unterricht zusammengeschlagen. Es war nicht nur die Wange. Meine ganze linke Körperseite strahlt blau."
Tränen sammeln sich in den Augen von Wooyoung an. „Hongjoong es tut mir so leid. Ich wollte dir nichts verheimlichen. Aber ich war so verängstigt und hab einfach keinen Ausweg gesehen. Gestern, als du bei Jongho duschen warst, ist die Überforderung dann mit mir durchgegangen. Und von Gefühlen geleitet hab ich ungewollt gegen den Spiegel geschlagen. Somit jedoch auch Sans Willen gestillt."

Nach diesen Worten kann der Jüngere sie nicht mehr zurückhalten. In einem Schwall der Verzweiflung und Angst fließen Massen über seine Wange. Tropfen herab und erinnern ihn an seine Schmerzen. Wie gern er doch die Nähe seines besten Freundes und dessen Beruhigung wahrgenommen hätte.

Hongjoong schweigt. Es macht ihm Angst. Sein Herz rast. Hat er den Älteren verloren? Aufgrund des Schweigens von sich gestoßen? Die Heimlichkeit zum Bruch ihrer Bindung gemacht?

Seinen Kopf schüttelnd schluchzt er merklich auf. Starrt in das nachdenklich emotionslose Gesicht, des sonst so lieblich freudigen Jungen. Kann es nicht ertragen. Überwindet ihre Distanz und schmeißt seine Arme um Hongjoong. „Bitte sag was. Ich will dich nicht verlieren. Ich werde nie wieder etwas verheimlichen."

Die anfangs ausschließlich einseitige Berührung erhält plötzlich eine Erwiderung. Kräftig schlingen sich Hongjoongs Arms um den Torso des Jüngeren. Erleichtert atmet dieser auf, während die verzweifelten Laute nicht verstummen. Mittlerweile bebt sein Körper jedes Mal auf, wenn ihn ein Schluchzen durchfährt.
„Wooyoung. Ich werde dich nie verlassen. Ich bin dir einfach nur dankbar, dass du dich an mich gewendet hast. Nicht böse, dass du es erst jetzt tust. Nur enttäuscht und gleichzeitig doch so erleichtert."

Den Körper des anderen immer stärker an sich pressend, vergräbt Wooyoung seine Nase in dessen Halsbeuge. Spürt die Nähe des Älteren. Sie bleiben in dieser Position. Sitzen still. Bis der Atem von Wooyoung ruhiger wird. Gleichmäßig weitergeht. Keine Sprünge mehr beinhaltet und so zart, einfach nur beruhigend ist. Er hat sich in den Schlaf geweint.

Langsam tastet Hongjoongs Hand die Matratze entlang. Genug Platz. Dies erkennend, lässt er sich zur Seite kippen. Kramt umständlich und fast schon unmöglich etwas Decke hervor, zieht sie minimalistisch über ihre Körper.
Legt sich ab und zu noch um, versucht es auch für die Jüngeren so gemütlich wie nur möglich zu gestalten.

Dieser braucht den Schlaf. Er ist ihm in letzter Zeit viel zu kurz gekommen und dass man ihm dies ansieht, ist ein Stechen in Hongjoongs Herzen.

Plötzlich seufzt der Junge in seinem Arm auf, kuschelt sich noch näher an seinen besten Freund.

Schmunzelnd kann Hongjoong sich mal wieder nur eines fragen, eh er auch schon einschläft; wie kann man dieser lieblichen Gestalt nur Böses wollen?

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(5/5)

bad words. | woosan  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt