23. /Numero Eins/

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›ᴇꜱ ᴡɪʀᴅ ɪᴍᴍᴇʀ ᴜɴᴠᴇʀꜱᴛÄɴᴅʟɪᴄʜᴇʀ. ᴇɴᴛʜÄʟᴛ ɴɪᴄʜᴛ ʟÄɴɢᴇʀ ᴅᴇɴ ʜᴀᴜᴄʜ ᴅᴇꜱ ꜱᴏ ꜱᴇʜʀ ᴇʀʜᴏꜰꜰᴛᴇɴ ꜱɪɴɴᴇꜱ.‹

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Sein Blick ist gesenkt. Sein Kopf wie immer abgestützt, diesmal jedoch herabgefallen ausschließlich auf seinen Unterarmen abgelegt, den Kontakt mit der Tischplatte erspart.

Seine Glieder fühlen sich schwach an, während seine Arme, gefühlt, dem Körper herabhängen, drücken Beine mit ihrem Gewicht auf den Boden ein. Wollen mit diesem verschmelzen, sich nicht mehr bewegen. Der Müdigkeit komplett verfallen, von dieser eingenommen werden.

Würden seine Erinnerungen es nicht besser wissen, so würde er glatt denken, dass sein Gespräch mit Hongjoong die ganze Nacht einnahm. Sein Körper strahlt dies aus. Lässt es ihn so fühlen. Dabei ist es komplett und einfach nur falsch.

Ihr Gespräch war schnell beendet. Beide waren vom Tag erschöpft und lagen sich bei Weitem früher, als es andere Tage innehielten, zum Schlaf bereit in ihre Betten.

Jetzt könnte gedacht werden, dass Wooyoung so müde ist, weil er ewig zum Einschlafen gebraucht hat oder diesen bis zum Morgen gar erst gar nicht finden konnte. Auch falsch. Alles falsch. Er ist sofort eingeschlafen. Hat sich seiner jung gereizten Seele hingegeben. Dieser Ruhe gewährt, einen Schönheitsschlaf, gegen seine noch immer existenten Augenringe ausgeführt.

Er versteht es nicht. Kneift seine Lippen zusammen. Tatsächlich. Kein Sinn.

Sein Körper braucht im Bereich der Logik wohl ein Update, hat übersehen, dass Schlaf dazu beträgt Müdigkeit zu verlieren und diese nicht weiterhin in sich zu verspüren.

Wenigstens kann er eines sagen und noch dazu voller Ehrlichkeit behaupten: Seine Augenringe haben abgenommen und sein ganzes Bild der Allgemeinheit, ist einem Jungen seines Alters nachkommend, wieder äußerst lebendig und scheinbar froh. Lebensfroh.

Das stimmt sogar. Ob er heute, nach dem gestrigen Aussetzer seinerseits, wieder mit San in die Bibliothek gehen kann? Das wäre so schön. Es bereitet ihm Spaß. Ist eine Art an Komfort.

Wie ironisch. Ein Mobber, sein Mobber, welcher am Ort seines Ruhepols, dessen Wirkung seit der letzten Woche so sprießend nur noch verstärkt.
Die beiden verbringen mehr Zeit zusammen und beim Lesen, als mit ihren Freunden. Ist doch klar – immerhin hat Wooyoung nur einen und mit diesem wurde der Kontakt untersagt.

Auf jeden Fall in der Öffentlichkeit, wenn San nur wüsste. Was wäre die Folge? Wooyoung hält sich immerhin nicht nur nicht an dessen Forderung, sondern plant auch noch eine Untersuchung seiner Persönlichkeit. Für Verständnis.

Mit geschlossenen Augen, kippt sein Kopf dann auch noch zur Seite. Erkennt die Arme wohl offiziell als Kissen an. Weswegen kommentiert der Pädagoge in diesem Raum noch nichts? Es ist doch wohl unerhört, wenn man in Momenten der Wissensübertragung, dem Schlaf der inneren Qualen nicht mehr standhalten kann.

Wie kann Wooyoung dies nur wagen. Jedoch kommt nichts dergleichen. Es bleibt still. Oder eher wird still. Alle Stimmen. Das Getuschel seiner Mitschüler. Es verstummt.

Sofort erlangt er Kraft. Reißt seinen Kopf hoch und sieht sich um. Niemand da. Sonst immer hat er doch wenigstens das Klingeln gehört. Genau. Wie konnte er diesen schrillen Ton der Befreiung überhören? Er versteht es nicht. Nichtmal geträumt hat er, kann die Ausrede ‚das Läuten hat sich perfekt in meinen Traum eingebaut’ nicht verwenden. Er war in Gedanken vertieft. Seiner Schwäche verfallen.

Sein Blick schweift nach vorne, selbst der Lehrer ist weg. Also muss er sich nicht mal erklären. Seine Sachen schnappend, packt er diese ein, steht auf und sieht zur Tür. Zuckt zusammen. Taumelt leicht zurück. Kann sich gerade so an der Kante des Tisches hinter ihm festhalten.

San steht im Rahmen gelehnt in dieser. Betrachtet ihn. Wooyoung weiß anbei nicht mal wie lang dieser, es als Tätigkeit angesehen, dem nachgeht.

Dennoch ist es gruselig. Lässt ihn merklich aufschlucken. Sich beherrschen und im hoffentlich aufgebaut guten Verhältnis der letzten Tage zum Älteren eilen.

Bei diesem angekommen, löst dieser seine zur Seite gefallene Position auf.
„Diesmal zur Bibliothek?", sein Blick liegt fest auf dem Jüngeren. Mustert dessen Reaktion genauestens, während seine Stimme schon einen gewissen Nachdruck widerspiegelt.

Von diesem Auftreten verunsichert, kann er San nicht mit Worten entgegentreten. Spürt wie seine Stimme oder eher plötzlich trockene Hals, dies nicht mitmachen würden. Also nickt er. Ausschließlich.
„Willst du vorher vielleicht noch in die Cafeteria? Irgendwas zum Essen holen?"

Fragend legt Wooyoung seinen Kopf schief. Mittlerweile reicht die nette Klangfarbe seiner Stimme anscheinend nicht mehr aus.
„Warum fragst du?"

„Weil du in der Mittagspause nicht da warst, also nichts gegessen hast."
Ja tatsächlich. Der Ältere muss sich mittlerweile sogar Sorgen machen. Um sein Opfer. Na, ob das auf der Dauer so gut geht, wie es sich gerade anfühlt? Wenn er der Drahtzieher ist und es über all die Jahre sein Spiel war, so muss ihn Wooyoungs Wohle bald zu einem Dorn im Auge werden.

Denkt der Jüngere jedenfalls.

„Alles gut. Ich hatte Kekse und hab die Verpackung, falls mich ein weiterer Hunger plagt, noch in meiner Tasche." Seinen Arm anhebend, deutet der Schüler auf den Anhang an seinem Rücken. Skeptisch verdunkelt sich der Ausdruck in Sans Gesicht und seine Augen schimmern merkwürdig auf.
„Pass auf deine Ernährung auf. Kekse haben alles, außer ausreichend Nährstoff und jetzt komm."

Sich umdrehend, scheint trotz seiner klar erkennbaren Mimik wenigstens das Thema gegessen und beendet. Den Anschluss nicht verlierend, folgt Wooyoung ihm sogleich. Auf Schritt und Tritt. Mit gleicher Schnelligkeit und aufgrund des verzögerten Startes, stets eine Fußlänge hinter San.

In der Bibliothek angekommen, begrüßen sie die ältere Frau, wie mittlerweile angewöhnt, mit einem untertriebenen Lächeln und Nicken. Fast wie Freunde, die sich mit ihren Autos begegnen, nur ohne das hysterische Winken und der Angst, dass der andere ihn nicht erkannt hat, weswegen des Weiteren noch auf die schallende Hupe gehämmert wird. Schlussfolgern ist die Begrüßung, also so gar nicht wie der aufgestellte Vergleich es rüberbringen wollte. Eher genau das Gegenteil.

Denn im Gegensatz zu Hongjoong, halten sich Mobber und Opfer an die Regel Numero Eins einer jeden Bibliothek: Ruhe. Das Erheben der Stimme und weiteres soll einem Flüstern ähneln. Niemanden davon abhalten zu lernen oder vollst in der Welt eines Buches aufgehen zu können.

In einen Gang schlendernd fühlt Wooyoung sich so plötzlich komplett wach. Könnte zart springen, beim Gehen mehr Sport als Fortbewegung einlegen.
Am Tisch angekommen, tut er dies jedoch nicht.

„Du hast die letzten Stunden geschlafen. Willst du meine Aufzeichnungen abschreiben?"
Von diesem Angebot umgehauen, öffnet sich Wooyoungs Mund einen Spalt weit. Gestern die neutrale Einstellung von Yunho und Yeosang und heute? Ein netter San?!

Das Angebot bejahend, lässt er sich dies trotz Schock selbstverständlich nicht entgehen. Schreibt also vorerst den Stoff nachholend alles ab, eh er San nachahmt. Sein Buch ergreift und so langersehnt voller Freude endlich weiterliest.

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bad words. | woosan  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt