19. /Ziel vor Augen/

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›ɴᴇᴜɢɪᴇʀ. ᴇɪɴᴇ ɢᴇꜰÜʜʟꜱʟᴀɢᴇ, ᴅɪᴇ ɴɪᴄʜᴛ ɴᴜʀ ɴɪᴄʜᴛ ᴊᴇᴅᴇʀ ᴠᴇʀꜱᴛᴇʜᴛ, ɴᴇɪɴ, ᴍᴀɴᴄʜᴍᴀʟ ᴀᴜᴄʜ ᴇɪɴꜰᴀᴄʜ ɴᴜʀ ᴜɴʟᴏɢɪꜱᴄʜ ᴇʀꜱᴄʜᴇɪɴᴛ.‹

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Nach einem ausführlichen Spaziergang, indem Wooyoung seinem Willen nicht gefolgt ist und sich nirgends niedergelassen hat, um zu lesen, schließt er die Tür auf. Betritt sein Zimmer.

Bemerkt sofort, dass er nicht allein ist. Einen Mitbewohner hat. Seinen besten Freund.

Starr bleibt er stehen. Schließt die Tür hinter sich. Überlegt. Er soll sich distanzieren. Aber San kann dies dich nicht überprüfen. Wenn sie eingeschlossen in ihrem Zimmer sind?

Dennoch schweigend setzt er wieder zum Gehen an, bemerkt Hongjoongs Blick. Wie dieser auf ihm liegt, während der Ältere auf seinem Bett positioniert ist. Bis eben wohl mit seinem Handy gespielt hat. Den Fokus jedoch sofort vom Bildschirm abgewendet hat, als der andere den Raum betrat und diesen seither beobachtet.

Wooyoung kommt am Fensterbrett an. Setzt sich ohne Erhebung seiner Stimme zur Begrüßung oder anderem hin. Öffnet sein Buch und liest. Dort weiter, wo er sich eigentlich aufs Draußen gefreut hatte. Dort weiter, als seine Gedanken zu Hongjoong geschwankt waren. Das Wirrwarr fällt nieder, setzt sich fest. Erkennt die niedergeschriebene Welt wieder, als ihre eigene des Aufenthalts an.

Jedoch nicht lange. Fast schon traurig gestimmt, hebt sich der Blick des Jungen an. Erkennt den Schatten der Präsenz auf den Seiten des Buches. Muss deutlich schlucken. Hongjoongs Blick strahlt alles außer Begeisterung aus.

Sein Blick löst sich, fällt aus dem Fenster. Er springt auf. Tritt am Älteren vorbei, kommt erst in der Mitte des Raumes zum Stehen. Als wäre das Fenster eine Gefahr. Als würde San vor diesem lungern, ihn beobachten und es erkennen, wie er erneut seinem Willen missfällt. Sich nicht an diesen hält.
Sich umdrehend sieht er zu seinem besten Freund. Aufgesetzt hat er ein falsches Lächeln.

Hongjoong folgt seiner Bewegung und tritt näher an Wooyoung heran. Streckt seinen Arm aus, legt seine Hand an der Wange des Jüngeren nieder. „Hör auf. Lächel echt oder lass es komplett."
Sofort fallen seine Mundwinkel herab. Abprüfte. Sein Gesichtsausdruck hat alles verloren, jeden Inhalt verbannt. Seine Augen starren ausschließlich seine einzige Hoffnung an.

Er soll sich distanzieren. Nicht mehr mit ihm sprechen. Das Lachen wurde ihm verboten und das psychische Leid soll somit vorgeschrieben sein.
„Was ist los? Ich hab gesehen, wie sie vorhin von dir weggegangen sind. Sprich mit mir, Woo. Bitte."

Der Blick des Älteren prahlt ihm dessen Verzweiflung des Flehens entgegen. Gibt zu erkennen, dass er es nicht nur wissen will, sondern mit seinem Gewissen vereinbarend dies auch muss.

Wooyoung spielt mit seinem Inneren umher. Sieht seinen besten Freund fest in die Augen. Spürt, wie diese Situation das Leid auf Gegenseitigkeit übergehen lässt und der Ältere in einer Situation ist, welche seiner ähnelt. Er ist in Unwissenheit, weswegen die andere Person so handelt. Der einzige, jedoch gleichzeitig entscheidend tiefe, Unterschied wäre jener: Hongjoong bekommt keinen körperlichen Beschuss ab.

Er legt seinen Kopf schief. Ist sich sicher, dass er den Älteren befreien will. Weiß, dass er nur teils die Macht dazu besitzt. Selbst bei Hongjoong wird es erst dann komplett stoppen, wenn alle Stimmen des Hasses um Wooyoung herum abgeschaltet und verstummt sind.

Er überlegt sich Worte. Wie er es dem Älteren sagen will. Gegen die Forderungen verstößt, sich nicht daran halten muss, jedoch gleichzeitig nicht noch mehr Leid abbekommt.
„Er will, dass ich mich von dir distanziere."

Sofort fällt jeglicher Halt aus Hongjoongs Augen. Jenen, mit dem er Wooyoung Kraft überbringen wollte. Er hat ihn verloren, ist fassungslos. Kann und will nicht verstehen.
„Das kannst du jetzt nicht ernst meinen? Du hältst dich daran, Woo-"

„Nein. Ich werde mich nicht daranhalten. Bin genauso wie du nur komplett überfordert. Wusste nicht, wie ich diese Situation handhaben soll. Hab dich deswegen angeschwiegen."

„Das klingt so, als hättest du einen Plan. Ich bin integriert, also weihe mich ein."

Sofort nickt der Kopf des jüngeren verschnellert und klar erkennbar.
„Nach außen und für jeden außer uns, werden wir keine Freunde mehr sein."

„Vergiss es! Ich kann mich nicht so weit von dir-"
Hongjoong spürt die Hand von Wooyoung, wie sie seinen Oberarm streift und ihn versucht zu beruhigen. Symbolisiert, dass er noch nicht fertig ist. Sein Plan einen weiteren Umfang hat, als es bis jetzt erscheint.

„Nur solang, bis ich es verstehe."

„Was?"

„Weswegen San das tut."

„Und das findest du echt so interessant, dass du denkst, du schaffst es komplett ohne mich durch den Tag? Wooyoung du wirst zerbrechen. Ich hab Angst um dich."

Sich in Bewegung setzend, geht der Jüngere erneut an Hongjoong vorbei. Bleibt vor dem Fenster stehen. Betrachtet die Natur und die Mitschüler, welche sich noch immer in der immer weiterhin fallenden Sonne zurücklehnen.
„Selbst wenn. Das will er doch und dann komm ich meinen Antworten wohl doch nur noch näher."
Seinen Kopf umdrehend sieht er erneut zu Hongjoong. Lächelt diesen traurig an, ehrlich. Es trägt seine Verzweiflung hinaus, gibt sie zu erkennen. Stellt klar, wie ernst er es tatsächlich meint. „Und genau das will ich."

Hongjoong folgt ihm ein weiteres Mal. Tritt an ihm heran, folgt seinem Augenschein, ergeht die gleiche Betrachtung.
„Ist es dir wirklich Wert-"
Schnell dreht er sich um, ist dem älteren plötzlich so nah, dass dieser leicht zurückschreckt. Ihre Augen treffen sich. Sind auf einer Höhe und genau ineinander gelegen, verfangen.

„Ja. Seit vier Jahren will ich es wissen und weil sich sein Verhalten plötzlich in eine solch drastische Richtung gewendet hat, wird es nicht mehr lange dauern. Er wird wohl bald auch eine Schwachstelle offenbaren. Und genau sowas brauche ich. Um ihn auch nur minimal zu verstehen."
Er weiß, dass er die Gedanken von San wohl nie so weit verstehen wird, dass er sich damit abfinden kann. Diesem verzeihen, nähertreten oder sonst was.

Das ändert jedoch nichts daran, dass er nur eines will: Antworten.

Stumm wippt er mit seinem Körper her. Spürt den brennenden Blick des Älteren. Sein Entschluss steht fest, er sollte ihn ignorieren. Kann dies aber nicht. Wartet die Reaktion des anderen ab.

Plötzlich. Er nickt. Hebt seine Hände entschuldigend an und drückt sich an Wooyoung vorbei. Dem Jüngeren überkommt Angst, war diese ‚Idee‘ in seinem Kopf so angesprochen gut, ausgeführt dennoch ihr Ende?

„Es überzeugt mich nicht wirklich, aber wenn du darin einen Sinn siehst, stark zu bleiben. Dann mach ich auf jeden Fall mit."
Sich wieder umdrehend, strahlt er den Älteren an. Ist von diesem Gefühl überrannt. Auf Hongjoong ist aber auch wirklich immer Verlass.

„Danke!"
Der beständig analysierte Schein, ohne jegliche Begeisterung, fällt nieder. Hongjoong erwidert seinen Blick, kann bei sich selbst auch kein Schmunzeln zurückhalten.

Wenn der Jüngere glücklich ist. Ist er dies auch. Und wer weiß, möglicherweise ändert sich seine Einstellung ja auch noch.

In den nächsten Tagen.


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bad words. | woosan  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt