1 5 | v e r g e b u n g

4.9K 367 20
                                    

s o p h i e

ICH WUSSTE, DASS eine Versöhnung mit Robin bedeutete, dass ich ihm sagen musste, was letzten August passiert war.

Doch der finstere Ausdruck, der bereits auf seinen Zügen lag und seine Augenbrauen dazu brachte, sich zusammenzuziehen, machte es mir definitiv nicht leichter.

„Versprich mir, dass du ruhig bleibst." Ich wusste, dass die Bitte vermutlich auf taube Ohren fallen würde. „Dass du dich nicht aufregst."

Seine Augen verengten sich warnend. „Sophie–"

„Ich habe nach unserer Trennung einige..." Ich suchte nach dem richtigen Wort, um die Wahrheit etwas zu verharmlosen. „...unschöne Nachrichten bekommen. Hauptsächlich über Instagram. Einige Fans, die plötzlich nicht mehr so begeistert von mir waren. Die ein oder andere Beleidigung."

Ich traute mich kaum, ihm ins Gesicht zu sehen. Stattdessen setzte ich mich auf und zog mir die Decke über. Ich fühlte mich mit einem Mal zu verletzlich, zu entblößt. Ich schlang die Arme um mich selbst, obwohl ich viel mehr das Bedürfnis bekam, mich zu verkriechen.

„Sophie", wiederholte Robin beinahe gequält. Ich spürte seinen brennenden Blick auf mir, der mich darum bat, ihn anzusehen. Ich konnte ihm nur schwer etwas abschlagen, doch kaum trafen unsere Blicke sich, wünschte ich, ich hätte es getan. Er sah aus, als würde die Tatsache, dass seinetwegen mein Postfach mit Hassnachrichten überschwemmt war, körperliche Schmerzen bereiten. „Ich hatte keine Ahnung–"

Ich hob eine Hand, um ihn zu unterbrechen. „Um die Nachrichten geht es nicht. Du kannst nichts dafür. Es waren nur einige Menschen, die sich im Internet zu wohl gefühlt haben. Ich habe die Möglichkeit, mir Nachrichten zu schicken einfach für eine Weile gesperrt."

Es hatte mich geärgert, weil Instagram immer ein großer Teil dessen gewesen war, wie ich meine Kunst mit anderen Menschen teilte. Und alle Nachrichten von Konten zu blockieren, denen ich nicht folgte, bedeutete diesen Kanal auch für all jene still zu legen, die sich mit mir über meine Kunst austauschen wollten. Als Marie die Nachrichten gesehen hatte, hatte sie für eine Woche darauf bestanden, dass ich mein Profil löschen sollte. Doch die Reichweite, die ich mir in den letzten Jahren aufgebaut hatte, war für meine Bekanntheit als Künstlerin zu wertvoll, als dass ich mir diesen Luxus hätte erlauben können.

„Kurz bevor ich das getan habe, bin ich aber auf eine andere Nachricht gestoßen. Ein Fake-Profil, das keine Posts hatte. Nicht gerade ungewöhnlich für diese Art von Nachrichten. Aber sie war anders als die anderen. Unangenehm."

Robin, der sich während des Gesprächs ebenfalls aufgesetzt hatte, erhob sich vom Bett, zog sich seine Sporthose über und wanderte von einem Ende des Zimmers zum anderen. Seine Hand fuhr über seinen Kiefer, seine Schultern so steif und angespannt, dass ich jeden Muskel hätte nachzeichnen können.

„Was für eine Nachricht?"

Es hörte sich an, als könnte er sich kaum zurückhalten.

„Eine Art Drohung." Ich würde den genauen Wortlaut definitiv nicht wiederholen. Nicht, wenn er sowieso schon aussah, als würde er jeden Moment nach der Nachttischlampe greifen und sie durch das Zimmer befördern. „Ich dachte, sie wäre bedeutungslos."

Robin hielt in seinem unruhigen Marsch inne. „Was meinst du damit? War sie das etwa nicht?"

Mein Herz sackte mir in den Magen.

„Jemand ist in meinem Studio gewesen", antwortete ich schließlich, den Blick auf die Bettdecke gesenkt, um ihm nicht ins Gesicht sehen zu müssen. „Er hat die Scheibe im Hinterhof eingeschlagen und ist durchs Fenster rein."

weltschmerz | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt