2 9 | u m z u g s k a r t o n s

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s o p h i e

IM LETZTEN JAHR hatte ich mich daran gewöhnt, dass die Dinge sich innerhalb eines Sekundenbruchteils ändern konnten. Ich hatte nie einen Fünf-Jahres-Plan gehabt, auf den ich mich versteift hatte. Im Gegensatz zu Marie, die bereits seit sie sechzehn gewesen war, gewusst hatte, dass sie nach ihrem Bachelor nach München ziehen und im Publikumsverlag ihres Vaters arbeiten würde, hatte ich nie wirklich ein festes Ziel gehabt. Mittlerweile war ich mir sicher, dass es unterschiedliche Arten von Menschen gab. Planer, die die Sicherheit liebten und sich stetige Ziele setzten, auf die sie hinarbeiteten und Träumer, die versuchten, jede Chance zu nutzen, egal wie kurzfristig und überstürzt sie einem vorkam.

Ich wusste, dass ich in letztere Kategorie hereinrutschte. Dass es meinen Entscheidungen manchmal etwas an Raffinesse in ihrer Umsetzung mangelte. Aber mir etwas auszureden, das ich mehr als alles andere wollte, nur weil ich nicht rational begründen konnte, warum ich mich so fühlte, kam mir vor, als würde ich mir selbst Steine in den Weg legen.

Ich war bereits wach, als Robin sich zu regen begann. Der Arm, den er um meine Hüfte geschlungen hatte, festigte seinen Griff etwas. Meine Fingerspitzen glitten über den Stoff seines Shirts, verfolgten die Linie seines Brustbeins, legten sich über sein stetig pochendes Herz.

„Guten Morgen", murmelte er, während seine Hand in meine Haare glitt und mir einige Strähnen aus dem Gesicht strich. „Ich habe es vermisst, neben dir aufzuwachen."

In den letzten vier Jahren war es vermutlich häufiger vorgekommen, dass ich allein aufgewacht war, als dass er neben mir gelegen hatte, doch ich wusste, was er meinte. Wenn er nicht da war, glitt mein Körper ganz automatisch auf seine Seite des Bettes, dort wo er normalerweise das Gesicht im Kissen vergrub, allein für die Illusion, ihm so näher sein zu können.

Ich war es so leid, ihn immer nur zu vermissen.

Mit neuer Entschlossenheit setzte ich mich auf. Ich schwang die Beine über die Bettkante, ging zu meinem Koffer und suchte eine Jeans heraus, in die ich schlüpfen konnte.

Robin lehnte sich mit seinem Oberkörper gegen das Kopfteil des Bettes, während er mich dabei beobachtete, wie ich mir meine Sachen zusammensuchte. „Wann musst du los?"

Er klang bei der Vorstellung, dass ich vermutlich in den nächsten zwei Stunden in einem Zug verschwinden würde, wenig begeistert. Ich konnte es ihm kaum verübeln. Allein der Gedanke, dass er jeden Moment selbst losmusste, brachte mich beinahe um. Ich hatte keine Ahnung, wie sein Plan für die nächsten Wochen aussah. Himmel, nicht einmal für die nächsten vierundzwanzig Stunden. Aber wenn ich ehrlich war, dann wusste ich auch noch nicht so recht, wie meine nächsten vierundzwanzig Stunden aussehen würden.

Ich wusste nur, dass ich diese Sache ein für alle Mal klären musste. Keine Spielchen mehr, kein ständiges Hin und Her. Nicht, wenn es uns beide nur verletzte.

„Willst du Kinder?"

Robin setzte sich etwas auf. Vielleicht hätte ich mit diesem Gespräch warten sollen, bis er zumindest bereits zehn Minuten wach war, anstatt ihn so zu überstürzen. Doch jetzt, wo die Worte erstmal meinen Mund verlassen hatten, schien es kein Zurück mehr zu geben.

„Kinder?"

Ich kaute auf der Innenseite meiner Wange herum. „Kinder. Wir haben vorher nie wirklich darüber gesprochen. Was verrückt ist, wenn man mal darüber nachdenkt. Aber ich weiß, dass ich welche will. Noch nicht jetzt, nicht so früh, nachdem–" Ich brach ab, denn egal, wie oft ich es versuchte, ich schien es nicht über die Lippen zu bringen. „Aber irgendwann schon."

Robin blinzelte. Meine Nervosität ließ mich einfach weiterreden.

„Ich dachte nur, dass das etwas ist, das wir jetzt klären sollten. Bei dem Thema gibt es nämlich relativ wenig Diskussionsraum, deswegen sollten wir–"

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