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Ich rannte durch Bruchtal. Wo bei den Valar war nur Elrond? Ich musste ihn schnell finden. Es begann! So hechtete ich weiter durch halb Bruchtal. Ein Glück hatte ich es mir nie angewöhnt lange Kleider zu tragen wie die elbischen Damen hier. Ich hielt mich da eher an die Männer. Enganliegende Hose und Hemd aus Leder, ebenso die Stiefel, in denen ich stets zwei Messer versteckt hielt. Zwar drohte mir hier keine Gefahr, aber auch das war zu einer Angewohnheit geworden in den Jahren, nachdem das größte Unglück geschah.

Ich schüttelte meine Gedanken an das Vergangene ab und bemerkte, dass ich langsamer geworden war. Schnell setzte ich wieder zu einem schnelleren Schritt an. Es war schon recht spät und ich hatte die Hoffnung bereits aufgegeben, Elrond zu finden, da hörte ich laute Stimmen. Männer. Vielleicht Zwerge. Ja, sowas konnte ich hören und sehen. Ich stürmte mit einem lauten „Elrond!“ in den Raum und stützte mich schwer atmend auf meine Knie. Ich war ohne Witz den halben Tag durch ganz Bruchtal gerannt! Alles verstummte und schaute mich an. Ok, eindeutig Zwerge. Warum mussten es ausgerechnet Zwerge sein? Einer stand auf einem Podest. Er hatte eine ziemlich tolle Mütze auf. Was bitteschön hatte ich verpasst? „Kaira? Was ist los?“, fragte Elrond verwirrt.

„Sie schlüpfen“, brachte ich nur heraus, da knallte etwas in meinen Rücken und ich landete mit dem Bauch auf dem Boden. Der Erste! Oder die Erste. „Nummer eins“, lachte ich ausgelassen und stand wieder auf. Ich versuchte es von meinem Rücken zu holen, was leider nicht klappte. Genervt seufzte ich. „Wärt Ihr so freundlich und würdet mir helfen?“, bat ich einen weißhaarigen Zwerg betont höflich und drehte ihm den Rücken zu. Es ziepte kurz und schon drehte ich mich wieder um. Vor mir in den Armen des sehr verdutzt dreinblickenden Zwerges war ein kleiner Drache. Rote Schuppen mit einem Stich Lila und großen, grünen Augen. Am linken Vorderbein war das Zeichen des Mondes. „Ach wie süß, ein Mädchen“, meinte ich und streichelte der Kleinen über den Kopf, was sie mit einem süßen Quietschen beantwortete. „Könntet Ihr sie vielleicht kurz halten? Keine Sorge, sie wird Euch keine Probleme bereiten“, fragte ich und der Zwerg nickte einfach nur, überrumpelt wie er war. Ich wollte sie ihm ja eigentlich nicht überlassen, aber ich hatte keine Wahl.

Ich ging wieder in die Mitte des Raumes und schaute nach draußen. Die nächsten beiden kamen schon. Ich drehte mich zu dem Zwerg um, der noch immer auf dem Podest stand. „Ihr solltet da lieber runter gehen, Zwerg“, meinte ich und zog ihn nach unten und auf die Seite. Dann drehte ich mich wieder um und riss staunend die Augen auf. „Elrond, es sind Zwillinge!“, rief ich begeistert. Im selben Moment sprang ich in die Luft – um die Kleinen aufzufangen – und wurde wegen der Wucht zurück geschleudert. Kurz vor dem Abgrund kam ich schlitternd wieder auf dem Boden auf. Die zwei in meinen Armen waren jedoch so wild, dass sie sofort anfingen zu zappeln. Also warf ich sie in Gandalfs Schoß. „Geht zu Onkel Gandalf“, fluchte ich. Und bei dem waren sie natürlich sofort ruhig. „Natürlich. Zwei Jungs“, seufzte ich. Beide hatten dunkelblaue Schuppen. Der eine hatte hellblaue Augen und ein Sternensymbol, der andere dunkelblaue Augen und ein Blumensymbol.

„Ok Elrond, jetzt fehlen nur noch zwei“, erklärte ich. „Ich dachte es wären nur vier Eier?“ „Ja, aber Zwillinge wachsen im selben Ei auf. Es ist ein Wunder, dass beide es heil überstanden haben. Aber das hab ich dir alles schon mal erzählt. Sag mal, hörst du mir eigentlich überhaupt mal zu?“ Während meines Redeschwalls war ich wieder in die Mitte des Raumes gegangen und wurde jetzt von einem weiteren Drachen unterbrochen, der mir in meiner Unachtsamkeit gegen den Kopf geflogen war. Warum konnten die nicht einfach direkt nach der Geburt fliegen und ihren Fall lenken? Aber nein, sie mussten es ja erst lernen. Jedenfalls landete ich wieder auf dem Boden und hatte jetzt Kopfschmerzen. „Ein Junge. War ja klar“, murmelte ich, als ich den Kleinen hochhob. Er hatte orange Schuppen mit einem Stich grün und gelbe Augen. An seinem Bein war ein Sonnensymbol.

Und schon kam der Nächste angeflogen und landete auf meinem Bauch. Au! „Ein Mädchen“, stellte ich fest und betrachtete sie. Sie war rot mit einem Stich Schwarz und hatte große braune Augen. Sie trug das Symbol der Flamme. Nach den Zeichen wurden die Namen verteilt. Aber erst, wenn die Kleinen fliegen konnten.

„Was geht hier vor sich? Das sind Drachen!“, rief mit einem Mal ein dunkelhaariger Zwerg, der aufgesprungen war und seine Waffe drohend vor sich hielt. Auch die anderen Zwerge hatten ihre Waffen gezogen und auf mich oder die kleinen Drachen gerichtet. Nur der weißhaarige Zwerg hielt immer noch seinen Drachen im Arm und schien nicht zu wissen, was er tun sollte. „Kaira hier ist die letzte Hüterin der Drachen“, erklärte Elrond kurz angebunden. Knapp, schlüssig und hoffentlich auch für den letzten Trottel verständlich, was Zwerge ja bekanntlich waren.

Alles war still und schaute mich an. „Was ist das?“, wollte ein kleiner Lockenkopf wissen und brach somit das Schweigen. Kein Zwerg. Vielleicht ein Hobbit. „Ich passe auf die Drachen auf, kann sie in manchen Fällen auch kontrollieren und ich beschütze sie. Das ist meine Aufgabe. So lange ich lebe und so wahr ich hier vor euch stehe. Wer meinen Kindern etwas tut, wird sterben“, erklärte ich düster. Ich blickte einen Zwerg nach dem anderen an und die Jüngsten unter ihnen senkten schluckend ihre Waffen wieder.

„Thorin, leg die Waffe weg. Dies ist nicht der Feind“, zischte Gandalf. Ah, nun verstand ich. Thorin Eichenschild, der seine Heimat durch Smaug verlor. Das Schicksal dieses Drachens war mit meinem verwoben und ein ebenso düsteres. Tief atmete ich durch. Ich durfte jetzt nicht ausrasten. Um mich abzulenken, pfiff ich einmal. Alle fünf Drachen kamen zu mir gehüpft. Zwei setzten sich auf meine Schulter, eine auf meinen Kopf und die letzten beiden hatte ich in meinen Armen.

„Und jetzt, meine Lieben, lernen wir fliegen“, lachte ich wieder heiter. Ich ging zum Rand der Terrasse und setzte die fünf kleinen Drachen auf den Boden. Dann nahm ich etwas Anlauf. „Kaira, was hast du vor?“, fragte Elrond. „Fliegen.“ Und schon rannte ich los und sprang in den Abgrund. Über mir hörte ich panische Stimmen. Elrond hatte mir echt nie zugehört. Jede Drachenhüterin bekam für kurze Zeit nach dem Schlüpfen der Drachen Flügel, um den Kleinen das Fliegen beizubringen. Dies war umso wichtiger, nachdem nun keine erwachsenen Drachen mehr da waren, um es den Kleinen beizubringen. Meine Gedanken wurden von dem aufkommenden Schmerz in meinem Rücken überlagert.

Die Flügel wuchsen aus meinem Rücken heraus und schon schoss ich nach oben. Jeglicher Schmerz war vergessen. Für diese paar Minuten hatten sich die letzten 50 Jahre des Wartens gelohnt. Ich kam zur Plattform und grinste Elrond an. „Du hörst mir echt nicht zu, Elrond. Na dann los ihr Kleinen. Erst wer fliegen kann ist ein richtiger Drache.“ Doch die Kleinen schauten nur ängstlich nach unten und mich dann quietschen an. Ich seufzte. „Wer fliegen kann, der bekommt seinen Namen.“ Und schon stürzten sie sich einer nach dem anderen in die Tiefe; Ich hinterher. Wir ließen uns vom Wind nach oben treiben und ich zeigte den Kleinen, wie sie lenken und richtig vorwärts kommen konnten. Nach nicht einmal einer halben Stunde hatten sie es einigermaßen geschafft. Sie konnten fliegen! Den Rest würde Lilly ihnen schon zeigen. „Gut so, jetzt könnt ihr fliegen!“, lobte ich die jungen Drachen, doch da fiel mir wieder etwas ein.

„O oh“, murmelte ich und schon verschwanden meine Flügel mit einem ziependen Schmerz in meinem Rücken. Schreiend flog ich in die Tiefe. Zu meinem Glück kam endlich Lilly angeflogen. Sie war tatsächlich ein Jahr vor den anderen geschlüpft und hatte in dem einen Jahr schon viel gelernt. Ich war froh, dass sie nicht von Smaugs Art war, denn dann hätte sie in nicht einmal zehn Jahren nicht mehr in Bruchtal leben können. Ihre Art – und auch die der Kleinen – war schon nach einem Jahr mit etwas mehr als sechs Metern ausgewachsen. Lilly flog zu mir nach unten und ich setzte mich schnell richtig auf ihren Rücken. Sachte hielt ich mich an ihren Rückenschuppen fest. Wir flogen zu den anderen nach oben und ich musste noch breiter grinsen, als ich die Gesichter der Zwerge sah. Schock über Entsetzen und Fassungslosigkeit. Ich war gespannt, wann der Erste in Ohnmacht fallen würde.

Lilly setzte mich bei den anderen ab und die restlichen Kleinen kamen auch. In einer Reihe standen wir auf der Plattform und ich begann Lilly unterm Kinn zu kraulen.

Die Hüterin der Drachen (Hobbit/Herr der Ringe FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt