Fighters fight

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Den gesamten nächsten Tag verbrachten wir mit Warten. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben – wobei mir die Zwerge sowieso egal waren, um Gandalf und Bilbo tat es mir leid – da hörte ich schnelle Schritte und eilige Rufe. Im Lichte der aufkommenden Dämmerung stürmten eine Gruppe Gestalten aus dem Ausgang. „Runter Lilly. Und sei leise“, zischte ich dem Drachen zu und sie gehorchte. Ich hatte mich unterdessen auf den Bauch gelegt und beobachtete, was die Gestalten taten. Es waren ohne Zweifel die Zwerge und auch Gandalf entdeckte ich in der Menge. Nur der Hobbit fehlte. Wo war er nur?

Die Gruppe blieb etwas von mir entfernt stehen, aber ich konnte sie noch ohne Probleme sehen und hören. „Wo ist Bilbo? Wo ist unser Hobbit?“, dröhnte Gandalfs Stimme durch den Wald und ich verzog mein Gesicht. Das hätte ich auch ohne Hörverstärkung gehört. „Ja, wo ist er denn?“ „Ich hab ihn zuletzt in der Höhle gesehen.“ „Ich glaube er war bei Nori.“ „Schieb’s jetzt nicht auf mich!“ „Warum habt Ihr nicht auf den Halbling aufgepasst?“ „Ich war zu beschäftigt uns alle am Leben zu halten!“ Oh, dieses Drama war es wirklich wert gesehen zu werden. „Ich sage euch, was geschehen ist. Der Halbling konnte sich davonstehlen und ist nun schon über alle Berge. Er wollte von Anfang an nicht dabei sein. Er ist wieder zurückgekehrt in sein Heim“, sagte mit einem Mal Thorin und ich musste ein Schnauben unterdrücken, auch wenn ich ihm innerlich recht gab.

„Nein, ist er nicht“, hörte ich mit einem Mal Bilbo sagen. Wo kam der denn auf einmal her? „Hast du den kommen sehen?“, flüsterte ich Lilly zu, die nur ihren Kopf schüttelte. Komisch. Von hier oben hätten wir das eigentlich sehen müssen. Bilbo begann nun eine packende Rede über Heimat zu halten und die Gründe, warum er zurückgekehrt war. Der Halbling hätte Theaterschauspieler werden sollen. Nach der Rede folgte Schweigen. Bis es von Geheul unterbrochen wurde. Mein Kopf flog in die Richtung und ich stellte meine Augen scharf. „Azog“, murmelte ich und fixierte den bleichen Ork.

Die Zwerge traten die Flucht an, doch sie rannten genau auf die Klippe zu. Da würden sie nicht mehr wegkommen. Ich beobachtete die Orks, die auf ihren Wargen an uns vorbeiritten und kreischend ihre Waffen erhoben. Die Zwerge begannen nun auf die umstehenden Bäume zu klettern. Das würde sie auch nicht retten. Azog blieb vor den Bäumen stehen und hielt eine Rede in schwarzer Sprache. Ich bekam eine Gänsehaut und beobachtete weiter gespannt das Geschehen. Die Warge entwurzelten die Bäume, bis am Ende alle Zwerge auf einer Kiefer direkt am Rand der Klippe hockten.

„Sollen wir ihnen helfen?“, fragte ich mehr mich selbst als meinen Drachen. In diesem Moment begann Gandalf Kiefernzapfen anzuzünden und den Wargen entgegen zu werfen. „Ne“, beantwortete ich meine Frage und schaute der letzten Kiefer dabei zu, wie sie sich dem Abgrund entgegen neigte. „Gandalfs Schuld“, kommentierte ich. Der Baum jedoch fiel nicht in den Abgrund, sondern blieb senkrecht liegen, gehalten nur von seinen Wurzeln. Die Zwerge klammerten sich fest und doch sah man es manchen an, dass sie bald hinabstürzen würden. Thorin kümmerte das Ganze nicht. Er stand auf und stellte sich Azog entgegen.

„Komm, meine Kleine. Jetzt greifen wir ein. Thorin mag ein Narr sein und sein Großvater der verabscheuungswürdigste Zwerg ganz Mittelerdes, aber die anderen Zwerge können nichts dafür. Sterben werden sie sowieso noch früh genug.“ Mit diesen Worten schwang ich mich auf Lillys Rücken. Die Tasche würde ich später holen. Lilly stieß sich vom Felsen ab und wir flogen einen Bogen um das Feuer. Ich scannte schnell den Baum ab, um herauszufinden, welcher Zwerg zuerst hinabstürzen würde. Schnell hatte ich die zwei ersten gefunden. Der junge Ori und sein Bruder Dori. Dori klammerte sich zwar noch an Gandalfs Stab fest, aber er drohte abzurutschen. „Lilly, los!“, rief ich und sie schoss nach unten.

Der Zwerg ließ los und die beiden begannen zu fallen. Wir flogen unter sie und fingen sie perfekt auf. „Ich hab euch“, grinste ich die beiden erschrockenen Zwerge an. Ich schnalzte mit meiner Zunge und Lilly flog wieder nach oben. Ich setzte die beiden auf dem Boden ab. „Helft eurem König.“ Ich warf einen Blick auf das Schlachtfeld. „Und Bilbo“, erkannte ich erstaunt, ehe ich mich wieder fing und zum Baum flog. Die nächsten waren Fili und Kili. „Lasst euch einfach auf ihren Rücken fallen“, sagte ich zu den beiden. „Das ist ein Drache“, rief Kili. „Und du bist ein Zwerg ohne Bart. Entweder das oder du stirbst. Such es dir aus, aber beeil dich.“ Fili, an dessen Hand sein Bruder hing, ließ Kili einfach fallen und sprang hinterher. Auch die beiden brachte ich auf sicheren Boden. Fili bedankte sich sogar bei mir, ehe er sich schreiend in den Kampf stürzte.

Als nächstes holte ich Balin und Dwalin, wobei es Dwalin gar nicht zu schmecken schien von einem Drachen gerettet zu werden. Sein Bruder war dafür umso dankbarer. Ich hörte ein Kreischen und blickte nach hinten. Die Adler. Gandalf hatte die Adler gerufen. „Lilly, den Rest überlassen wir den Adlern. Jetzt kämpfen wir. Pass auf, dass du mich nicht triffst und nicht getroffen wirst“, rief ich ihr zu. Ich stellte mich auf ihren Rücken und sie flog in Richtung Klippe. Kurz davor rannte ich über ihren Kopf, stieß mich ab und rollte mich auf den Boden.

Sofort zog ich meinen Bogen und begann zielgenau Pfeile in den Köpfen und Brustkörben der Orks zu versenken.  Ich duckte mich unter Schwertschlägen und Wargmäulern hinweg und tötete jeden Feind, der mir in die Quere kam. Dabei rettete ich nicht nur einmal einem der Zwerge den Kopf. Die Adler sammelten gleichzeitig die verbliebenen Zwerge und Gandalf vom Baum. Danach widmeten sie sich den Kämpfenden und fegten ein paar Warge von der Klippe. Lilly sah ich im Hintergrund Feuer auf die nachkommenden Orks speien. Als ich keinen Zwerg mehr auf der Klippe entdecken konnte, pfiff ich einmal laut und rannte auf den Abgrund zu. Ich stieß mich ab und sprang. Keine zwei Sekunden später saß ich auf dem Rücken meines Drachen.

Ich lenkte sie zurück zu unserem Felsen und legte ihr schnell die Tasche um den Hals. Ich lenkte sie über die brennende Klippe und warf Azog einen vernichtenden Blick zu. Seiner war nicht weniger tödlich. Wenn er mich bis jetzt noch nicht auf seiner Abschussliste gehabt hatte, dann hatte er das jetzt mit Sicherheit. Die Adler holten wir schnell ein. Sie flogen in Richtung der aufgehenden Sonne. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie es dunkel geworden war, was sicherlich dem Feuer geschuldet war. Ich lenkte Lilly neben Gandalfs Adler, als auch schon Thorins Neffen nach ihrem Onkel riefen. Dieser hing bewusstlos und offensichtlich verletzt in den Klauen des Adlerfürsten.

„Kaira, ich bitte dich“, murmelte Gandalf. Ich blickte zu ihm, doch sein Blick war auf Thorin gerichtet. „Was bekomme ich dafür?“ „Eine Heimat.“ „Was?“ Mein Herz setzte aus, nur um dann doppelt so schnell weiter zu schlagen. Ich riss meine Augen auf. „Ich habe auf meinen Reisen ein paar Orte gefunden, die perfekt für dich und die Drachen wären. Ich werde es dir zeigen, wenn das alles hier vorbei ist“, versprach Gandalf. „Wenn du mich anlügst, dann stirbt jemand und es ist mir ganz gleich, wer“, zischte ich und schnalzte dann mit meiner Zunge. Lilly flog an den anderen Adlern vorbei und zu Thorin hinab.

Ich drehte mich auf ihrem Rücken und schaute mir Thorin genauer an. Die Verletzung musste sich auf seinem Bauch- und Brustbereich befinden. Langsam kniete ich mich hin und war dankbar, dass sowohl der Adler als auch mein Drache stillhielten. Ich schob Thorins Mantel beiseite und erkannte, warum er bewusstlos war. Ein Warg musste seine Zähne in sein Fleisch geschlagen haben. Das waren viele Wunden, die teilweise immer noch bluteten. Ich legte mich mit dem Bauch auf Lillys Rücken und griff nach der Tasche. Ich ließ sie um Lillys Hals gehängt, zog sie aber zu mir, sodass ich meine ganzen Heilsalben und Stoffstreifen herausholen konnte. Im Flug war das zwar dezent unpraktisch, aber wenn diese Wunden nicht schleunigst versorgt wurden, würde Thorin sterben. Der Gedanke war verlockend und kurz hielt ich inne, besann mich dann aber eines Besseren. Es war nicht Thror, den ich vor mir hatte. Und so schwer mir der Gedanke auch fiel, Thorin konnte nichts für die Machenschaften seines Großvaters. Das hieß aber noch lange nicht, dass ich ihn mochte. Allein, dass er Smaug umbringen wollte, machte ihn schon verabscheuungswürdig.

Ich schüttelte meinen Kopf und zog einen Stoffstreifen aus der Tasche. Ich zog die Reste von Thorins Hemd aus seinen Wunden und begann das Blut abzutupfen. Danach schmierte ich alles mit der Salbe ein, die ich auch schon auf meinen Unterarm aufgetragen hatte. Einen richtigen Verband anlegen konnte ich nicht, also beschloss ich, ihn nur halb anzulegen. Dazu holte ich ein Döschen mit Harz aus meiner Tasche und weitere Stoffstreifen. Das Harz klebte ich auf die Enden der Streifen und legte sie soweit es ging auf Thorins Wunden. Durch das Harz blieben die Enden an Ort und Stelle. Das Abmachen würde zwar etwas schmerzhaft werden, aber immerhin waren so die Wunden und die Salbe geschützt.

Erschöpft verstaute ich alles wieder in meiner Tasche und ließ sie von Lillys Hals hängen. Ich hatte es tatsächlich geschafft jemanden zu verarzten, der gerade von einem Adler durch die Luft geflogen wurde. Also, da solle Elrond noch einmal sagen, dass ich keine gute Heilerin abgab. Ich überprüfte noch einmal Thorins Atmung und Herzschlag. Alles vorhanden und ausreichend stark. Seinen Mantel knüpfte ich wieder zu. Leicht musste ich grinsen. Jetzt stand der Zwerg in meiner Schuld, auch wenn ich nicht glaubte, dass er das anerkannte.

Ich setzte mich wieder richtig auf Lillys Rücken und schnalzte mit der Zunge. Wir stiegen etwas höher und ich hob einen Daumen in die Luft. Die Zwerge hinter mir fingen an zu jubeln, was mich erneut zum Grinsen brachte. Ich legte mich nach hinten auf Lillys Rücken und schloss die Augen. Ruhig glitten wir dahin.

Die Hüterin der Drachen (Hobbit/Herr der Ringe FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt