Etwas mehr als eine Woche später stürmte ein Soldat in mein Arbeitszimmer. „Eure Majestät. Orkheere rücken an! Auf das Felsentor zu.“ Ich sprang auf. Mein Herz pochte schneller, doch ich zwang mich zur Ruhe. „Gebt Badur und Nanell bescheid! Sie sollen Soldaten zum Felsentor bringen. Sag ihnen sie sollen die Drachen nehmen, das geht schneller. Zwei Drachen sollen dort bleiben und Smaug helfen, der Rest soll das Dorf bewachen.“ Der Soldat verbeugte sich und rannte hinaus. Ich folgte ihm.
„Lilith! Sorge dafür, dass die Kinder und Kampfunerfahrenen sofort zu den Verstecken aufbrechen. Sie sollen nichts mitnehmen, was sie aufhalten würde.“ Meine Zofe machte einen Knicks und rannte durch das Dorf. Die Alarmglocke läutete. Jetzt waren alle gewarnt und kaum ein paar Sekunden später waren auch schon alle auf den Beinen. „Sanall“, hielt ich einen der Wachen auf. „Stelle zwei Gruppen zusammen. Die eine soll im Dorf bleiben und die andere sichert den Wall am Strand. Jede Gruppe soll Drachen bei sich haben.“ Der Elb nickte mir zu und eilte davon.
„Lilly!“, schrie ich. Mein Drache landete neben mir. Ich schwang mich auf ihren Rücken und schnalzte mit der Zunge. So schnell es ging flogen wir zum Felsentor. Mit uns die erste Reihe von Soldaten. Darunter auch Nanell. Wir landeten vor dem ersten Tor. „Nanell. Die zweite Gruppe soll Stellung auf den Plateaus innerhalb der Schlucht beziehen. Jeder Ork, der es durch das Drachenfeuer schafft, wird nicht bis hierher kommen. Falls doch, werden deine Krieger sie aufhalten.“ Nanell nickte mir zu und gab die Befehle weiter.
Ich erhob mich mit Lilly und flog über das Gebirge zu Smaug, der am Eingang des Felsentors nur auf unsere Feinde wartete. In der Ferne konnte man die dunkle Schar schon näherkommen sehen. „Halte sie auf, solange du kannst. Am Besten gelangt gar kein Ork durch dein Feuer.“ „Auf diesem Wege werden sie nicht nach Forlindon gelangen. Das schwöre ich dir“, sprach Smaug. „Ich werde dir Moon und Star dalassen“, sagte ich und drehte mit Lilly um. Die zweite Fuhre Soldaten wurde gerade von den Drachen auf die Plateaus gesetzt. Ich erblickte Moon und Star und flog zu den beiden. „Ich möchte, dass ihr bei Smaug bleibt. Zeigt den Orks, was Drachenfeuer ist. Aber bringt euch nicht unnötig in Gefahr. Haltet Abstand.“ Die beiden gurrten mir zu und flogen zu Smaug. Ich blickte mich kurz um. Für die restlichen Drachen gab es hier nichts mehr zu tun.
„Alle anderen Drachen folgen mir!“, rief ich und steuerte Lilly zurück zum Dorf. „Apfel, Down, Funkel, Flowen, ihr bleibt hier und passt auf das Dorf auf. Sollte es angegriffen werden, gebt mir sofort bescheid.“ Die Drachen landeten neben der Gruppe Soldaten, die für den Schutz des Dorfes zurückgeblieben war. Mit den restlichen Drachen flog ich zum Strand. „Pepper, Malone, Tiwi, Bo, Lun und Finja. Ihr fliegt den Wall immer wieder ab und haltet alles auf, was hindurchgelangen will. Wenn etwas ist, gebt mir sofort bescheid. Geht keine unnötigen Risiken ein.“ Zusammen mit Sunshine und Flame flog ich in Richtung der Verstecke. Es war eine unscheinbare aber weitläufige Höhle im Boden. Wir hatten sie mit einer Falltür ausgestattet und darauf Gras mit Harz geklebt, sodass es so aussah, als wäre dort gar nichts. Schon von Weitem sah ich, dass die letzten Personen in der Höhle verschwanden. Ich landete davor. „Sunshine, Flame, ihr geht in die Höhlen und schützt die Leute dort, sollte ein Ork hinein gelangen.“ Sunshine und Flame zwängten sich durch die enge Öffnung. „Keine Sorge, es wird alles gut“, sprach ich zu dem Elbenmädchen, das die Falltür offen gehalten hatte. Sie nickte mir mit großen Augen zu und schloss die Falltür. Ich stieg von Lilly und bedeckte sie zusätzlich noch mit ein paar Blättern und Erde.
Danach schwang ich mich wieder auf Lillys Rücken und flog zum Felsentor zurück. „Macht euch bereit. Macht euch bereit. Der Krieg hat uns eingeholt. Der Kampf beginnt. Zeigt keine Schwäche! Für euch, eure Familien und eure Heimat. Bei allem, was ihr liebt!“, rief ich, sodass es überall im ganzen Land zu hören war. Ich lenkte Lilly zu Smaug, Moon und Star und ließ sie auf den Felsen sitzen. So warteten wir darauf, dass die Orks angreifen würden. Ich strengte meinen Blick an. „Diese Narren. Sie haben nichts, um Drachen vom Himmel zu holen. Nur einfache Waffen. Sie werden niemals durch das Felsentor gelangen“, sprach ich. Als die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, verschnellerten die Orks ihr Tempo und rannten auf das Tor zu. Smaug neben mir knurrte. „Warte“, murmelte ich und behielt die vordersten Reihen genau im Blick. Sie kamen näher. „Warte.“ Langsam brach ihre Formation auf, denn sie passten maximal zu zweit nebeneinander durch die Schlucht. „Warte.“ Der erste Ork hatte das Tor fast erreicht. „Feuer!“, schrie ich. Smaug brüllte und spie Feuer. „Moon, Star, macht es von der anderen Seite genauso“, wies ich die Drachen an. Immer mehr Orks unterlagen den Flammen. Ich fragte mich, was sie sich dabei gedacht hatten.
Plötzlich erklang lautes Brüllen und ein Horn. Unser Horn. „Das Dorf wird angegriffen! Smaug, du machst hier weiter. Moon, Star, ihr bleibt bei ihm.“ Ich schnalzte mit der Zunge und lenkte Lilly in die Schlucht. „Verlasst nicht eure Posten“, rief ich den Soldaten auf den Plateaus zu und landete vor den Soldaten auf der anderen Seite. „Vier von euch bleiben hier. Der Rest macht sich auf den Weg zum Dorf. Nanell, Abaneth, auf Lillys Rücken.“ Die beiden besten Soldaten meines Reiches taten keinen Wiederspruch und schwangen sich hinter mich auf Lillys Rücken. „Gut festhalten!“ Und schon hoben wir ab. Kurze Zeit später sahen wir das Dorf und durch meine verbesserte Sicht konnte ich auch erkennen, woher die Angreifer kamen. Sie hatten es tatsächlich über den Wasserweg versucht. Zweidutzend Schiffe griffen von vorne und von der Seite an. Das war kein Problem für die Drachen. Doch ein paar Schiffe waren von hinten gekommen und diese Orks rannten nun auf das Dorf zu. Ich ließ Nanell und Abaneth vor dem Dorf von Lillys Rücken gleiten und flog in Richtung Strand.
„Ihr bleibt hier und vernichtet die restlichen Schiffe!“, schrie ich den Drachen zu. „Zwei Krieger bleiben hier. Der Rest verteidigt das Dorf!“ Ich stieg wieder höher in den Himmel. Apfel, Down, Funkel und Flowen folgten mir. „Zeigen wir den Orks, wie heiß Drachenfeuer ist. Diese da haben schwereres Gerät. Ich will, dass ihr einmal Feuer speit und euch dann ins Dorf zurückzieht. Nur im absoluten Notfall, wenn ich euch rufe, kommt ihr wieder hervor. Habt ihr das verstanden?“ Die Drachen grummelten. „Gut. Dann, Feuer!“ Alle fünf stießen ein ohrenbetäubendes Brüllen aus und gingen in den Sturzflug über. Kurz vor dem Boden breiteten sie ihre Flügel aus und schossen auf die Orks zu. Wir verbrannten die ersten Reihen, doch dann holten die Orks ihre Drachentötungsmaschinen hervor. „Zurück!“, rief ich den Drachen zu und stand auf Lillys Rücken auf.
Ich zog mein Schwert, wartete und sprang vor meinen Soldaten ab. Geschickt rollte ich mich auf dem Boden ab und kam vor den Kriegern zum stehen. „Für die Drachen und für unsere Heimat!“, rief ich und wandte mich um. „Für die Königin!“, schrie Nanell mit einem Mal und alle Krieger stimmten in seinen Ruf mit ein. „Angriff!“ Brüllend rannten wir auf die Orks zu und mein Kopf schaltete sich aus.
Schneiden, ducken, drehen, stechen, treten, ducken, stechen, Kopf ab. Ork um Ork schlugen wir nieder, doch es schienen nicht weniger zu werden. Im Augenwinkel sah ich etwas glitzern und duckte mich gerade noch so unter einer Orkklinge hindurch. Schreiend hieb ich dem Ork den Kopf ab. „Troll!“, rief mit einem Mal jemand und ich drehte mich zu dem Ungetüm. „Deckung!“, verlangte ich und sofort kamen zwei Soldaten, um mir Deckung zu verschaffen. Ich steckte mein Schwert weg und zog meinen Bogen. Ich spannte einen Pfeil, zielte auf den Kopf des Trolles und schoss. Das Ungetüm blieb stehen. Ich spannte einen weiteren Pfeil, zielte und schoss. Auch dieser Pfeil fand sein Ziel, doch der Troll starb nicht. Stattdessen rannte er wütend auf mich zu. „Achtung!“, rief ich. In einer flüssigen Drehung steckte ich meinen Bogen wieder weg und zog mein Schwert. Der Troll rannte knapp an mir vorbei und ich hieb ihm in die Kniekehle. Er ging leicht zu Boden. In diesem Moment sprang Nanell auf seinen Rücken, stieß sich ab und versenkte seine Klinge mit Schwung im Kopf des Ungeheuers. Tot klappte es in sich zusammen. Nanell und ich nickten uns zu und für eine kurze Zeit kämpften wir Rücken an Rücken. Dann jedoch wurden wir wieder getrennt.
Es schien, als würden die Reihen der Orks sich langsam lichten. Ein Blick das Schlachtfeld auf und ab zeigte mir auch, dass meine Leute die Drachentötungsmaschinen zerstört hatten. Die Drachen konnten kommen. „Rückzug!“, ordnete ich an und wir sammelten uns vor dem Dorf. Die Orks sahen siegessicher aus, doch auch ich konnte mir ein derartiges Grinsen nicht mehr verkneifen. Ein schneller Blick mit meiner verbesserten Sicht zeigte mir, dass die restlichen Schiffe am Strand vernichtet wurden und die anderen Drachen auf dem Weg hierher waren. „Drachen, Angriff!“, brüllte ich. Apfel, Down, Funkel und Flowen erhoben sich brüllend aus dem Dorf. Die Drachen vom Strand schlossen sich ihnen an. Wie wir es geübt hatten, gingen sie in eine Kampfformation und kurz darauf war die Orkarmee vernichtet.
Die Soldaten hinter mir begannen zu jubeln und auch ich warf meine Arme in die Luft. Ein stechender Schmerz an meiner Seite ließ mich zusammenzucken. Ich blickte dorthin und sah eine klaffende Wunde. Wie und wann war das passiert? Ich presste meine Hände auf meine Seite und ging in die Knie. Die Aufregung ließ nach und der Schmerz nahm von Minute zu Minute zu. „Die Königin ist verletzt!“, hörte ich gedämpft jemanden schreien. Hände packten mich und ich wurde auf den Boden gelegt. Nanells und Undons Gesichter erschienen über mir. Ihre Lippen bewegten sich, doch ich verstand nichts. Hatte ich schon so viel Blut verloren? Das letzte, was ich hörte, war ein Brüllen. Laut und deutlich. Dann wurde alles dunkel.
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Die Hüterin der Drachen (Hobbit/Herr der Ringe FF)
FanfictionKaira ist in jeder Hinsicht etwas Besonderes. Sie ist die Letzte ihres genauso besonderen Volkes, das Jahre zuvor auf mörderische Art ausgelöscht wurde. Seitdem lebt sie in Bruchtal. Was macht Kaira so besonders und was passiert, wenn sie auf die G...