Die Elben und Zwerge blieben noch fünf Tage. In dieser Zeit halfen sie denen, die hierbleiben wollten, Häuser zu bauen. Ruhigen Gewissens konnte ich am sechsten Tag mit den anderen zu Thorins Krönung abreisen. Ich wusste mein Reich in sicheren Händen und Klauen. Bis nach Bruchtal brauchten wir etwas mehr als einen Monat und noch einmal doppelt so lange bis zum Einsamen Berg. Die Menschen in Thal – auch die Stadt war wieder aufgebaut worden – jubelten uns bei unserer Ankunft zu. Und das, obwohl ich nicht einmal meine Krone aufhatte. Nur Lilly spazierte neben mir her und schien sich selbst wie eine Königin zu fühlen, so wie sie stolzierte. Im Einsamen Berg bekamen Gandalf, Bilbo und ich Zimmer, in denen wir die nächsten Tage verbringen würden.
Thorin traf am nächsten Tag noch die letzten Vorbereitungen und am darauffolgenden Tag war seine Krönung. Ich stand ganz vorne am Königsthron. Neben mir standen Gandalf, Bilbo und der Rest der Gemeinschaft. Weiter hinten in der Halle hatte sich das ganze Volk und die Menschen aus Thal und teilweise auch aus der Seestadt eingefunden. Fili und Kili hielten das Kissen mit der Königskrone, die ich Thorin aufsetzen würde. Thorin betrat durch einen Seitengang die Halle und es wurde totenstill. Er lief auf uns zu und blieb vor uns und dem Thron stehen. Gandalf machte einen Schritt nach vorne und Thorin kniete nieder. „Thorin, Sohn des Thrain. Hiermit wirst du zum König des Einsamen Berges gekrönt. Mögest du über dein Volk wachen und vor allem Leid und aller Gefahr bewahren. Und mögest du ihnen zeigen, was du auf deiner Reise lerntest“, sprach Gandalf und beim letzten Satz schien es, als würde die Gemeinschaft zu mir blicken. Gandalf meinte die wahre Geschichte der Drachen. Der Zauberer trat wieder zurück und ich nahm die Krone vom Kissen. Ich trat vor Thorin und setzte sie ihm auf sein Haupt. Langsam erhob er sich. Er blickte kurz zu mir und wandte sich der Menge zu. So auch ich. „Lang lebe König Thorin, Herrscher über den Erebor!“, rief ich und alle begannen zu jubeln.
Und wir feierten und feierten. Hier waren schon wesentlich mehr Zwerge betrunken, darunter auch fast die ganze Gemeinschaft. Nur Ori und Bilbo hielten sich vom Bier fern. Besser für sie. Thorin trank zwar auch, aber nur so viel, dass er seinen Geist bewahrte. Die Feier ging zwei Tage – Zwerge waren wirklich extreme Partymacher. Danach brauchten alle erst einmal einen Tag Ruhe.
Am vierten Tag nach der Krönung begannen Thorin und ich einen Vertrag für unsere Reiche auszuarbeiten. Da wir uns sowieso schon einig waren, ging das recht schnell. Wir brauchten nicht einmal einen ganzen Tag. Die Punkte lauteten wie folgt:
· Zwischen Forlindon und dem Erebor sollen friedliche Beziehungen herrschen, nie wieder sollen Zwerge und Drachen sich bekriegen oder verraten.
· Zwischen Forlindon und dem Erebor sollen Handelsbeziehungen herrschen mit gerechten Preisen. Jeder darf seine Waren im anderen Reich verkaufen.
· Forlindon und der Erebor sollen sich unterstützen in Zeiten des Krieges. Wenn das eine Reich Hilfe bedarf, so wird das andere Reich helfen, sofern es nicht gerade selbst im Krieg beschäftigt ist.
· Jeder Zwergling soll die wahre Geschichte des Drachen Smaug erfahren. Keiner soll schlecht über ihn, die Drachen oder die Drachenhüter sprechen.
Dies waren die ersten Abordnungen und ich war wirklich stolz darauf. „So sei es“, sprach Thorin feierlich und setzte seinen Namen auf das Papier. Ich tat es ihm nach. „Ich werde es gleich verkünden lassen“, beschloss Thorin und stand von seinem Stuhl auf. Ich stellte mich ebenfalls hin. Wir wollten gerade sein Arbeitszimmer verlassen, als Fili und Kili in den Raum stürmten. „Onkel! Kaira! Wir haben etwas in den alten Schatzkammern gefunden. Du weißt schon. Die Tür, die wir nicht aufbekommen haben. Wir haben es geschafft sie zu öffnen. Kaira, ist das vielleicht ein Drachenei?“
Kili hielt mir etwas entgegen, von dem ich gedacht hatte es niemals wieder zu sehen. Ein Ei einer anderen Art. „Gib es mir“, hauchte ich mit zitternder Stimme und streckte die Arme aus. Unglaublich, wie kam das nur hierher? Kili legte das Ei vorsichtig in meine Hände. Es war ganz kalt. „Nein, nein, nein, nein“, murmelte ich und blickte mich hektisch um. Ich musste…. „Lilly!“, schrie ich und meine Stimme hallte wie das Brüllen eines Drachen durch den ganzen Berg. Lilly kam durch die Tür geschossen und zerstörte dabei sowohl diese als auch den Türrahmen, aber das war in diesem Moment egal. Ich legte das Ei in die Feuerstelle. „Feuer!“, brüllte ich. Die drei Zwerge gingen in Deckung. Lillys Brustkorb fing an zu glühen und sie schoss Feuer auf das Ei. „Komm schon, komm schon“, murmelte ich und konzentrierte mich auf das Ei. Es war als würde es auftauen und ich spürte das Leben darin langsam pulsieren. „Stop!“, rief ich und nahm das Ei. Dass ich mir dabei die Hände verbrannte, war mir egal. „Es lebt“, schluchzte ich und ging in die Knie. „Es lebt, es lebt, es lebt“, schluchzte ich immer wieder und umklammerte das Ei.
„Ja, Kaira, es lebt. Ist schon gut, lass es los. Du verbrennst dir deine ganzen Arme.“ Thorin hatte sich neben mich gekniet und versuchte mich zu beruhigen. „Nein, es bleibt bei mir“, murmelte ich benommen. „Keiner wird es dir wegnehmen. Kili und Lilly passen darauf auf, versprochen. Ihm wird nichts geschehen“, sprach Thorin auf mich ein und langsam löste ich die Umklammerung von dem Ei. Kili packte es in eine dicke Decke ein und setzte sich neben Lilly auf den Boden. Die Kleine legte sich schützend um Kili, wobei es ihr wohl in erster Linie nur um das Ei ging. Sie hatte es verstanden. Vor mir tauchte plötzlich Oin auf und begann meine blutenden Arme zu versorgen. Wo kam der denn auf einmal her? Ich blickte auf und erkannte auch noch Gandalf, Bilbo, Balin und Dwalin im Türrahmen stehen. Ich hatte wohl ganz schön für Aufregung gesorgt. Langsam begann der Schmerz in meinen Armen zu pochen und ich verzog mein Gesicht. Wenigstens trug ich meine Reisekleidung – Hose und dieses Mal ein kurzärmliges Hemd, dazu Stiefel – weswegen meine Beine nichts abbekommen hatten.
„Kaira?“, fragte Bilbo zögernd. „Es ist eine andere Art“, erklärte ich leise mit Blick auf dem Boden. „Smaug ist ein Großer Norddrache. Lilly und die anderen fünf sind Kleinwüchsige Südseedrachen. Das hier ist das Ei eines Sternschuppigen Ostdrachen. Es muss von Thror gestohlen worden sein. Ich kann mir nicht anders erklären, wie es hier gelandet ist. Und das Jungtier lebt noch. Es wird zwei Spezies geben, aus denen sich weitere Spezies entwickeln können. Die Vielfalt der Drachen ist gerettet“, hauchte ich und begann dann befreit zu lachen. Gleichzeitig kamen wir die Tränen. „Es ist ein Wunder!“, rief ich aus. Kurz darauf war Oin mit dem Verbinden meiner Arme fertig.
Ich sprang auf, schwankte aber kurz. Thorin stellte sich schnell hin und hielt mich fest. Ich schüttelte kurz meinen Kopf und löste mich wieder von ihm. Mit großen Schritten lief ich zuerst zu Fili. Ich legte ihm meine Hände auf die Wangen und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. „Ich danke dir“, murmelte ich und trat zu Kili. Auch ihm gab ich einen Kuss auf die Stirn und bedankte mich. Dann nahm ich ihm vorsichtig das Ei in der Decke aus der Hand und betrachtete es wie ein Neugeborenes. Vielleicht würde der oder die Kleine sich ja auf einen der Südseedrachen einlassen, dann würden neue Arten hervorkommen. „Ich werde morgen abreisen“, bestimmte ich laut und keiner hatte etwas dagegen zu sagen.
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Die Hüterin der Drachen (Hobbit/Herr der Ringe FF)
FanfictionKaira ist in jeder Hinsicht etwas Besonderes. Sie ist die Letzte ihres genauso besonderen Volkes, das Jahre zuvor auf mörderische Art ausgelöscht wurde. Seitdem lebt sie in Bruchtal. Was macht Kaira so besonders und was passiert, wenn sie auf die G...