„Kaira, ich hätte da mal eine Frage“, meinte mit einem Mal Gandalf. Abwesend brummte ich, um ihm zu signalisieren, dass ich ihm zuhörte. „Diese Zwerge hier unter Thorin Eichenschild sind auf dem Weg zum Erebor, um den Drachen Smaug zu besiegen. Und da dachte ich mir, du könntest uns begleiten und Smaug vertreiben“, sagte Gandalf und alle Zwerge blickten mich erwartend an. In meinen Ohren piepte es. Smaug besiegen?
„Gandalf, sage mir, warum sollte ich? Es waren zwar nicht die Zwerge, die Meinesgleichen auslöschten und unsere Drachen töteten, das ist wahr. Nein, das waren die Menschen. Diese stümperhaften, dummen, unnützlich schwachen Geschöpfe. Aber Zwerge verrieten ihnen, wo wir zu finden waren.“ Schwungvoll drehte ich mich um und baute mich vor Thorin Eichenschild auf. Wie verhasst mir seine Vorfahren waren.
„Euer Großvater war es, der mein Volk einem Blutbad aussetzte. Und für was? Für ein bisschen Gold, eine Truhe Edelsteine und eine silberne Krone für seinen geliebten Enkel. Willst du wissen, Thorin Eichenschild, was dein Großvater damit auslöste? Bewaffnete Krieger stürmten mitten in der Nacht unser Tal. Sie schlachteten alle ab. Ob Männer, Frauen oder Kinder. Wehrlose Kinder und wehrlose junge Drachen. Die älteren Drachen hielten sie mit Eisennetzen am Boden, um sie dann Stück für Stück auseinander zu nehmen. Sie bei lebendigem Leibe zu häuten, bis sie unter entsetzlichen Qualen den erlösenden Todesstoß bekamen. Ich war damals noch ein Kind. Meine Mutter drückte mir eine Tasche mit fünf Dracheneiern in die Hand. Die einzigen Eier, die das Massaker überstanden hatten. Und dann sagte sie mir, ich solle rennen. Ich rannte, Thorin Eichenschild, ich rannte. Ich war schon fast aus dem Tal hinaus, als sich drei Krieger vor mich stellten, bereit mich zu töten. Weißt du, wer mich rettete? Smaug. Der einzige Drache, der das Massaker überlebte. Er ließ mich auf seinen Rücken klettern und wir flohen zusammen aus unserer untergehenden, brennenden Heimat. Smaug brachte mich nach Bruchtal, dann übermannte ihn der Zorn. Er wusste, dass die Menschen unseren Aufenthaltsort nur von einer Person in ganz Mittelerde wissen konnten. Von dem Mann, der einst von einem Drachen gerettet wurde. Dein Großvater, Thorin Eichenschild. Diese Person war dein Großvater. Ein Drache rettete sein Leben und er verriet uns als Dank. Smaug wusste das. Er flog los, um ihn zu töten und ihm das anzutun, was er uns antat. Er nahm ihm seine Heimat und brannte sie nieder.“
Schwungvoll drehte ich mich einmal im Kreis. In allen Gesichtern stand das bloße Entsetzen und die älteren Zwerge hatten wieder nach ihren Waffen gegriffen. „Also sage mir, Gandalf“, wandte ich mich wieder an den grauen Zauberer. „Warum sollte ich euch helfen meinen Freund und Lebensretter zu vernichten, wo er doch nur seine Rache suchte. Denn ist es nicht genau das, was auch Ihr sucht, Thorin Eichenschild? Und sage mir Gandalf. Warum sollte ich mit dem reisen, dessen Großvater am Untergang meines Volkes Schuld trägt. Wer sagt mir, dass er nicht besser ist als er. Aber wo spielt das schon eine Rolle? Es gibt niemanden mehr, den er auslöschen könnte. Nur mich. Nein Gandalf, ich werde nicht mit euch reisen. Aber seid euch gewiss, dass ich da sein werde, wenn ihr den einsamen Berg betretet. Ich werde da sein und meinen Retter beschützen, so wahr ich hier vor euch stehe.“
Abrupt drehte ich mich um und marschierte auf das Ende der Plattform zu. „Kaira…“ „Schweig!“, herrschte ich Gandalf an, während ich mich umdrehte. Lilly hinter mir fauchte und auch die Kleinen versuchten sich daran. Im Augenwinkel erkannte ich, dass alle auf den Hinterbeinen standen und ihre Flügel ausgebreitet hatten. Mit weit aufgerissenem Maul, jederzeit bereit mich feuerspeiend vor möglichen Gefahren zu bewahren. Gandalf vor mir senkte schnell sein Haupt und auch Elrond beugte sich, ebenso alle anderen Elben. Der Halbling war auf die Knie gefallen, die Arme schützend über seinem Kopf. Die älteren Zwerge standen mit gezogenen Waffen schützend vor den Jüngeren und ihrem König. Thorin jedoch drückte sie beiseite und kam einen Schritt auf mich zu. Sein Blick war selbst für mich undeutbar.
Ich erhob meine Stimme. Laut schallte sie durch ganz Bruchtal und verklang in der aufkommenden Dunkelheit. „Ich bin die Prinzessin der Drachenhüter. Eines Tages werde ich Königin. Sobald ich eine neue Heimat für mich und meine Drachen gefunden habe. Ihr werdet mir und den Meinen nichts antun oder ich werde euch alle umbringen. Euer Großvater hätte sich genau überlegen sollen, mit welcher Macht er sich anlegt.“ Ich drehte mich um und winkte mit meiner Hand. Lilly erkannte das Zeichen und ließ sich nach hinten fallen. Ich sprang ihr nach und landete stehend auf ihrem Rücken. Lilly flog wieder hoch und vor die Plattform. Ich schenkte allen Anwesenden noch einen kühlen Blick, dann pfiff ich einmal. Die Kleinen kamen angeflogen. Lilly setzte sich in Bewegung und flog zu unserem Zuhause. Einer kleinen, abgelegenen Hütte oberhalb Bruchtals. Daneben ein Nest für die Drachen. Die Kleinen folgten uns.
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Die Hüterin der Drachen (Hobbit/Herr der Ringe FF)
Hayran KurguKaira ist in jeder Hinsicht etwas Besonderes. Sie ist die Letzte ihres genauso besonderen Volkes, das Jahre zuvor auf mörderische Art ausgelöscht wurde. Seitdem lebt sie in Bruchtal. Was macht Kaira so besonders und was passiert, wenn sie auf die G...