„Theo, ich muss jetzt leider die blöden Untersuchungen machen.", teilte ich ihm mit. Ich war froh, dass ich ihn vorher festgehalten hatte, denn sofort fing er wieder an um sich zu fuchteln. Ich hatte echt Mühe ihn festzuhalten, aber ich wollte nicht, dass er mir, seinem Vater oder sich wehtat. „Nein! Lass mich los! Ich will hier weg!", „Sicher, dass sie ihn nicht sedieren müssen?", zweifelte Herr Meisner. „Nein, ich werde ihn nicht sedieren. Es ist völlig logisch, dass er so reagiert und sich wehrt. Für ihn bedeutet Untersuchung Zwang und vielleicht sogar Schmerzen. Ich würde mir viel mehr Sorgen machen, wenn er einfach alles stumpf über sich ergehen lässt."
Während ich das erzählte schrie Theo immer noch rum und schlug auf meinen Oberkörper ein. „Theo ich lass dich nicht los. Aber ich verspreche dir, dass ich dir nicht wehtue. Hörst du bitte auf mich zu hauen? Das tut mir nämlich weh.", erklärte ich ihm ganz ruhig. Statt weiter gegen meine Brust zu schlagen, fing er jetzt an zu weinen. „Sshh. Alles wird gut, alles wird gut. Ich bin nicht wütend. Wir machen eins nach dem Anderen und ich erkläre dir alles ganz genau.", „Aber ich hab Angst Leander.", „Das ist nicht schlimm."
Genau in dem Moment klopfte es an der Tür und Mia kam rein. „Wieso ist die hier?", hinterfragte Theo ihr Dasein sofort. „Ich glaube Mia hat was für dich.", „Ja, schau mal Theo. Das ist Daisy. Daisy ist ein Kuscheltierlamm. Und Daisy hat ein Kissen in ihrem Bauch. Da ist Lavendel drin und das riecht gut. Hier Daisy freut sich bestimmt, wenn du sie in den Arm nimmst.", erzählte sie Theo.
Dieser traute ihr aber noch nicht so ganz über den Weg. Stattdessen nahm ich Daisy in die Hand. „Theo magst du Kakao?", wollte ich von ihm wissen. „Ja.", „Was hältst du davon, wenn Mia dir einen Kakao macht und du den trinkst sobald wir fertig sind, ja?" Er nickte schüchtern.
„Mia kannst du Theo einen Kakao machen?", „Gerne doch.", „Sagst du danke?", bat ich ihn. „Danke Mia.", nuschelte er.
Mia ging wieder. „Darf ich dein Herz und deine Lunge abhören? Du darfst auch Daisy ganz doll festhalten. Das hilft, versprochen.", wollte ich ihn überzeugen. „Ja.", gab Theo mir die Erlaubnis. „Okay. Setz dich mal auf den Sitzsack da.", wies ich ihn an. Er tat wie ich es ihm erzählt hatte und ich schnappte mir aus einem Schrank mein Stethoskop.
Sobald Theo es sah, bekam er wieder Panik. „Keine Angst. Das tut überhaupt nicht weh. Zieh mal dein T-Shirt hoch.", „Wieso?", fragte er mich. „Weil ich dein Herz dann besser hören kann. Es geht ganz schnell.", „Okay." Begeistert war er zwar immer noch nicht, aber ich durfte ihn untersuchen. Das war für mich ein großer Vertrauensbeweis.
Um es ihm so angenehm wie möglich zu machen, hörte ich ihn schnell und trotzdem gründlich ab. „Mach mal den Mund ganz weit auf und sag Aaaahh.", „Nein!", entgegnete mir Theo sofort. „Warum nicht?", wollte ich wissen. „Weil ich von dem Holzstück fast kotzen muss.", „Na das wollen wir nicht. Ich lass den weg, ja? Aber dann musst du deinen Mund ganz weit auf machen."
Tatsächlich hörte er auf mich. Ich schaute in seinen Rachen. Keine Rötungen. „Leg dich mal auf das Sofa.", „Ich will nicht.", meinte Theo sofort und riss die Augen weit auf. Er wurde von Sekunde zu Sekunde nervöser. „Was ist los?", fragte ich Theo. „Ich...krieg...keine...L l l Luft."
Panikattacke. Ich hatte gehofft, dass es nicht passieren würde, aber es war okay. „Theo. Schau mich an.", befahl ich ihm, nicht gemein, aber ich gab ihm direkte Anweisungen. Doch er schüttelte den Kopf. „Doch Theo schau mich an." Er verstand mich wahrscheinlich garnicht mehr. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und sprach auf ihn ein: „Theo. Du musst jetzt versuchen langsam ein und auszuatmen. Ich helfe dir. Wir machen das zusammen. Ein.... Und Aus.... Ein... und Aus... Ein... und Aus... Super machst du das. Ich bin sehr stolz auf dich. Geht's wieder?" Er nickte.
„Willst du mir erzählen warum du dich nicht auf die Couch legen willst?", „Weil mich alle Ärzte immer da festhalten und manchmal runterdrücken. Ich hab Angst, dass du das auch machst." Ich seufzte, denn es machte mich fassungslos, was andere Ärzte für Methoden angewendet hatten, nur weil sie absolut keine Geduld hatten.
„Und wenn ich dir verspreche, dass ich dich nicht festhalte? Du nimmst Daisy und Liro in deine Arme und ich messe erst deine Temperatur. Danach taste ich deinen Bauch ab. Ich bin auch super vorsichtig. Und danach kriegst du deinen Kakao.", schlug ich ihm vor. „Na gut, aber du machst ganz vorsichtig.", „Natürlich."entgegnete ich ihm.
Theo trottete lustlos zum Sofa und legte sich drauf. Ich schnappte mir das Ohrthermometer und lief rüber zur Couch. „Dir passiert nichts.", versprach ich ihm und steckte das Thermometer in sein rechtes Ohr. Es piepte. 37,6? Das verwunderte mich gerade ein bisschen. Ich sagte erstmal nichts dazu. „Ziehst du dein Shirt wieder hoch?" Er nickte zögerlich. Schnell und trotzdem gründlich tastete ich sein Abdomen ab. „Du bist erlöst Theo.", meinte ich zu ihm. Sofort sprang er auf und rannte freudestrahlend durchs Zimmer. „Ich bin super stolz auf dich Theo, weißt du das? Du warst richtig mutig und ich weiß wie sehr du hier weg wolltest. Jetzt renn ganz schnell dahin wo Mia vorhin war und erzähl ihr wie mutig du warst. Dann macht sie dir deinen Kakao. Ich will noch ganz kurz mit deinem Papa reden, ja?", „Okay.", antwortete Theo und umarmte mich. Ich musste lächeln. „Jetzt ab mit dir, oder willst du hier einziehen?", fragte ich ihn belustigt. „Nein!", rief er und rannte davon.
Ich musste schmunzeln und wendete mich anschließend zu Herrn Meisner. „Also eigentlich ist Theo kerngesund. Er hat nur anscheinend etwas Fieber. Seine Temperatur lag bei 37,6. Da er sonst gesund ist, geh ich erstmal davon aus, dass es wegen dem ganzen Stress jetzt gerade war. Selbst wenn nicht, wirklich Sorgen mache ich mir erst, wenn es über 39 Grad Celsius liegt. Wenn das der Fall sein sollte, dann rufen sie bitte in der Praxis an. Er sollte sich den Rest des Tages ausruhen und ich glaube etwas Eis würde ihm auch guttun.", teilte ich Theos Vater mit. „Alles klar. Vielen Dank, dass sie so geduldig waren. Sie waren echt ein Glücksgriff für meinen Sohn.", „Das ist doch selbstverständlich. Dafür bin ich da."
„Na dann, man sieht sich. Auf wiedersehen.", „Man sieht sich, Tschüss Herr Meisner." Er verlies das Zimmer und ich konnte hören wie Theo ununterbrochen plapperte. Die Tür schloss sich wieder. Ich ging zurück zur Couch, schmiss mich drauf und atmete einmal tief durch. Das hat gerade echt viel meiner Energie und Geduld gebraucht. Aber genau dafür war ich ja da, um Kindern zu helfen, die Angst vor meinem Beruf haben und es machte mich glücklich die strahlenden Kinderaugen nach jedem Termin zu sehen.
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Ich, Lilly und Mena
Teen FictionDie „Ich und..." Reihe: 1. „Ich und meine 5/3 Brüder" 2. „Ich, Lilly und Mena" (dieser Teil) 3. „Ich und meine Gedanken" ---------- Ich bin Paulo Romero, der Bruder von Marilena Romero. Ja richtig, der Arztbruder. Mittlerweile habe ich eine Freundin...