P.O.V. Paulo:
Ich war gerade damit fertig geworden Lillys Fuß zu tapen und wir gingen ins Wohnzimmer. Leander schien wohl gerade zu duschen. Mia und Luis mussten schon runter gegangen sein. Auf einmal hörte ich Jemanden schwer atmen und nach Luft schnappen. Sh*t. Marilena. „Marilena!" Sie antwortete nicht. „Schatz, ich glaube meine Schwester bekommt gerade eine Panikattacke. Ich muss mich gerade um sie kümmern.", „Ja, natürlich, mach das. Ich leg meinen Fuß hoch."
Ich sprintete zu Menas Zimmer und wollte die Tür aufmachen, doch das war nicht so einfach. „Marilena!" Wahrscheinlich saß sie mal wieder hinter der Tür. Also schob ich diese vorsichtig auf und fand meine Schwester dahinter.
„Marilena. Angelito. Shhhh... Nimm meine Hände." Sie hob ihre zitternden Hände und legte sie in meine. „Okay, und jetzt nenn mir fünf Sachen, die du hörst." Sie schloss die Augen und versuchte sich zu konzentrieren. „Die zwitschernden Vögel draußen. Das Ticken meines Weckers. Mein Herzschlag... Mir fällt nichts mehr ein!", meinte sie, wieder nervöser werdend. „Doch Engel. Du schaffst das. Versuch wieder ruhig ein- und auszuatmen. Und dann spitzt du deine Lauscher ganz doll.", redete ich ganz ruhig weiter.
Sie musste tatsächlich kurz grinsen und versuchte sich wieder zu konzentrieren. Um ihr zu helfen, schob ich die Zimmertür noch weiter auf. „Leander singt in der Dusche.", meinte Marilena kichernd. „Ja. Da hat wohl Jemand sehr gute Laune. Und eins noch.", ermutigte ich sie. „Der Fernseher. Der Fernseher läuft.", „Super. Und kannst du auch hören was Lilly gerade schaut? Es ist überhaupt nicht schlimm wenn es nicht klappt.", „Ähmmm. Nachrichten. Das ist dieser eine Nachrichtensprecher.", „Wow. Ich bin beeindruckt. Und jetzt vier Sachen, die du sehen kannst."
Mena war zwar schon viel ruhiger, aber ich wollte, dass sie sich vollends entspannte und aufhörte nervös mit ihren Beinen zu wippen. Denn genau das tat sie gerade noch. „Dich. Die Wand im Flur. Meinen Schreibtisch-Stuhl. Den blauen Himmel.", „Drei Dinge, die du fühlst." Ihre Augen schlossen sich wieder und ich zeichnete mit meinen Fingern Kreise auf ihre Handrücken.
„Deine Finger auf meinen Händen. Einen Windzug." Ihr lächelndes Gesicht wurde wieder betrübter. Ich wusste was jetzt kam.„Angst." Mein Griff um ihre Hände wurde fester. „Und es ist völlig okay, dass du das fühlst. Aber jetzt gerade brauchen wir das nicht. Es nervt dich nur und stört dich entspannt zu werden. Kannst du zwei Dinge nennen, die du riechst?"
Sie schien stark zu überlegen. „Meine Duftstäbchen.", „Oh ja. Die riechen echt gut. Was noch?", fragte ich sie. Etwas verwirrt antwortete sie: „Warmer Kakao mit Sahne?" Genau in diesem Moment kam Leander, frisch geduscht, mit einer Tasse heißem Kakao ins Zimmer. „Ja. Ich hab hier was für dich mit einer extra Portion Sahne und Schokostreusel." Leander setzte sich neben uns und reichte Mar die Tasse.
Ihre Augen fingen sofort an zu strahlen und sie trank genießerisch ihren Kakao. Am Ende hatte sie einen Schokoladen-Sahne-Schnurrbart. Mein Herz wurde wärmer und ich machte schnell ein Foto mit meinem Handy. „Engel, eine Sache, die du schmecken kannst.", „Schokolaaaade.", antwortete sie genüsslich. Leander und Ich mussten Beide schmunzeln.
Mena stellte die leere Tasse auf den Boden und schaute mich mit großen, erwartungsvollen Augen an. Ich wusste genau was sie wollte. „Na komm her du kleines Kuschelmonster. Geht's dir besser?" Sie nickte und kuschelte sich gegen mich.
„Leander?", fragte Marilena. „Ja Mar?", „Du versuchst dich bei mir einzuschleimen mit dem Kakao.", bemerkte meine Schwester trocken. „Erwischt. Hat's geholfen deine Nerven zu beruhigen?", „Ein bisschen. Aber keine 10 Pferde kriegen mich runter. Vergesst es sofort wieder. Und untersuchen nur über meine Leiche."
Ich seufzte. Mir war das völlig klar, aber trotzdem mussten wir sie da hin bekommen und das möglichst ohne Beruhigungsmittel. „Mar, wir reden jetzt ganz ehrlich miteinander.", stellte Leander klar. „Und?", fragte Mena trotzig. „Hey, nicht in dem Ton Mena.", meldete ich mich zu Wort. Leander ging garnicht darauf ein und ließ sich nicht beirren. „Marilena, ich meins ernst. Es führt leider kein Weg dran vorbei. Du und ich wissen Beide, wenn es eine andere Möglichkeit gäbe, dann wäre ich der Erste der sich dafür einsetzt es so zu machen. Ich weiß genau welche Gedanken dir gerade durch den Kopf gehen. Und ich könnte dir jetzt 50 mal sagen, dass ich dir nicht wehtun werde, dass ich dich nicht festhalten werde. Aber es würde nichts bringen, weil dein Kopf dir genau das Gegenteil einbläut. Aber egal was deine innere Stimme dir sagt, die Vorsorgeuntersuchung muss sein, und zwar heute. Nicht morgen, nicht übermorgen, heute."
Ich war ganz leise und ließ Leander reden. Meiner Schwester merkte ich an, dass sie extrem ruhig war. Entweder, weil sie gerade eine Panikattacke hatte und sie komplett unterdrückte, oder, weil sie sich die Worte von Leander wirklich zu Herzen nahm.
„Aber nur du kannst uns sagen was dir vielleicht helfen würde. Wir können in eins meiner Untersuchungszimmer gehen, oder aber wir gehen in das Zimmer, indem du bei der Eröffnung mit deinem Bruder warst. Das ist mir völlig egal. Du kannst aussuchen wer dabei ist, mit Ausnahme von mir. Mit meiner Wenigkeit wirst du wohl oder übel Vorlieb nehmen müssen. Ob dein Bruder dabei ist, entscheidest du. Ob Mia oder Luis dabei sind, deine Entscheidung, und wir werden diese bedingungslos akzeptieren. Wir können Pause machen wann du willst. Wenn du willst, dann können wir auch Netflix währenddessen schauen oder ein Hörbuch hören. Es ist mir wirklich völlig egal. Wir versuchen wirklich alles, damit du dich auch nur ein kleines Bisschen wohler fühlst."
Marilenas Augen leuchteten kurz auf und sie wollte etwas sagen. Jedoch unterbrach Leander sie sofort: „Außer die Untersuchung, ihr Ablauf und Ich. Da gibt's Nichts dran zu rütteln. Keine Chance. Also, gibt es etwas anderes, dass wir machen können?" Marilena schien lange zu überlegen. „Ich will nicht bis 17 Uhr in der Praxis bleiben. Das halte ich nicht aus.", „Keine Ch...", „Das geht klar.", schnitt Leander mir das Wort ab. Ich schaute ihn sauer an. Wie stellte er sich das vor? Marilena würde doch bestimmt sofort abhauen sobald sie alleine war. „Wenn es dir hilft, dann machen wir das möglich. Dir muss aber auch klar sein, dass du nicht alleine bleiben kannst. Aber ich glaube ich habe da schon eine Idee. Nächste Frage, wo?", „Ähm... Teddy-Raum." Leander lachte: „Teddy-Raum????", „Was denn? Da drin ist alles so weich und flauschig." Man sah immer noch die Lachfältchen auf Leanders Gesicht. „Ich versteh schon. Wer soll dabei sein?", „Luis." Ich und Leander waren etwas überrascht über ihre Entscheidung. „Ich will dich nicht enttäuschen Pau, aber...", „Hey, schon okay. Du musst es mir nicht erklären.", „Okay. Danke. Leander, kannst du mir alles erklären was du machst?", „Natürlich. Aber jetzt leg dich etwas hin und schlaf. Paulo und Ich finden ne Lösung bis 17 Uhr." Marilena stand auf und kroch in ihr Bett. Ich ging zu ihr, deckte sie zu und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ruh dich ein bisschen aus. Hab dich lieb." Auch Leander kam nochmal kurz an ihr Bett. „Schließ etwas die Augen. Ich muss mit Paulo kurz was besprechen und dann komme ich nochmal zu dir."
Ich verließ mit Leander den Raum und setzte mich an den Esstisch. Etwas aufgebracht meinte ich zu Leander: „Jetzt bin ich aber mal gespannt wie du dir das vorstellst. Marilena kann nicht alleine bleiben. Die haut doch in der Sekunde, in der wir die Wohnung verlassen, sofort ab.", „Und da geb ich dir völlig Recht. Aber Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass sie das psychisch nicht hinbekommen würde. Deswegen hab ich auch schon ne Idee. Wann hat Marilena normalerweise Freitags Schluss?" Ich war verwirrt. „Ähm... Keine Ahnung. Wieso?", fragte ich ihn. „Ich hatte überlegt vielleicht Frederik zu fragen, ob er her kommen will? Dann haben wir Gewissheit, dass sie nicht alleine ist, können beruhigt arbeiten und deine Schwester fühlt sich nicht bewacht."
Mir ging ein Licht auf. „Das ist ne gute Idee. Du könntest Rick anrufen. Der müsste noch in der Schule sein und kann Frederik auch direkt fragen ob er Zeit hat. Seine Nummer hast du ja. Die haben noch etwa 10 Minuten Mittagspause.", „ Ja, hab ich. Ich ruf ihn gleich an.", „Tu das. Ich muss jetzt runter.", „Kannst du Mia und Luis sagen, dass sie meinen nächsten Patienten schonmal ins Zimmer lassen können? Ich komme in fünf Minuten nach.", „Natürlich. Bis gleich."
Und so ging ich runter in die Praxis und teilte Mia und Luis das wegen Leanders Patienten mit und, dass Marilena sich für Luis entschieden hatte. Sobald ich das erledigt hatte, rief ich meinen nächsten Patienten auf.
„Herr Rubens bitte?" Ein junger Mann, etwa ende 30 stand auf. „Guten Tag Herr Rubens. Ich bin Doktor Romero. Wie kann ich Ihnen helfen?", „Ich hab seit ein paar Tagen einen hartnäckigen Husten der nicht gehen will.", „Na dann wollen wir uns das mal anschauen. Folgen sie mir einfach."
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Ich, Lilly und Mena
Novela JuvenilDie „Ich und..." Reihe: 1. „Ich und meine 5/3 Brüder" 2. „Ich, Lilly und Mena" (dieser Teil) 3. „Ich und meine Gedanken" ---------- Ich bin Paulo Romero, der Bruder von Marilena Romero. Ja richtig, der Arztbruder. Mittlerweile habe ich eine Freundin...