Ich sitze mit meinen liebsten Menschen auf einer Blumenwiese und beobachte wie Schmetterlinge durch die Luft fliegen und Kühe in der Nähe grasen. Es ist ein schöner Sommertag, an dem keine einzige Wolke am Himmel zu sehen ist und eine leichte Brise über die Grashalmen weht. Der Duft nach Lavendel liegt in der warmen Sommerluft. „Wir sollten langsam zurück zum Schloss. Die Königin erwartet sicher, dass ihre Kinder ihre Pflichten erfüllen", sagt Mady, die neben mir sitzt und einen Kranz aus Blumen flechtet. „So." Sie knotet den Kranz zusammen und setzt ihn mir dann auf den Kopf. Mit einem Lächeln im Gesicht sieht sie mich an. „Es interessiert mich nicht, was Mutter von mir erwartet. In zwei Wochen bin ich in Laronn. Weg von diesem verkorksten Leben bei Hofe", antworte ich amüsiert. „Es interessiert mich genauso wenig. Ich werde ohnehin auf meinen Titel als König verzichten." Mein Kopf schnellt zu der Stimme. Jason.
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In Gedanken an den Tod meines Bruder schrecke ich aus dem Schlaf hoch. Das Alles muss ein Traum gewesen sein. Jason ist nicht tot. Niemals kann das die Realität sein. Als ich mich umsehe, bemerke ich, dass ich in meinem Schlafzimmer liege. Ein Blick aus dem Fenster zeigt mir, dass das Wetter sich nicht gebessert hat. Der Regen prasselt ununterbrochen gegen die Scheibe und die Wolkendecke ist so dicht, dass man nicht einen einzigen Sonnenstrahl zu Gesicht bekommt. „Du bist wach", stellt eine Stimme fest. Kerzen sind im Zimmer angezündet, weshalb ich Mal im Türrahmen erkennen kann. Er trägt immer noch seine Lederkluft, was bedeutet, dass ich nicht allzu lange bewusstlos war. „Wie geht es dir?" Wie soll es mir schon gehen? Mein Bruder ist laut Cayden gestorben. „Blöde Frage. Ich gehe dir was zu essen und einen Tee holen. Das wird dir sicherlich gut tun." Dankbar versuche ich ein Lächeln aufzubringen. Wenn ich nicht wüsste, dass er gleich wieder kommt, würde jetzt der Moment sein in dem ich in Tränen ausbreche. Ich kann es einfach nicht glauben. Wieso ausgerechnet Jason?
Eine Weile lässt Mal mich mit meinen vielen Fragen alleine. Als er wieder kommt, hat er ein Tablett mit Gebäck und einem Tee, wie er es versprochen hat, in der Hand. „Ich danke dir" Meine Stimme klingt kratzig. Schnell nehme ich einen heißen Schluck des Tees. Essen kriege ich nicht runter. Mir wird schon schlecht, wenn ich nur daran denke. Er merkt, dass ich nichts essen werde und stellt das Tablett auf meinen Nachttisch. Es klopft an der Tür und Mal verschwindet aus meinem Schlafzimmer, um zu schauen wer da ist. Draußen redet er mit irgendjemandem, aber wer das ist und was sie sagen, kann ich nicht verstehen. Einen Moment später steht Cayden in meinem Schlafzimmer. Ein leichtes Lächeln liegt auf seinen viel zu perfekten Lippen. „Du bist wach", stellt er, genau wie Mal zuvor, fest. „Wie lange war ich weg?", frage ich. Mittlerweile steht Mal auch wieder in der Tür. „Es ist erst früher Abend", antwortet er mir. Ich nicke. „Wie?" Ich richte meinen Blick auf Cayden. Ich muss wissen wie Jonas gestorben ist und kann nur hoffen, dass es kein grausamer Tod war. „Er ist eingeschlafen. Die Mediziner im Schloss denken, dass sein Herz einfach stehen geblieben ist." Jonas war mehr als gesund. Wie kann das sein? Alte Menschen sterben an Herzstillstand, aber doch nicht mein Bruder. Er war viel zu jung, um zu sterben. Sein ganzes Leben hätte noch vor ihm gelegen. Falls es so etwas wie eine höhere Macht gibt, dann will sie kein Erbarmen mit mir haben. „Quinn, dein Vater ist doch auch an Herzstillstand gestorben, oder?" In mir macht die Traurigkeit für Verwirrung platz. Was hat mein Vater damit zu tun? Er ist vor vierzehn Jahren friedlich eingeschlafen. „Dein Vater hat mit dem Tod von Jonas nicht direkt etwas zu tun. Aber genau wie in dem Blut deines Vaters, wurde in Jonas Blut auch Eisenhut nach gewiesen. Diese Pflanze ist giftig und nur wenige Gramm können einen gesunden Mann ins Grab katapultieren." Jonas ist durch Gift gestorben. Wer tut einem Menschen so etwas an? Das ist doch komplett verrückt. „Claude Michelle van Calidoss die erste." Meine Mutter. Jetzt wo er ihren Namen ausgesprochen hat, wird die Vorstellung, wie sie Jonas ermordet immer realer.
Malika hat zwar versucht nie schlecht von meiner Mutter zu reden, aber ein Satz, den sie kurz vor meinem Aufbruch nach Laronn gesagt hat, fällt mir wieder ein: „Die Machtgier deiner Mutter ist so stark, dass sie, egal mit welchen Mitteln, am liebsten für immer regieren würde."
Wir haben darüber gescherzt, dass meine Mutter gerne ein ganzes Weltreich erschaffen würde. Ich hatte gedacht Malika hätte dies nur als Scherz gemeint, aber anscheinend steckt überall ein Funken Wahrheit drin.Eine einzelne Träne läuft mir die Wange hinunter. Wie kann eine Mutter sein eigenes Kind töten? Jonas hat sie, trotz ihrer vielen Makeln, geliebt. Ich wusste schon immer, dass sie nicht die typischen Muttergefühle für mich und meinen Bruder hegt, aber ich hätte nie ahnen können, dass sie bereit wäre einen von uns zu töten. Mir fällt kein vernünftiger Grund ein, weshalb sie Jonas hätte ermorden sollen. Nicht ein einziger.
„Jonas muss etwas gewusst haben. Er muss etwas gewusst haben, was deiner Mutter hätte schaden können", antwortet Cayden auf meine Gedanken. Es ist extrem gruselig, dass er weiß was ich denke, aber ich habe im Moment ganz andere Sorgen. „Die Frage ist nur: Was?Was hat er gewusst?" Mal bringt sich zum ersten Mal mit ein. Mein Blick wandert zum Fenster. Der Garten sieht durch den grauen Himmel trostlos aus und wenn die Büsche im Wind schwanken, schwingt eine freudlose Stimmung im Hintergrund mit.
Es ist alles zu viel. Mein Kopf droht zu platzen und meine Tränen wollen endlich geweint werden. „Es wird alles gut werden." Cayden setzt sich auf mein Bett und will mich in den Arm nehmen, doch ich stoße ihn einfach weg. „Hör auf mir zu sagen, dass alles gut werden wird. Nichts wird gut werden. Er ist tot. Für immer." Letzteres flüstere ich nur, da ich es nicht realisieren kann. Für immer ist eine viel zu lange Zeit. Für immer tot bedeutet, ich werde ihn nie wieder sehen. Ich muss zu seiner Beerdigung. „Die hat schon stattgefunden", wirft Cayden ein. „Schlaf erstmal. Morgen sehen wir weiter." Cayden steht auf und geht Richtung Tür. „Ich will nicht-" Weiter komme ich nicht, da ein leichter Windzug mich ins Bett zurück drückt, einlullt und in einen tiefen Schlaf zieht. Keine Ahnung, wie er das gemacht hat, aber eins ist sicher: In ihm schlummert Magie, die rausgelassen werden will.
Danke an Alle, die für meine Kapitel gevotet haben. 50 votes ist für mich das erste erreichte Ziel, was ich mir gesetzt habe.Vielen Dank!
Liebe Grüße<3
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Kampf um Calidoss
FantasyQuinn. Eine junge Prinzessin. Privilegiert durch ihren Stand und ihre Schönheit. Ihre bevorstehende Heirat zwingt sie zur Flucht. Mit Hilfe von Cayden, einem äußerst attraktiven König, macht sie sich auf den Weg ihre Zukunft in Freiheit zu leben. Do...