Ein schmerzverzerrter Schrei durchschneidet die Stille. „Was zur Hölle?", murmelt Cayden und stellt sich bevor ich etwas sehen kann vor mich.
„Lass mich durch", fordere ich ihn auf. Aber er bleibt wie versteinert an Ort und Stelle stehen. Irgendwie schaffe ich es dann doch mich an ihm vorbei zu schieben und was ich dort erblicke, raubt mir den Atem. Meine Mutter sitzt auf ihrem robusten Thron und Mady kniet über einem leblosen Körper... Langsam setzen sich die Puzzleteile in meinem Kopf zusammen. Dunkle Haare, eine magische Aura, die immer schwächer wird und Kleidung, die an eine Hexe erinnert: Malika. Mein Kopf ist wie leer gefegt und das einzige was ich sehe, ist Lord Manfield, Viktoria's Vater, der sein blutverschmiertes Schwert an einem weißen Taschentuch abwischt. Mady schaut zu mir auf und für einen kurzen Moment sehe ich Erleichterung in ihren haselnussbraunen Augen. Eine jüngere Version von Malika blickt mir entgegen und lässt die Wut in mir noch mehr entfachen. „Was ein spektakulärer Anblick." Ich bin zu sehr gefangen in meinen Gedanken, die nur aus Rache zu bestehen scheinen, als das ich mich auf Cayden's Worte konzentrieren kann.
„König Djamal, darf ich Euch vorstellen: meine Tochter." Die Königin zeigt von ihrem Thron aus auf mich. König Djamal ist der Herrscher von Hitschu. Er steht direkt neben meiner Mutter und mustert mich von oben bis unten. Seine Augen wandern hinter mich. Er scheint einen seltsamen Blick mit Cayden zu tauschen, wendet sich dann aber schnell wieder ab, so als hätte er etwas gesehen, dass er nicht hätte sehen dürfen. „König Cayden, wie kann ich Euch weiterhelfen?" Die Königin hat ihn nun auch bemerkt und sie wirkt als würde sie etwas ahnen. Damit er nichts falsches sagen kann, spreche ich einfach drauf los: „Er ist an einem Friedensvertrag interessiert. Deshalb begleitet er mich." Nicht meine beste Lüge und auch nicht wirklich glaubwürdig, aber besser als das sie ihn gleich in den Kerker werfen wegen unbefugten Betretens.
„Na dann, seid willkommen! Aber jetzt zu dir, Quinn: Wo warst du?" Der Blick meiner Mutter bohrt sich in meinen.
„Ich bin geflohen, um die Heirat mit Prinz Jasper zu verhindern", gebe ich zu. Warum sollte ich nicht die Wahrheit sagen?Mein Blick huscht zu Mady. Sie kniet immer noch schluchzend über der Leiche ihrer Mutter. Es versetzt mir einen Stich und meine Rachegelüste werden immer mehr angefeuert.
„Du hast Jonas getötet", werfe ich meiner Mutter vor. Die einzigen Leute, die sich im Saal befinden sind Lord Manfield, König Djamal, zwei seiner Wachen aus Hitschu, Cayden, Mady, die Königin und ich. Eigentlich rechne ich nicht damit, dass sie ein Geständnis abliefert und doch tut sie es einen Moment später. „Ja, das habe ich. Aber was willst du tun? König Djamal hat soeben einen Pakt mit mir geschlossen und König Cayden ist auf eine gewisse Art an Hitschu gebunden. Wer sollte mir in den Rücken fallen? Lord Manfield?" Ihr Blick richtet sich auf den Lord. „Der hat eben gerade unsere Hofmagierin ermordet und wird das gleiche ihrer Tochter antun." Zwischen König Djamal und König Cayden liegt ein Bündnis? Warum wusste ich davon nichts? Plötzlich erhebt sich die Königin von ihrem Thron und geht mit langsamen Schritten auf mich zu. In der zwischen Zeit hat Lord Manfield das Schwert wieder erhoben. „Was wird das?", rufe ich ihm entgegen als er mit langen Schritten auf Mady zu geht. Sie will sich währen, doch ihre Hände sind in Eisenketten gelegt worden. Nur mit ihren Händen kann sie Magie aufrufen. Malika's Hände sind ebenfalls in Eisenhandschellen gelegt. Ihr Ziel ist es tatsächlich beide zu töten. Aber warum?
„Lauf!", flehe ich Mady an, doch sie bewegt sich keinen Millimeter. „Ich werde nicht auf der Flucht oder in Angst sterben. Ihr brecht mich nicht", brüllt sie Lord Manfield entgegen. Als der Lord ausholt, will ich gerade auf Mady losrennen, aber König Djamals Wachen stehen aufeinmal vor mir. Ich ziehe Cayden's Schwert und bevor die beiden ihre ziehen können halte ich es ihnen quer liegend an ihre Kehlen. „Zurück!", schreie ich sie an, doch keiner scheint sich bewegen zu wollen. Ich sehe mich gezwungen es zu tun. Die lange Seite des Schwertes schlitzt die Kehlen der Wachen auf. Ihre Augen weiten sich und in ihnen sehe ich pure Angst und den Drang um ihre Leben zu kämpfen. Doch leider ist es für die zwei zu spät. Blut spritzt in alle Richtungen und fast gleichzeitig sinken die leblosen Körper zu Boden. Ein weiterer Schrei lässt mich inne halten. Ich traue mich nicht meinen Blick zu heben, denn ich bin mir sicher zu wissen, welcher Anblick mich gleich erwartet. Als ich es dann doch endlich wage, liegt Mady bereits blutüberströmt mit einem Schwert in ihrer linken Brust auf dem Marmorboden. Das einzige was ich erneut sehe, ist Lord Manfield. Ich rase auf ihn zu, hole aus und will ihm gerade mit dem Schwert aufspießen, als sein Genick ein ekliges Geräusch von sich gibt und sein gesamter Körper einfach zur Seite kippt. Der vierte Tote heute und ein zukünftiger fünter liegt wenige Meter von mir entfernt. Ein Blick in Caydens Richtung verrät mir, dass er Lord Manfield wohl auf dem Gewissen hat. Mit schnellen Schritten renne ich auf Mady zu. Ihr Atemzüge sind sehr schwach und sie schwebt an der Grenze zum Tod. Meine Lederhose färbt sich rot, als ich mich neben sie Knie.
Es ist soviel Blut. Überall um sie herum ist Blut. Mit meinen Händen versuche ich ihre Blutung zu stillen, obwohl ich weiß, dass es längst zu spät ist. Mady versucht währenddessen mit ihrer letzten Kraft ihre Augen offen zu halten. Eine Träne kullert ihr übers Gesicht als sie sagt: „Lebe, weil ich es nicht konnte." Ihre Augenlieder beginnen sich zu senken. „Nicht die Augen schließen", fordere ich sie auf. „Wir kriegen dich schon wieder hin, aber du musst wach bleiben." Mittlerweile sind ihre Augen geschlossen und sie erhört mein Flehen nicht mehr. „Warum atmet sie nicht mehr?", frage ich panisch, obwohl ich die Antwort bereits kenne. Einen Moment lang sitze ich einfach nur in der riesigen Blutlache und starre auf Madys leblosen Körper, unfähig das Geschehene zu begreifen. Dann ziehen mich zwei Arme auf meine Beine. Cayden steht direkt vor mir. Ich spiegele mich in seinen dunklen Augen. Er beugt sich zu mir rüber und flüstert an mein Ohr: „Sie hat dir alles genommen. Erledige sie." Dieser Aufforderung komme ich nur zu gerne nach.
„Es wird Zeit, Mutter." Meine Stimme klingt eiskalt. „Für was wird es Zeit? Für eine Familienwiedervereinigung?" Sie tut nichtsahnend, obwohl sie sieht wie ich mein Schwert als Probe hin und her schwinge. „Was gefällt dir besser?" Ich schwinge das Schwert quer durch die Luft. „Ein sauberer Schnitt quer durch deinen Körper? Einfach die Kehle auf schlitzen oder..." Das Schwert schwingt auf Halshöhe durch die Luft. „lieber den Kopf abtrennen?" Sie zieht scharf die Luft ein. „Ich weiß du willst mich nicht wirklich umbringen. Es ist deine Art Rache zu nehmen, nicht wahr? Du jagst mir einwenig Angst ein, verlangst vielleicht die einen oder anderen Diamanten, aber du bringst mich nie im Leben um." Da hat sie eindeutig falsch gedacht. „Warum hast du Jonas vergiftet?" Ich brauche Antworten. Wie kann eine Mutter ihr eigenes Kind ermorden? Doch anstatt zu antworten, bleibt sie einfach still. „Warum mussten Malika und Mady sterben?" Ich erhoffe mir wenigstens eine Antwort auf eine der Fragen. „Magie ist gefährlich, Kind. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Welt durch Magie aus dem Gleichgewicht gerät und das darf ich nicht zu lassen." Ich verstehe ihre Gründe nicht. Diese Frau ist eine Psychopathin. Nur so kann ich mir ihre Taten irgendwie erklären. „Und dein Bruder? Er wurde lästig und wusste zu viel." Wut verzerrt meine Sicht.
„Was wusste er?", frage ich. Stille.
„Was wusste er?" Meine Stimme ist laut und schneidend, schon fast ohrenbetäubend. Sie will immer noch nicht mit der Sprache rausrücken. Ich gehe weiter auf sie zu, ziehe mein Schwert und halte es direkt an ihre Kehle. Sie selber trägt nie Waffen bei sich, was ein großer Vorteil für mich ist. „Knie dich vor mir nieder", befehle ich ihr und zu meiner Überraschung tut sie es ohne Wiederrede.„Irgendwelche letzten Worte, Mutter?" Ich spucke ihr die Wörter vor die Füße. Ihre blauen Augen wirken, als sie mich ansieht, so unschuldig und für einen kurzen Moment überlege ich, sie lieber im Kerker verrotten zu lassen.
„Nimm dich in Acht", antwortet sie.
„Vor was?", frage ich.
„Du meinst wohl eher vor wem." Ein Lächeln verziert ihr Gesicht.
„Vor mächtigen Männern, die dir die Welt versprechen." Für so ein unnötiges Geschwafel habe ich keine Zeit. Bevor ich mich davon abhalten kann, schlitze ich der Frau ihre Kehle auf. Als sie zu Boden sinkt und endlich ihren letzten Atemzug tätigt, fällt eine ungeheure Last von meinen Schultern. Es fällt mir schwer stehen zu bleiben, aber ich zwinge mich dazu.„Na dann wollen wir mal", ertönen Caydens Worte hinter mir. Summend geht er an mir vorbei und kniet sich vor den Körper meiner Mutter. „Musste das sein? Hättest du ihr nicht lieber Gift verabreichen können? Ich meine: Mutter vergiftet Sohn und Ehemann. Daraufhin schlägt die Tochter mit gleichen Mitteln zurück. Würde sich das nicht gut anhören auf dem nächsten Wochenblatt?" Verwirrt schaue ich ihn an. „Mit dem ganzen Blut hier, beschmutze ich mir meine gesamte Kleidung", fügt er hinzu. Kurz darauf bückt er sich runter zu ihrem Körper und scheint irgendwas zu suchen. „Was wird das Cayden? Willst du meine Mutter von den Toten wiederbeleben?", frage ich.
„Nicht unbedingt. Sie ist eine unangenehme Person, aber bald könnte es möglich sein." Er zieht eine Kette hervor, die zuvor an ihrem aufgeschlitzten Hals hing. Nachdem er die Kette in die Sonne gehalten und begutachtet hat, kommt er auf mich zu. Seine Hose ist blutdurchtränkt, aber das scheint ihn nicht zu stören, denn ein breites Grinsen liegt auf seinen Lippen. „Bist du bereit etwas großes zu erschaffen?"
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Kampf um Calidoss
FantasyQuinn. Eine junge Prinzessin. Privilegiert durch ihren Stand und ihre Schönheit. Ihre bevorstehende Heirat zwingt sie zur Flucht. Mit Hilfe von Cayden, einem äußerst attraktiven König, macht sie sich auf den Weg ihre Zukunft in Freiheit zu leben. Do...