Kapitel 10

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Als ich aufwache, steige ich sofort aus meinem Bett. Ich ziehe meine Vorhänge auf und sofort begrüßt mich die Morgensonne. Es müsste noch sehr früh sein, da der Himmel noch leicht rot schimmert und Nebel über den Gärten liegt. Ich rufe nach meinen Zofen, die mich ankleiden. Heute habe ich mich für ein lila Kleid mit Ballonärmeln entschieden. Meine dunklen Haare werden durch das Kleid besonders hervor gehoben.

"Ich würde gern eine Schmiede aufsuchen", sage ich. Wenn ich wirklich nach Keldor gehe, dann brauche ich neue Waffen mit denen ich mich im Ernstfall verteidigen kann. "Ich lasse die Kutsche vorfahren", antwortet Amanda mir. Mit einem Nicken wende ich mich wieder meinem Buch zu. Amanda huscht aus meinem Zimmer und kommt kurze Zeit später wieder. Die Kutsche steht vor dem Schloss bereit und Amanda und ich steigen ein.

Wir durchqueren die Stadt. Die Kutsche poltert ordentlich, da die Straßen ziemlich uneben sind. Es herrscht noch nicht viel Betrieb auf den Straßen. Zum Mittag hin wird es erst mehr werden. Am Rande der Stadt kommt die Kutsche zum stehen. Wir steigen aus und gehen in die alte Schmiede von Fred Hamster. Fred Hamster ist ein alter Mann, der sein Handwerk nahezu perfekt beherrscht. Mein erstes Schwert stammt aus dieser Schmiede. Leider ist es mir im Soladatenlager abhanden gekommen. Als ich es verloren hatte, war ich sehr, sehr sauer auf mich, da es das einzige war, was ich noch von meinem Vater hatte.

"Euer Hoheit. Wie schön Euch wiederzusehen", sagt Fred und verneigt sich vor mir. Ich begrüße ihn ebenfalls. Dann fragt er mich was ich denn gerne hätte. Ich hatte mir schon überlegt was ich gebrauchen könnte. Also gebe ich meine Bestellung auf und verlasse die alte Schmiede wieder.

Mittlerweile ist es Abend. Voraussichtlich morgen soll meine Bestellung von Fred geliefert werden. Jetzt muss ich nur noch Cayden Bescheid geben, dass ich sein Angebot annehme. Das ist meine einzige Chance. Der einzige Weg dieser Heirat zu entkommen. Wie ich in Keldor weiterleben werde, weiß ich nicht. Aber solange ich Jasper nicht heiraten muss, bin ich mehr als glücklich. Lieber bin ich alleine als unglücklich verheiratet.

Ich setze mich an meinen Schreibtisch und beginne einen Brief an Cayden zu verfassen:

Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dein Angebot anzunehmen. Bitte informiere mich darüber, wie du mich abholen und in den Garten bringen willst. Ich bevorzuge die Gänge im Schloss, der einfachste Weg.

Quinn

Ich gebe den Brief einer Zofe, die das Schreiben zu Cayden bringen wird. Bestimmt wird er die Wörter entschlüsseln können. Es ist einfach sicherer, den Brief verschlüsselt zu schreiben. Falls jemand davon erfährt, könnte ich keinesfalls mehr fliehen. Bei Hofe sind die Augen und Ohren der Königin nunmal überall.

Ich muss mich von Jason noch verabschieden. Er wird mich verstehen und mich gehen lassen. Um ehrlich zu sein, will ich ihn nicht verlassen. Gerade erst haben wir uns wieder getroffen und jetzt muss ich mich wieder verabschieden. Wir hatten schon geplant wann wir gemeinsam trainieren wollen... Es klopft.

Ich rufe herein und die Zofe, die ich eben gerade losgeschickt habe, steht nun vor mir. Sie überreicht mir einen Brief und ist blitzschnell wieder verschwunden. Hastig öffne ich ihn. Meine Augen fliegen über die Buchstaben.

Liebste Quinn,
Ich werde Malachite zu dir schicken. Er wird dich zu mir führen.
-C

Die Frage ist nur: Wann wird Malachite kommen? Um ihn nicht zu verpassen, entscheide ich mich lieber in meinen Gemächern zu bleiben. Ich kann mich später noch von Jason verabschieden. Unter meinem Bett ziehe ich eine Tasche hervor. Dort packe ich einpaar Kleidungsstücke ein. Irgendwas werde ich zum anziehen brauchen.

Ich schließe gerade die Tasche, als, so wie gestern Abend, ein Luftzug sanft durch den Raum streift, der Wandteppich sich hebt und Malachite in der Tür steht.

„Na. Bereit für die Reise?", fragt Malachite. Verwundert sehe ich ihn an. Wollen wir etwa jetzt schon los? „Cayden hat den Rückweg vorgeschoben. Er meinte irgendwas von:'Ich halt es hier nicht mehr aus' und ‚Diese aufdringlichen, ignoranten Hofdamen nerven'.", beantwortet er meine unausgesprochene Frage. Verständnisvoll nicke ich.

„Dann kann ich mich garnicht mehr von Mady und Jason verabschieden.", fällt mir ein.
„Nein, leider nicht. Aber du wirst sie wiedersehen. Bald." Aufmunternd lächelt er mich an. Er hat ein schönes Lächeln. So warmherzig und einfach niedlich. Ich verstehe nun was Mady an ihm findet. Wie lange ich sie und Jason wohl nicht sehen werde? Seufzend ziehe ich mir meinen Mantel an und werfe mir die Tasche über die Schulter.

„Du brauchst keine Tasche. Cayden hat für Kleidung gesorgt. Es ist schon längst auf dem Schiff." Ich lasse meine Tacshe wieder fallen. Dann fällt mir ein, dass ich irgendeine Art Waffe brauche. Fred wäre erst morgen gekommen. Das heißt ich muss provisorisch schnell irgendwas finden. Neben meinem Bett im Nachttisch habe ich einen Dolch versteckt. Ich bin gerne vorbereitet und werde nachts ungern von irgendwelchen Auftragsmördern im Schlaf erstochen. In der Geschichte unseres Reiches ist das schon öfter vorgefallen. Zum Beispiel mein Ur-Großvater und der Großvater meines Ur-Großvaters wurden einfach im Schlaf ermordet. Darauf habe ich echt wenig Lust. Wenn ich schon sterbe, dann weil ich für ein ganzes Reich im Krieg draufgehe oder weil ich mich auf einer langen Reise durch die Wüste von Hitschu opfere, da das Trinkwasser nicht mehr für alle reicht...

Ich schnappe mir den Dolch aus dem Nachttisch und husche zur Tür, die in die Geheimgänge des Schlosses führt. Malachite schaut mich verblüfft an, sagt aber nichts. Wahrscheinlich hat er nicht damit gerechnet, dass ich eine Waffe neben meinem Bett verstecke. Den Dolch habe ich in der Innenseite meines Mantels verstaut und diesen eng um mich geschlungen. Die Kapuze ziehe ich, als wir die Treppe aus dem Gulli hochsteigen, noch etwas tiefer in mein Gesicht. Schließlich will ich nicht erkannt werden.

Stumm folge ich Malachite. Der Geruch von Fisch wird immer intensiver. Das bedeutet der Hafen ist nicht mehr weit entfernt. Auf den Straßen ist es mittlerweile dunkel und nur noch wenige sind unterwegs. Viele sind in schwarze Umhänge gehüllt. Höchstwahrscheinlich alles kriminelle. Ich beschleunige meine Schritte noch ein wenig. Es ist etwas furchteinflößend. Schatten die in dunklen Gassen verschwinden, Laternen, die quiekend an und ausgehen und Leute die am Straßenrand Geld gegen Diebesgut tauschen. Ich umklammere meinen Dolch unter meinem Mantel. „Angst?",unterbricht Malchite meine Beobachtungen.
„Nein. Niemals."
„Das sehe ich." Er schnaubt nur belustigt.
„Ich habe keine Angst. Wirklich nicht.", beteuere ich auch wenn es eine Lüge ist.

Endlich sehe ich vereinzelte Schiffe. Wir sind am Hafen angekommen. Vor mir erstrecken sich nach rechts und links jeweils sieben Stege.  Malachite führt mich über den Steg, der genau vor uns liegt, bis nach ganz hinten durch. Dort steht ein großes Schiff. Auf ihm steht Xandria. So ist es bestimmt benannt. Wir wollen gerade an Deck, als ein kleiner Mann sich uns in den Weg stellt.
„Halt! Was macht ihr hier?", fragt er uns. „Wir wollen offensichtlich auf das Schiff.", antwortet Malachite. Vielleicht irrt er sich im Schiff. Wir könnten auf dem falschen sein.

„Ich kenne euch nicht und Fremde lasse ich nicht rauf." gibt der kleine Mann von sich. „Du hast mich heute schon dreimal gesehen Odin. Ich war hier um Gepäck abzuliefern?" Malachite versucht ihm auf die Sprünge zu helfen.
„Woher kennst du meinen Namen?"
„Du hast dich mir heute morgen mit deinem Namen vorgestellt. Hol doch bitte einfach Cayden. Dann wird sich alles klären." Malchite ist sichtlich genervt von diesem Winzling. „Ach Mali, ich mach doch nur Witze.", sagt der kleine Mann und lässt uns auf das Schiff. „Nenn mich nicht so.", gibt Malachite bissig von sich. Offensichtlich mag er seinen neuen Spitznamen nicht.
„Herzlich Willkommen auf der Xandria."

Kampf um CalidossWo Geschichten leben. Entdecke jetzt