Kapitel [7]

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Nachdem sich das Tor geräuschvoll geschlossen hatte, zog der Fürst seinen Säbel aus dem Boden und legte ihn zurück auf den Ständer. Er warf noch einen Blick über seine am Boden kriechenden Gefolgsleute, bevor er sich mit einem Knurren zurück in seine privaten Gemächer zog. Er ging auf den Tisch zu, nahm die Weinflasche und trank, ohne sich die Mühe zu machen einen Becher zu nutzen, direkt daraus. Seine Wut war immer noch nicht abgeklungen, also schleuderte er die jetzt geleerte Flasche quer durch den Raum und traf fast seinen Wūshī, der gerade den Raum betrat. "Zhǎngwò, wer hat euch so erzürnt?""Wangan, dieser Nichtsnutz, er hatte die Dreistigkeit ohne das Amulett zurückzukommen. Wie lange muss ich noch warten?" Er sah seinen Wūshī fragend an, erwartete jedoch keine Antwort darauf. Dieser kam näher, verbeugte sich vor seinem Fürsten und wartete schweigend ab. "Du kannst dich erheben.""Danke, Zhǎngwò." "Sag mir Hexer, habe ich den falschen für die Durchführung ausgesucht? Hätte ich den anderen erwählen sollen?""Nach meiner bescheidenen Meinung, habt ihr den richtigen gewählt, der Geist des anderen wäre zu schwer zu kontrollieren gewesen, ihr hättet mit ihm noch um einiges mehr Ärger gehabt." Der Fürst schnaubte und lief im Raum auf und ab, blieb dann vor dem Wūshī stehen und sah ihn durchdringend an. "Geht, seht nach ihm, überprüft, ob er seine Medizin regelmäßig nimmt, ich wünsche keine böse Überraschung zu erleben, nicht, dass er sich noch erinnert.""Sehr wohl, Zhǎngwò." Nach einer tiefen Verbeugung verließ der Wūshī den Raum und begab sich auf die Suche nach Wangan, den er, wie vermutet, in der Eisgrotte fand. Jedes Mal, wenn er diese betrat und entsetzlich fror, fragte er sich, warum sie existierte. Ihre Welt bestand überwiegend aus Feuer und kargen Felsen, wie konnte sie bestehen. Doch Wangan schien dies nicht zu stören, denn er saß in der Mitte des Eissees und meditierte. "Wangan, mein Lieber, ich hörte, dein Vater zürnt dir? Was hast du dieses Mal angestellt?!" Wangan öffnete die Augen und sah auf. "Ich habe ihn erneut enttäuscht. Allen Hinweisen zum Trotz konnte ich das Amulett nicht finden. Warum ist es so wichtig? Ich habe all seinen Befehlen gehorcht, die neun Himmel sind zerstört, sowie die drei Wildnisse, all seine Feinde sind tot oder auf der Flucht. Was wünscht er noch?""Nun, die Unterwelt. Um das Siegel brechen zu können, benötigen wir das Amulett. Aber, wie geht es dir? Nimmst du auch regelmäßig deine Medizin? Du weißt doch, dass sie wichtig ist. Wenn du sie nicht nimmst, könnte es sein, dass du wieder in die Bewusstlosigkeit fällst. Dieser Wei Ying hat dich schwer verletzt, fast getötet, wäre dein Vater dir nicht zu Hilfe geeilt." Bei dem Namen schnaubte Wangan wütend und sein Herz begann zu schmerzen. Er hasste dieses Gefühl. Obwohl er sich nicht genau an seine Niederlage erinnerte, versetzte der Gedanke an Wei Ying ihm immer einen Stich in der Brust. Es beschämte ihn, vor seinem Vater schwach ausgesehen zu haben, da er ihn retten musste. "Ja, ich nehme sie, jedoch hätte ich dieses Monster lieber selbst getötet." Der Wūshī nickte verstehend, jedoch lächelte er innerlich, da die Medizin oder eher gesagt das Gift seine Wirkung noch nicht verloren hatte. Er wusste, dass sie eines Tages nichts mehr nutzen würde, daher war es wichtig, dass Wangan dieses verdammte Amulett so schnell wie möglich fand. Es hatte nichts mit der Unterwelt zu schaffen, denn das Siegel würde auch dadurch nicht brechen. Doch dies alles hatte er seinem Fürsten verheimlicht, denn er wollte dieses Amulett für sich allein, den Fürsten töten, um damit selbst die Herrschaft erlangen zu können. Wangan war für ihn auch nur eine Marionette, die er bespielte, denn er war es, der dem Fürsten geraten hatte, Lan Zhan zu wählen. Wei Ying erschien ihm zu wild und rebellisch, als dass sein Gift bei ihm gewirkt hätte. "Nun gut, Wangan, beende schnell deine Meditation und begib dich wieder auf die Suche. Ich werde deinen Vater besänftigen." Der Wūshī nickte ihm noch einmal zu und verließ die Grotte.

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Eine Weile saßen Wei Ying und Wen Ning nur schweigend da. Wei Ying wusste nicht so genau, wie er anfangen sollte, um Wen Ning nicht in Panik zu versetzen. Trotz, dass er eine heftige Leiche war, war sein inneres Gemüt immer noch sanft und sehr verletzlich. Noch einmal tief durchatmend, begann er schließlich. "Qionglin, zuerst möchte ich dir versichern, dass ich immer noch der Wei Ying bin, der ich damals war. Ich weiß, es ist schwer zu verstehen, jedoch habe ich dir damals etwas verheimlicht. Nicht, schau nicht so, es ist nichts Schlimmes, aber vielleicht schwer zu verstehen." Wen Ning sah aus, als ob er jeden Moment in Panik geraten würde. Wei Ying nahm seine Hand und sah ihn lächelnd an. "Bitte, lass mich erklären, du musst keine Angst haben. Nun, wie soll ich es sagen? Ich bin unsterblich, fast so wie du, dass ich zweimal vor deinen Augen verschwunden bin, lag daran, dass ich meine Fähigkeiten nicht richtig im Griff hatte, jedoch ist jetzt alles gut." Wei Ying machte eine kurze Pause und sah Wen Ning forschend an, doch dieser blickte ihn nur abwartend an. "Ähm, Qionglin? Du hast schon gehört, was ich eben gesagt habe?""Ja, Wei Shàoyé, ihr seid wie ich, daher lebt ihr auch noch." An seiner Nase kratzend, musste sich Wei Ying ein Lachen verkneifen. Er ist immer noch so süß naive. "Ja, fast so wie du, dennoch ein wenig anders, aber das spielt jetzt keine Rolle. Ich würde gerne wissen, woher du meine Chenqing hast? Ich habe sie in deiner Höhle gefunden und ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, sie dir gegeben zu haben." Mit diesen Worten zog Wei Ying seine Flöte hervor und wirbelte sie aus Gewohnheit zwischen seinen Fingern. Wen Ning wich dem Blick von Wei Ying aus. "I-ich habe sie v-von A-Yuan bekommen, n-nach eurem Tod." Wei Ying fühlte, dass dies eine Lüge war, konnte sich aber beim besten Willen darauf keinen Reim machen, warum Wen Ning ihn anlügen sollte. Also ließ er Suibian erscheinen und hielt es vor ihn hin. "Und was ist hiermit? Es sollte eigentlich in Jiang Chengs Besitz sein, oder irre ich mich da?" Als er das Schwert sah, zuckte Wen Ning zusammen, sah Wei Ying ängstlich an und wandte sich dann ab. "Qionglin, was verheimlichst du mir? Ich kann mich nicht ans Altern erinnern und auch nicht das Lan Zhan vor mir gestorben ist. Also, sag mir bitte die Wahrheit, egal, was es ist, aber ich will es wissen." Wen Ning schüttelte seinen Kopf und stammelte dabei unverständliche Worte. Wei Ying rieb sich die Stirn. Sein Schwindelgefühl setzte wieder ein, also nahm er die Flasche von seinem Gürtel, trank einen Schluck davon und hängte sie angewidert zurück. "Ayo, Yanlou, fast habe ich das Gefühl du vergiftest mich mir dieser ekeligen Brühe.""Master Wei? Was haben sie gerade von Gift gesagt? Wer will sie vergiften? Was haben sie da gerade getrunken?" Alice Stimme und ihr Erscheinen gemeinsam mit Li Li ließen Wei Ying sowie Wen Ning zusammenzucken. "Alice! Bei den Himmeln musst du mich so erschrecken? Wie oft muss ich es noch sagen? Ich bin nicht mehr der Master Wei, ich bin Wei Ying und nichts kann mich vergiften, die Medizin ist nur schrecklich bitter." Aus zusammengekniffenen Augen sah Alice zu ihm hinab. "Verzeiht, Master Wei, Li Li und ich haben alles vernommen. Was war das für ein Gefasel von Unsterblichkeit? Ich denke, wir sollten zurück zur Kuppelstadt. Sie müssen dringend einen Arzt konsultieren, ihre Werte überschreiten alles, was ich je erlebt habe." So langsam ging ihm diese vorlaute KI auf die Nerven. Wie konnte ich sie zuvor ertragen? Vielleicht, weil ich nicht ich selbst war? Ja, das wird es sein. "Alice! Zum letzten Mal, diese Werte sind vollkommen normal für mich. Könntest du bitte zurückgehen und erst wieder erscheinen, wenn ich dich rufe, ach und keine Zwischenbemerkungen mehr, ansonsten schmeiße ich das Intercom in den nächsten Fluss und nun zu dir Wen Ning, ich will jetzt die Wahrheit, und zwar sofort!" Alice und Li Li verschwanden augenblicklich und Wen Ning drehte sich vorsichtig zu Wei Ying. Er hatte ihn zuvor noch nie so wütend mit ihm sprechen gehört. Vor lauter Angst ließ er sich zu Boden fallen und verbeugte sich tief. "W-Wei Shàoyé, b-bitte seid mir nicht böse, i-ich weiß nicht genau, was geschehen ist, i-ich erinnere mich n-nur an das, was A-Yuan mir erzählt hat, a-aber, ich glaube, dass w-war nur eine G-Geschichte, damit ich nicht mehr t-traurig bin." Wei Ying blutete das Herz, Wen Ning so vor ihm knien zu sehen. Er wusste, dass er zu heftig mit ihm gesprochen hatte und das tat ihm jetzt unendlich leid. "Qionglin, bitte steh wieder auf. Es tut mir leid, bitte verzeih mir. Ich hätte dich nicht so anfahren dürfen, aber mir läuft die Zeit davon, ich muss wissen, was damals geschehen ist." Wen Ning erhob sich, sah Wei Ying traurig an und als er anfing zu sprechen, zitterte seine Stimme. "I-ihr seid verschwunden. I-ihr und Lan Shàoyé, einfach verschwunden, nur e-eure Flöte blieb zurück, da war so viel B-Blut." Wei Ying zuckte merklich zusammen, als er dies hörte und erinnerte sich an etwas, was er bis jetzt verdrängt hatte. Die Bilder. Die Bilder, die ich sah, als meine Erinnerungen wiederkehrten, am Fels der Regeln, Lan Zhan gefangen von diesen Krallen, sein blutverschmiertes Gewand. Ist dies wirklich geschehen? "W-Wei Shàoyé, warum w-weint ihr wieder?" Albtraum, das muss alles ein Albtraum sein. Ich erwache gleich in meinem Bett im Penthouse. Er spürte, wie er an den Schultern gerüttelt wurde und sah die verängstigten Augen von Wen Ning. "Was hast du gesagt?" Wei Ying wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel ab. "Egal, wo ist das geschehen? Sag mir bitte, wo? Ich will es selbst sehen.""Bei den G-Grabhügeln, w-wir haben euch wochenlang g-gesucht, bis A-Yuan sagte, w-wir sollten dort nachsehen." Ohne Vorwarnung ergriff Wei Ying den Arm von Wen Ning und nur wenige Sekunden später befanden sie sich in den Grabhügeln, direkt vor dem Eingang zur Bluthöhle. Wen Ning fiel zitternd zu Boden. "Oh, verzeih Qionglin, ich hätte dich vielleicht vorwarnen sollen, beim ersten Sprung wird einem oft schwindelig." Wen Ning rappelte sich auf und sah sich erstaunt um. "W-wie sind wir hier her gelangt?""Äh, nun, eine meiner Fähigkeiten." Ohne weiter auf Wen Ning zu achten, sah sich Wei Ying um. Auch hier war nichts wie zuvor. Nicht einmal Reste der Häuser waren zu sehen. Es sah fast wieder so aus, nachdem er das erste Mal hier gelandet war. Alles überwuchert mit Gestrüpp und Ranken. Er schloss seine Augen und horchte in sich hinein. Nein, hier ist nichts, weder Präsenz noch grollende Energie. "Qionglin? Wo habt ihr das Blut gesehen und meine Flöte gefunden?" Wen Ning zeigte auf die Stufen. "H-hier lag eure Flöte." Er ging dann an Wei Ying vorbei und blieb etwas abseitsstehen und wies auf den Boden. Wei Ying trat neben ihn und ließ die Sträucher, die dort wuchsen, verschwinden. Jedoch war nichts zu erkennen. "Bist du dir sicher, dass es hier war?" Wen Ning nickte nur und schwieg. Vielleicht hätte ich ihn nicht herbringen sollen. Die Geschichte, die sich A-Yuan ausgedacht hatte, war sehr wahrscheinlich dazu gedacht, um Qionglin nach dem Vorfall davon abzulenken. Lan Zhan hat recht, manchmal bin ich wirklich erbärmlich. Wei Ying ging zurück zu den Stufen und fing im Lotussitz an zu meditieren. Hoffentlich reicht mein Qi dafür, der Sprung mit jemandem hat mich bereits angestrengt. Nach einer Weile erhob er sich und rief Wen Ning zu sich. "Qionglin, ich werde jetzt ein Abbild der Vergangenheit heraufbeschwören. Wenn du es nicht ertragen kannst, dann geh bitte in die Bluthöhle. Alice, Li Li kommt bitte heraus, damit ihr zusehen könnt." Augenblicklich erschienen die beiden KI. Wen Ning stellte sich neben Wei Ying und nickte ihm zu. "Master Wei, was habt ihr vor?""Wie ich bereits erwähnte, ein Abbild der Vergangenheit. Li Li, zeichnest du es bitte für mich auf.""Sehr wohl, Master Wei, bereit, wenn ihr es seid." Wei Ying begann mit seinen Handzeichen, langsam entwickelte sich das Energiefeld zwischen seinen Händen. Er ließ es wachsen und schleuderte es dann auf die Fläche, die Wen Ning ihm zuvor gezeigt hatte. Zuerst war nur dichter Nebel zu sehen, der sich allmählich lichtete. Umrisse von zwei Personen wurden sichtbar. Alsbald konnte man sie deutlicher erkennen. Wei Ying schluckte schwer, als er die Personen erkannte. Er blinzelte ein paar mal, um die Tränen zurückzudrängen, die sich in seinen Augen bilden wollten. Wei Yings Herz krampfte und begann zu schmerzen, als er Lan Zhan dort sah. Bleib konzentriert, das ist nur ein Abbild, nicht die Realität.

 Bleib konzentriert, das ist nur ein Abbild, nicht die Realität

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Soulmate III: Shackles of DarknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt