Kapitel [21]

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Wei Ying sprang in die Welt der Sterblichen. Er wusste, er könnte sich nirgends verstecken, sollten sie ihn suchen. Doch wo sollte er sonst hin? Auch in dieser Welt war es gerade Nacht. Er fiel auf seine Knie und ließ seinen Tränen freien Lauf. Als er aufblickte, um zu sehen, wo er sich befand, musste er zuerst den Schleier aus seinen Augen blinzeln. Ohne es beabsichtigt zu haben, befand er sich in der Cloud Recesses direkt vor Lan Zhans Jingshi. Ein bitteres Lachen erschütterte seine Brust. Dieser Ort? Jeder Ort wäre gut gewesen. Warum hier? Lan Zhan! ... Lan Zhan, warum hast du gedacht, ich sei tot? Während er kniete, hatte es angefangen zu regnen. Binnen weniger Sekunden war er vollkommen durchnässt. Wei Ying bäumte sich auf, riss seine Arme zur Seite und den Kopf in den Nacken und schrie in die Dunkelheit. Ihm war es egal, ob jemand ihn hören würde. Nach der Zeit, die vergangen war, wäre niemand mehr hier, der ihn hätte erkennen können. Er wäre nur irgendein Eindringling im Heiligsten des Gusu Lan Clans. Jedoch rührte sich nichts und niemand kam, um ihn festzusetzen. Nach einer Weile erhob er sich und taumelte mehr, als dass er auf die Stufen zulief. Er öffnete die Türen und trat hinein. Erst jetzt bemerkte er, dass das Jingshi seit einiger Zeit wohl von niemandem mehr betreten worden war. Die Möbel lagen teilweise zerbrochen im Raum verteilt, die Vorhänge waren grau und zerrissen. Erschöpft ließ er sich auf das zerschlissene Bett fallen. Er schnupperte an den zerlumpten Kissen, jedoch haftete kein Sandelholzduft mehr an ihnen. Wie sehr hätte er sich jetzt gewünscht, wenigstens Lan Zahns Geruch einatmen zu können. Jedoch blieb auch dies ihm verwehrt. Wie soll ich ohne dich weiterleben? Dachte er, bevor er in einen traumlosen Schlaf fiel.

Yanlou und Xingming hatten Feng Huang, nachdem er Blut gespuckt und anschließend zusammengebrochen war, vorsichtig in den Pavillon getragen. Yanlou wechselte gerade ein weiteres feuchtes Tuch, als Xingming mit dem Palastarzt zurückkehrte. Sie wurden beide hinausgeschickt und warteten nun ungeduldig darauf, dass der Arzt zu ihnen hinauskam, um zu berichten. Die Zeit verging und Yanlou lief nervös vor dem Pavillon herum. Als Xingming ihn gerade zurechtstutzen wollte, öffnete sind endlich die Tür und der Arzt trat zu ihnen. Er erklärte ihnen, dass Feng Huang eine Gegenreaktion seines Qi's hatte und er dringend Ruhe benötigte. Yanlou und Xingming versprachen auf ihn zu achten. Der Arzt nickte darauf und erklärte ihnen, dass er in den nächsten Tagen erneut vorbeikommen würde, um nach ihm zu sehen. Nachdem er gegangen war, sahen sich die beiden an. "Wir müssen ihn suchen. Wenn der alte Phönix erwacht und er nicht hier ist, wer weiß, was dann geschieht." "Ich weiß, Xingming, übernimm du die erste Wacht, ich werde nach ihm suchen." Yanlou verschwand augenblicklich und sah an allen Orten nach, wo er davon ausging, dass A-Ying sich dorthin zurückgezogen haben könnte. Er hatte fast schon die Hoffnung aufgegeben, als ihm einfiel, dass er vielleicht in Gusu sein könnte. Dort fand er ihn schließlich schlafend im alten Jingshi von Lan Zhan. Leise, um ihn nicht zu verschrecken, trat er näher. Sacht strich er ihm über den Kopf. Wei Ying murmelte leise vor sich hin, griff dann nach der Hand und flüsterte 'Lan Zhan'. Yanlou tat es im Herzen weh, ihn so zu sehen. "A-Ying, ich bin es Yanlou. Komm mit mir, dem alten Phönix geht es nicht gut." Wei Ying schlug die Augen auf, jedoch zeigte er keinerlei Reaktion auf das Gesagte. Schweigend sah er Yanlou nur an, bevor er mit zitternder Stimme sprach. "Gib mir den Tee, Yanlou, bitte, ich flehe dich an. Ohne Lan Zhan kann ich nicht leben und ich weiß, er wird niemals zu mir zurückkehren." Wei Yings Augen füllten sich mit Tränen, als er es laut aussprach. Yanlou schloss die Augen, haderte kurz mit sich und nickte schließlich. Er brachte es einfach nicht fertig, ihm weiterhin diesen Wunsch zu verwehren. Egal, was Feng Huang wollte, es war schlussendlich Wei Yings Leben. Gemeinsam machten sie sich auf zur Unterwelt. In seinem privaten Bereich bat er Wei Ying zu warten. Es dauerte nicht lange und Yanlou kam mit einem Fläschchen zurück und reichte es ihm. Wei Ying nahm es, betrachtete es und sah Yanlou fragend an. Er nickte. "Es wirkt sofort, alles aus deinen früheren Leben wird ausgelöscht. Jeder Ort, jeder Menschen und alles, was du erlebt hast, wird entschwinden." Wei Ying entfernte den Korken, doch bevor er trank, bat er ihn noch um eine weitere Sache. Yanlou zog hörbar die Luft ein, jedoch versprach er ihm auch dieses. Wei Ying schloss seine Augen, strich sich die Tränen von der Wange, lächelte noch einmal bitter und leerte das Fläschchen in einem Zug. Als er die Augen erneut aufschlug, lächelte er Yanlou an. "Master?" Nun war es Yanlou, der vor Bitterkeit sein Gesicht verzog, doch Wei Ying bemerkte es nicht einmal. "Na komm, ich zeige dir deine neue Unterkunft." Freudig erhob sich Wei Ying und folgte Yanlou hinab in die Stadt, denn das war es, was er erbeten hatte. Niemals wieder die Unterwelt verlassen zu können und fortan in Youdu zu leben. 

Soulmate III: Shackles of DarknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt