Soulmate III: Shackles of Darkness

Kapitel [20]

Yanlou hatte mit allem gerechnet, jedoch nicht mit nur diesem einen Satz. Er nickte daraufhin zustimmend. Gemeinsam verließen sie den Hain und betraten die Unterwelt. Yanlou ging vor und öffnete für sie die Seelenhalle, denn nur er allein hatte hier Zugang. Xingming sah sich staunend um, doch Feng Huang hatte nur Augen für den Körper, der auf dem Katafalk lag. Zögerlich ging er näher, bis er vor der leblos wirkenden Gestalt zum Stehen kam. Yanlou trat neben ihn. "Ich kann ihn spüren, aber ..." "Ich weiß, er sieht ihm nicht ähnlich. Es ist schließlich nicht sein Körper. Jedoch benötigte seine Seele einen. Ich hatte die Hoffnung, er würde erwachen, oder dass A-Zhan zurückkehren würde. Leider traf bis heute beides nicht ein. Daher habe ich es auch vor euch verschwiegen." Feng Huangs Augen wurden feucht. "Warum hat er ihn zurückgelassen? Wieso ist er jetzt nicht bei ihm? Ich verstehe es nicht." "Es tut mir leid, doch auch ich habe darauf keine Antwort. Wir können nur abwarten." Niemand hatte bemerkt, dass Xingming nicht mehr anwesend war, als sie ihn vor dem Eingang nach ihnen rufen hörten. Yanlou ließ ihn erneut eintreten. "Warum bist du hinausgegangen?" Xingming wedelte mit einer Rolle in seiner Hand. "Mir kam eine Idee und wollte nur kurz etwas nachschauen. Dies ist Wei Yings Schicksalsrolle ..." Weiter kam er nicht mit seiner Erklärung, denn Feng Huang eilte zu ihnen und wollte sie Xingming aus der Hand nehmen. "Hey, niemand fasst meine Rollen an", drehte sich um und hielt sie schützend an seine Brust gepresst. Feng Huang schnaubte. "Dann sag schon, was steht darin?" "Hättest du mich nicht unterbrochen, dann wüsstest du es bereits." Yanlou gab ein tiefes Grollen von sich. "Könntet ihr euch nur einmal zusammenreißen?" Nahm jetzt seinerseits die Rolle aus Xingmings Händen und öffnete sie. Yanlou überflog ein paar der Schriftzeichen und schüttelte dann unverständlich seinen Kopf. "Was steht nun da? Es sind nur unzusammenhängende Zeichen." Xingming nahm ihm die Rolle zähneknirschend weg und rollte sie wieder zusammen. "Das liegt wohl darin, dass sich sein Schicksal neu ordnet." "Und was heißt das jetzt für ihn?" Xingming kratzte sich verlegen am Nacken. "Das weiß ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Es muss sich erst offenbaren." Yanlou und Feng Huang sahen ihn ungläubig an. "Ist so etwas schon einmal vorgekommen?" Da Xingming darauf nicht antwortete, wussten Feng Huang und Yanlou, dass er genauso gut mit einem Nein hätte antworten können. "Und was geschieht jetzt? Kann ich ihn mit zu mir in den Hain nehmen?" "Leider nein, er muss, bis er aufwacht, hier in dieser Halle bleiben." "Du meinst, falls er erwacht." Yanlou nickte bestätigend und mit einer Geste zeigte er an, dass es jetzt wohl an der Zeit war wieder hinauszugehen. In der Vorhalle verabschiedeten sie sich voneinander, doch bevor Feng Huang die Halle verließ, drehte er sich noch einmal zu Yanlou um und fragte ihn, ob er gelegentlich Wei Ying besuchen dürfte, doch auch dieses wurde von Yanlou verneint, mit der Begründung, dass es den Seelenpfuhl stören würde. Dem alten Phönix gefiel diese Antwort zwar nicht, jedoch konnte er dem Herrn der Unterwelt schlecht Befehle erteilen.  

Jahre vergingen, ohne dass Wei Ying jemals aufgewacht war. Inzwischen hatten alle die Hoffnung aufgegeben. Bis zu diesem einen Tag, als Yanlou wie gewohnt die Halle der Seelen betrat und im Eingang abrupt stehen blieb. Er zweifelte zuerst und rieb sich die Augen, doch es war keine Halluzination. Wei Ying saß aufrecht auf dem Katafalk und sah sich verwirrt um. Yanlou eilte auf ihn zu und nahm ihn vor lauter Aufregung in seine Arme. "A-Ying, endlich bist du erwacht." Wei Ying hingegen erstarrte und versuchte sich aus der Umarmung herauszuwinden. Yanlou ließ ihn los und trat einen Schritt zurück. Etwas stimmte nicht, doch bevor er darauf reagieren konnte, war Wei Ying aufgesprungen und wich vor ihm zurück. "Wo bin ich und wer seid ihr?" Seine Stimme klang ängstlich, daher hob Yanlou beschwichtigend seine Hände. "Nicht aufregen, ich werde dir alles erklären, du musst dich hier vor nichts fürchten." Während Wei Ying sich weiter zurückzog, suchten seine Augen verzweifelt nach einem Ausgang. Yanlou versuchte erneut, ihn zu beruhigen. "A-Ying, du bist hier in Sicherheit, niemand wird dir etwas zuleide tun, du hast sehr lange geschlafen. Ich verstehe, dass du verwirrt bist." Wei Ying sah ihn weiterhin misstrauisch an, doch da war trotz allem ein Gefühl in ihm, das ihm sagte, er könne ihm vertrauen. Zögerlich kam er näher. "A-Ying? Ist das mein Name?" Yanlou atmete erleichtert auf. "Ja, dein Name ist Wei Ying, komm, ich führe dich hinaus." Immer noch verschüchtert ergriff Wei Ying, die ihm entgegen gestreckte Hand und verließ gemeinsam mit Yanlou die Seelenhalle. Als sie durch die Gänge liefen und schließlich die Vorhalle betraten, hatte er sogar das Gefühl, dass er bereits einmal hier gewesen sei, doch im nächsten Augenblick veränderte sich die Umgebung. Wei Ying riss sich erschrocken los und rannte blindlings davon. "Verdammt, A-Ying warte, es ist alles in Ordnung, wir sind im Pfirsichhain." Von dem Tumult angelockt, erschien Feng Huang fast im selben Moment neben Yanlou. "Was ist hier los? Warum schreist du in meinem Hain herum?" "A-Ying. Er ist erwacht, doch er erinnert sich nicht. Ich wollte ihn herbringen in der Hoffnung, dass ihn diese Umgebung beruhigt. Doch er hat sich losgerissen und ist davongestürmt." Feng Huang sah ihn fassungslos an. "Was hast du da gerade gesagt? A-Ying ist hier? In welche Richtung ist er gelaufen?" Yanlou deutete auf den Weg. Feng Huang folgte Yanlous Blick und lächelte. "Ist schon gut, lass ihn. Er läuft geradewegs zum Jingshi." "Willst du ihm nicht hinterher?" "Nein, ihm kann hier nichts passieren, ich denke, er sollte sich zuerst einmal beruhigen. Komm, wir trinken indessen eine Schale Wein." Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Pavillon. Kurz darauf erschien Xingming, da Feng Huang ihm eine Nachricht gesandt hatte. Auch er war vollkommen aufgeregt und konnte nicht verstehen, warum der alte Phönix so ruhig blieb. Schließlich hatten sie eine halbe Ewigkeit auf diesen Tag gewartet.