Kapitel 15

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Ich:
Uhm hey...

Ich weiß nicht, ob du dich noch an mich erinnerst, aber du hattest mir vor ein paar Wochen deine Nummer gegeben...


Eigentlich rechnete ich nicht mit einer Antwort - bis mein Handy auf einmal kurz vibrierte. Schnell öffnete ich den Chat  

???:
Hey Kleines :)

Keine Sorge, ich hab dich nicht vergessen. Wie geht es dir?


Ich:
Um ehrlich zu sein schreibe ich dir, weil ich nicht weiß, mit wem ich sonst reden soll. Ich will meinen besten Freund nichts erzählen, weil er sich sonst zu viele Sorgen macht, verstehst du?

???: 
Klar, ich weiß schon, was du meinst

Was ist denn los?


Ich:
Mein fester Freund und ich leben seit ein paar Wochen in Seoul und eigentlich waren wir bisher wirklich glücklich zusammen. In letzter Zeit wird er aber immer launischer und schreit mich oft an

Das hat er noch nie gemacht. Auch wenn wir uns früher gestritten haben, wurde er nie laut

???:
Er wird aber nicht handgreiflich, oder?


Ich:
...


???:
Bitte sag mir nicht, er schlägt dich auch!

Ich:
Das erste Mal schlug er mir ins Gesicht. Dabei war er nüchtern

Das zweite Mal war er betrunken. Er ist sehr oft betrunken. Das war gestern um genau zu sein. Diesmal hat er meine Schulter mit einer Glasflasche getroffen. 

Und jetzt gerade...  ich bin im Bad. Er hat mich geschlagen und getreten. Alles tut mir weh. Ich weiß nicht, was ich tun soll oder mit wem ich reden soll

???:
Oh mein Gott 😳

KLEINES, DU MUSST DA RAUS

Du musst weg von deinem Freund und zwar so schnell wie möglich!!!


Diese Worte ließen mich zögern. Musste ich Carter wirklich verlassen? Er war der einzige, den ich hatte, seit meine Familie gestorben war. Er war meine neue Familie. Ich konnte ihn nicht verlassen; unabhängig davon, ob ich wollte oder nicht.

Seufzend antwortete ich ihm, es wäre gerade sehr kompliziert. Danach sagte ich ihm, ich würde mich etwas ausruhen. Dabei war ich alles andere als ruhig. Die ganzen Geschehnisse und Gefühle schwirrten mir im Kopf umher. Was war das Richtige?

Um meine Gedanken zu klären, beschloss ich, schonmal duschen zu gehen. Beim Abstreifen meiner Klamotten sah ich an mir hinab. Entlang meiner Taille erstreckten sich zum Teil ziemlich große Blutergüsse. Traurig betrachtete; zu diesem Zeitpunkt nicht wissend, dass dieser Anblick mein neuer Alltag werden würde.

Ich wünschte mir mehr als alles andere, dass ich die Blutergüsse einfach mit dem warmen Wasser der Dusche hinfort spülen könnte, aber sie verharrten an Ort und Stelle. 

Stumm trocknete ich mein Haar, legte - mehr oder weniger behelfsmäßig - einen neuen Verband um meine Schulter und zog frische Sachen an, die ich noch hier liegen hatte, bevor ich vorsichtig ins Wohnzimmer lugte. Dabei war das gar nicht nötig, denn ein leises Schnarchen ließ mich sofort wissen, dass Carter auf dem Sofa schlief. 

Erleichtert tapste ich zu meinem Bett, die kuschelige Bettdecke fest um mich geschlungen, als könne sich mich vor der ganzen Welt beschützen. In der ganzen Zeit von dem Unfall meiner Familie an bis heute gab es immer diesen einen Satz, der mir immer wieder in den Sinn kam, wenn ich allein im Bett lag: 'Ist es nicht gleichzeitig erstaunlich und traurig, wie eine einfache Decke dir ein Gefühl von Komfort geben kann, weil niemand da ist, der dich stattdessen mit seiner Wärme umhüllt?'

Nach Stunden fiel ich in einen traumlosen Schlaf, bis mein Wecker mich aufs Neue aus dem Bett zwang. Ich wollte heute nicht Zuhause bleiben, aber arbeiten konnte ich auch noch nicht. Trotzdem hatte ich meinen Wecker auf die selbe Zeit gestellt, da ich heute mal als Kundin anstatt als Mitarbeiterin zu Taehyungs Modegeschäft gehen würde.

Lächelnd machte ich mich fertig und spazierte zur Haltestelle der Straßenbahn. Selbstverständlich hatte ich Taehyung nichts von meinem Plan erzählt. Ich meine, was gibt es besseres als einen Überraschungsbesuch.

Flink schlich ich in den Verkaufsraum und suchte geduckt nach meinem besten Freund - bis ich gegen den Rücken eines Kunden vor mir stieß. Während mein Gegenüber nur etwas nach vorne stolperte, plumpste ich - ungeschickt wie ich nun einmal war - auf den glatten Boden.

Der Mann drehte sich sofort nach der Ursache für den Zusammenstoß um; also zu mir. Gleichzeitig blickte ich in sein Gesicht. Es war weder Taehyung, noch Carter, trotzdem erkannte ich den Mann vor mir sofort. Ich würde ihn unter tausenden wieder erkennen.

Ich meine, wer würde schon den Feuerwehrmann vergessen, der einem gerettet hatte, als man splitterfasernackt mit Handschellen an das Bett eines Hotels gefesselt war...


The Fire of your DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt