Kapitel 25

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,,Ich verstehs...aber wieso bin ich dir so wichtig?''
,,Weil ich mich in dich verliebt habe, George.''

Meine Gedanken hingen dort, wo sie nicht hängen sollten.
Ich sollte mich auf das Seminar konzentrieren, doch ich konnte es nicht.
Mir schwirrte von gestern Abend einfach alles im Kopf herum.

Normalerweise wäre heute der praktische Teil wieder gewesen, doch dieser fiel aus, da der zuständige Lehrer nicht da war.
So wurde ein weiteres Mal das Seminar vorgezogen.

Sollte ich dankbar dafür sein?
Im praktischen Teil wäre ich Clay sowie Karl immerhin viel näher gewesen, als ich es hier war.
Karl kam nicht einmal wirklich zu den Seminaren, nur alle paar Tage.

Doch heute war nicht nur er wieder nicht da, Clay war es ebenfalls nicht.
Ich fragte mich, ob es etwas mit mir und gestern zu tun hatte.

,,Weil ich mich in dich verliebt habe, George.''
Dieser Satz wiederholte sich immer und immer wieder in meinem Kopf, als hätte er sich dort eingebrannt.

,,Alles ok bei dir?'' riss mich Nicks Stimme aus meinen Gedanken.
Ich neigte meinen Kopf zur Seite und starrte ihn an.
Ich nickte stumpf.

Nick wusste davon nichts.
Er wusste ja nicht einmal von der Sache mit Clay davor.
Er wusste von allem rein gar nichts.

,,Karl ist verlogen, hinterhältig und ein mieses Arschloch. Auch wenn er so tut, ist es ihm egal, was er mit seinem Verhalten anderen Menschen antut...selbst denen, die ihm nahe stehen oder mal standen...''

Nick schien sich mit Karl ziemlich gut zu verstehen.
Wenn ich ihm davon erzählen würde und Karl wirklich so war, wie Clay es mir gesagt hatte, könnte er mich als Lügner dastehen lassen.

Es fiel mir einfach so unglaublich schwer zu glauben, dass Karl wirklich so sein sollte.
Ich hatte ihn so nicht kennengelernt.

Klar fand ich ihn auch anfangs merkwürdig, doch Karl war bisher immer nett, hilfsbereit und da für mich. Was Clay mir über ihn erzählt hatte, klang wie das absolute Gegenteil von dem, was ich kannte.

In Karl sah ich mittlerweile mehr oder weniger einen guten Freund.
Ich wusste einfach nicht, was ich glauben oder tun sollte.

Was, wenn Clay mich anlog?
Was, wenn er mir alles Mögliche auftischen würde, nur damit ich mich von Karl fernhalten würde?

Er war derjenige der sagte, dass ich Menschen zu leicht vertrauen würde, wieso sollte ich ihm also jetzt vertrauen? Karl war zu mir das Gegenteil, welches Clay in letzter Zeit zu mir war.

Warum fühlte es sich so an, als müsste ich mich zwischen zwei Menschen entscheiden, die ich beide kaum und noch gar nicht so lange kannte?

Ich wusste einfach nicht, ob ich Clay vertrauen konnte oder überhaupt sollte.
Er war doch nicht wirklich anders als das, was er mir erzählt hatte?

Ich hatte Angst, dass er mein Vertrauen ausnutzen würde, sollte ich ihm vertrauen.
Er sagte zwar, dass ich Menschen leicht vertrauen würde, doch das stimmte überhaupt nicht.
Sonst würde ich ihm ja ohne zu zögern oder nachzudenken vertrauen, was ich nicht tat.

Alles, was er sagte oder tat, könnte eine einfache Lüge gewesen sein.
Viel zu sehr wollte ich mit Nick darüber reden, doch ich wollte ihn dort nicht mit hereinziehen.
Schließlich war Karl für ihn auch ein guter Freund geworden.
Womöglich sogar mehr als für mich.

Das war mir alles einfach viel zu kompliziert.
Ich wollte mich aus genau so einem Mist heraushalten, da es mich vom Studium ablenken würde und dennoch befand ich mich nun mittendrin.

Es gab für mich folgende Möglichkeiten:
Ich würde Clay vertrauen und dafür sorgen, dass Karl sich von mir und Nick fernhielt oder ich würde Karl vertrauen und mich von Clay fernhalten.

Tief in mir wusste ich, dass selbst wenn Clay mich wirklich anlog, es mir verdammt schwerfallen würde, ihm widerstehen zu können, denn ich genoss seine Nähe mehr als ich es sollte.
Ich konnte nur hoffen, dass er die Wahrheit sagte.
Wie er es sagte, ich wollte nicht noch einmal dem falschen Menschen vertrauen.


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