Kapitel 31

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War es pure Ironie, dass ich mich auf demselben Stuhl befand, wie bei der ersten Festnahme von Bryan damals?

Demselben Stuhl, auf dem ich Corpse kennengelernt hatte und dieser nun vor mir stand und mich mit verschränkten Armen anstarrte, da mir mein Führerschein aufgrund meines Alkohols intus entzogen wurde und er mich nun abholen musste?

Demselben Gefühl, mich in meinem Leben wieder verloren zu haben?

Corpse schaute sich nach einem Polizisten, der gerade in der Nähe war, um und rief ihn zu uns.
,,Hey, können Sie ihm die Schellen abnehmen?''
Kurz darauf wurden mir diese lästigen Dinger vom Handgelenk genommen.

Bryan kam zu uns, bevor wir gehen wollten.
,,Freut mich das wenigstens einer von euch sich zusammenreißen kann. Ich hoffe, das bleibt so'' sagte er und schaute Corpse an.
Sagen wir einfach, dass Corpse und Bryan ein ähnliches Verhältnis wie Bryan und ich hatten.

Nun schaute er mich an.
,,Ich hoffe sehr, dass ich dich nicht unter diesen Umständen wiedersehen muss, Clay.''
,,Ich kann nichts versprechen'' Ich setzte ein aufgezwungenes sanftes Lächeln auf.

Während Corpse mich nach Hause fuhr herrschte Stille im Wagen.
,,Du hättest ihm vielleicht nicht im Beisein seiner Familie eine reinhauen sollen, dann wäre es auch nicht so eskaliert'' kam es von ihm.
Ich reagierte nicht und starrte aus dem Fenster.

,,Wofür war es denn dieses Mal?'' fragte er und versuchte aus dem Ganzen schlauer zu werden.
Ich schluckte und sah Georges Worte förmlich vor mir stehen.

,,Ich möchte, dass du dich ab sofort von mir fernhältst und aus meinem Leben sowie das der anderen, zum Beispiel Karls, heraushältst.''

,,Es geht mir um das, was ich von dir sehe, weiß und erfahren musste.''

,,Du hast vieles getan.''

Hatte ich das?
War ich wirklich so scheiße zu ihm?

Nein.
Es gab Momente, in denen ich es war, aber nur durch Karl kam er zu diesem Entschluss.

Nur durch Karl konnte sich George nur auf das schlechte konzentrieren.
Ich hatte nicht einmal wirklich die Möglichkeit, ihm meine guten Seiten zu präsentieren.

Ja, ich war vielleicht ein herzloses Arschloch, doch für George schlug mein Herz mehr, als für alles andere. Es war eigentlich unglaublich, in was für einen Bann er mich in so kurzer Zeit ziehen konnte.

Das letzte und einzige Mal so verliebt gewesen war ich bei Violett, bevor mir das Herz gebrochen wurde. George konnte man jedoch eigentlich nicht mit Violett vergleichen.
Der Schmerz, der durch ihn verursacht wurde, war zweifach so schlimm, wie es bei ihr war.

Ich wollte mich nie wieder verlieben.
Ich wollte mich an niemanden mehr seelisch gebunden fühlen.
Ich wollte niemanden mehr hinterhertrauern und vor allem wollte ich mir mein Leben nicht noch einmal von Karl ruinieren lassen.

Vielleicht lag es nicht nur an Karl, sondern auch wirklich an mir.
Bevor ich George kennengelernt hatte, war ich für eine lange Zeit dieses kalte Arschloch, welches sich für nichts einen Dreck scherte, außer für seine Freunde.

Als ich George das erste Mal in die Augen geschaut hatte wusste ich bereits, dass er mein Leben auf den Kopf stellen würde.

Ich wusste, dass er derjenige war, der mich herumbekommen würde, ohne auch nur ansatzweise etwas dafür tun zu müssen.

Ich wusste, dass es nicht gut ausgehen und mir ein weiteres Mal das Herz gebrochen werden würde. All das wusste ich bereits bei nur einem einzigen Blick in seine Augen, so verrückt es auch klingen mochte.

Ich liebte George, das tat ich wirklich.
So wollte ich seine Entscheidung auch akzeptieren, um es für beide nicht schlimmer zu machen.
Jedoch konnte ich unter diesen Umständen nicht länger als sein Nachbar direkt neben ihm wohnen, denn so würde ich es niemals akzeptieren können.

Ich schaute Corpse an, der bereits geparkt hatte.
,,Hey uhm...denkst du, ich kann bei dir pennen, solange ich mich nach einer neuen Wohnung umschaue?''

Überrascht starrte er mich an.
,,Du willst umziehen?'' fragte er.
,,Ja'' antwortete ich ihm.
,,Wegen Ge - '' Ich ließ ihn seinen Namen nicht einmal aussprechen.
,,Ja.''

Er fuhr sich durch die Haare.
,,Klar man, ich bin immer für dich da, das weißt du'' sagte er.
,,Ich weiß, danke'' Ich widmete ihm ein Lächeln.

,,Soll ich mit hochkommen und dir schonmal beim Packen helfen?'' fragte er.
,,Passt schon. Ich hole nur schnell das Nötigste und erledige den Rest der Wohnung dann im Laufe der Tage.''
Er nickte.

Auch wenn diese Wohnung mal meinem Vater gehört und ich diesen gehasst hatte, mochte ich sie. Seit zwei Jahren wohnte ich bereits dort und verband viele Erinnerungen mit ihr, selbst als ich noch jünger war.

Ein Tapetenwechsel würde mir aber vermutlich im Allgemeinen womöglich guttun.
Vielleicht konnte ich in einem neuen Umfeld versuchen, mich selbst wiederzufinden, den echten Clay Carter.

Wenn ich einen Tapetenwechsel schon wagte, dann vielleicht auch einen neuen Studiengang.
Ich mochte das IT-Studium, aber mein Wunsch war es nie wirklich gewesen.
Meine Mutter hatte es nur geschafft, mich dazu zu drängen.

Große Veränderung würde mich erwarten, dass konnte ich bereits spüren und auch wenn die Sache mit George mich innerlich auseinandernahm, durfte ich nicht zulassen, dass mich die Liebe ein zweites Mal herunterziehen würde.


Nein, es war noch nicht das letzte Kapitel, haha.



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