KAPITEL VIER

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Ich wachte ruckartig auf, als ich fiel. Orientierungslos sah ich mich um. Ich lag in einer schmalen Lücke zwischen einem fremden Couchtisch und einem fremden Sofa, von dem ich vermutlich gerade eben herunter gefallen war. Verschlafen rieb ich mir die Augen. Ich erinnerte mich nur noch schwach daran, wie ich auf dieser Couch gelandet war.

Simons Freundin – Ally – hatte uns ins Haus geschubst und uns dann mürrisch ein paar Decken und Kissen zugeworfen, bevor sie wieder den Flur entlang nach hinten in ihr Zimmer geschlurft war. Simon und ich hatten uns die Decken und Kissen aufgeteilt und uns dann halb tot auf die beiden Sofas fallen lassen, die im Wohnzimmer gestanden hatten.

Ich wühlte mich aus der Decke hervor, die ich mit mir auf den Boden gezogen hatte und stand auf. Dann sah ich mich um. Die Wände des Hauses waren aus Holz, wie auch fast alle Möbel. Es sah alles etwas wild zusammengewürfelt aus, beinahe wie aus einem Secondhandshop, was es auf eine merkwürdige Art wiederum richtig gemütlich machte. Ich streckte mich und verzog schmerzerfüllt das Gesicht, als ich merkte, wie verspannt mein Nacken und mein Rücken waren. Eine Couch war einfach nicht zum darauf schlafen gedacht, aber ich würde mich nicht beschweren, immerhin war es besser als der Autositz in Simons 1990er Ford Escort.

„Hey, bist du auch schon aufgewacht?", Simon stand im Türrahmen der vermutlich zu der anliegenden Küche führte. In der Hand hielt er eine Tasse, die leicht dampfte. „Auch einen Kaffee?", fragte er mich und hielt mir die Tasse entgegen. „Ich habe noch nicht daraus getrunken."

Ich schüttelte müde den Kopf und kam zu ihm hinüber. Ich mochte keinen Kaffee, mir war eher nach einem Glas Wasser zumute. Als ich die Küche betrat blieb ich wie angewurzelt stehen, etwas überrumpelt von dem, was ich sah.

Am Herd stand Ally, den Rücken mir zugewandt. Sie hatte ihre Haare zu einem unordentlichen und wilden Dutt auf dem Kopf zusammen gebunden und Kopfhörer in den Ohren. Zu der Musik, die nur sie hören konnte tanzte sie, während sie in einer Pfanne Pancakes briet. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Kurz nach dem aufstehen war es definitiv zu viel verlangt jemandem dabei zu zusehen, wie er die Hüften schwang.

In dem Moment vollführte Ally eine Drehung und erblickte mich. Sie hielt mitten in der Bewegung inne und nahm die Kopfhörer aus den Ohren.

„Na endlich, Schlafmütze! Ich dachte schon, du wachst nie auf! Hab extra keine laute Musik angemacht, damit du noch in Ruhe pennen kannst.", meinte sie stürmisch.

Heute Nacht war mir das überhaupt nicht aufgefallen, aber als ich sie jetzt bei Tageslicht sah, viel mir auf, dass sie Tattoos hatte. Zwei Rosenranken schmückten jeweils ihre Schlüsselbeine, über der Ellenbeuge ihres rechten Armes hatte sie einen kleinen farbigen Regenbogen tätowiert und auf einen Fingerknöchel hatte sie sich das Venussymbol stechen lassen. Das und die schwarzen Klamotten, der Eyeliner und ihre impulsive frische Art verliehen ihr etwas ungezwungen, selbstbewusstes, das ich bewunderte. Sie war wirklich cool. Vielleicht hatte Simon doch Recht gehabt, dass man sie einfach lieben musste.

„Pancakes?", unterbrach sie meine Gedanken. Ich nickte und wandte mich schnell ab, ich wollte nicht, dass sie bemerkte, dass ich sie angestarrt hatte. Irgendwie war es mir peinlich. Wieso zum Teufel war es mir bitte peinlich? Himmel, wenn Simon und Ally meine Gedanken hören könnten würden sie vermutlich von der puren Masse erschlagen werden.

Ein bisschen fühlte ich mich so wie in dem Lied, das gerade im Hintergrund lief. Ally hatte ihr Handy mit einer Bluetoothbox verbunden, sodass ich jetzt auch hören konnte, wozu sie eben noch getanzt hatte: Foreign Tides von RY X. Es war ruhig und doch so intensiv melodisch, wie ein rhythmischer Sog.

Simon zog mich zu den hohen Stühlen, die an einem Tresen in der Küche standen. Wir setzten uns und warteten, bis Ally fertig mit den Pancakes war. Dann setzte sie sich zu uns und wir machten uns über das Essen her. Es war zwar mit Sicherheit noch nicht so lange her, seit Simon und ich uns in dem Buffet den Magen voll geschlagen hatten, aber ich hatte schon wieder Hunger.

Teenage YearsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt