Obwohl es spät war schien die Skatebahn belebt. Die meisten trugen Schoner an Ellenbogen und Knien, was mir bei den Tricks, die sie teilweise vollführten, wirklich sinnvoll erschien. Ich ging einfach mal davon aus, dass ich auch bestens ohne zurecht kommen würde, weil ich nicht glaubte, weiter als in paar Meter auf der geraden Ebene zu fahren, da wäre ein Sturz noch relativ vorhersehbar.
„Also.", begann Ally und stellte ihr Skateboard auf den Boden. „Wir fangen mal bei den Basics an.", beschloss sie. Ich nickte, Basics klangen immer gut.
Sie stellte sich auf ihr Skateboard und zeigte mir, wie ich meine Füße positionieren sollte. Weil ich Rechtshänder war und deshalb auch mein rechtes Bein stärker war musste ich meinen linken Fuß nach vorne stellen und den rechten nach hinten, damit ich später mit diesem Schwung holen konnte um mich von der Stelle zu bewegen. Klang logisch.
„Ok, jetzt du.", forderte sie mich auf und sprang herunter. Gut, das war ja noch wirklich einfach, ich stellte mich auf das Skateboard. Doch sobald ich den ersten Fuß auf das Brett gesetzt hatte war ich mir darüber nicht mehr so sicher. Jetzt stand ich zwar mit beiden Beinen auf dem Skateboard, aber ich traute mich nicht, mich auch nur einen Zentimeter zu bewegen, in der Angst, das Skateboard würde sich unter mir selbstständig in Bewegung setzten und ich würde das Gleichgewicht verliere. Wenn andere darauf standen sah das immer viel stabiler, einfacher und vor allem nicht so hoch aus. Ich sah mit verbissenem Gesicht zu Ally auf, die vor mir stand.
Sie grinste. Vermutlich weil sie auch exakt so einmal angefangen hatte und genau wusste, wie sich das anfühlte. Immerhin befanden wir uns so das erste Mal fast auf Augenhöhe, woran ich mich gewöhnen könnte.
„Soll ich dir helfen? Komm nimm meine Hände.", meinte sie und ich legte dankbar meine Hände in die ihren. Sie hielt mich fest, sodass ich mir keine Sorgen machen musste, herunter zu fallen und gleichzeitig locker genug, dass ich mich nicht wie angekettet fühlte. „So, und jetzt gehst du mit deinem rechten Fuß vom Brett herunter und versuchst mal ein bisschen Schwung zu holen."
Vor zwei Tagen noch hätte ich spätesten hier aufgegeben und mich wieder in meinem Zimmer verkrochen, weil ich dachte, ich würde das ohnehin nie schaffen und ich nicht wollte, dass die Menschen um mich herum sich lustig über mich machen, wen ich es nicht auf Anhieb hinbekam. Aber inzwischen hatte ich mir etwas von Allys Scheiß-drauf-die-sind-nicht-du-Verhalten angeeignet. Und ganz ehrlich: All diese Skater auf der Bahn, die dort gekonnt ihre Skateboards in der Luft drehten, sprangen und enge Kurven fuhren hatten doch alle mal so angefangen, wie ich jetzt hier.
Ich nahm meinen rechten Fuß vom Brett und ging mit dem linken etwas in die Hocke, damit ich gut auf den Boden kam. Ally lies meine Hände los, doch ich merkte es kaum. Dann holte ich einmal etwas Schwung und das Skateboard setzte sich ruckartig in Bewegung. Durch das plötzliche Anfahren verlor ich das Gleichgewicht und ruderte hilflos mit den Armen, dann begab ich mich wieder in die Senkrechte und stand mit ausgestreckten Armen auf dem Skateboard.
Es fühlte sich ein bisschen so an, wie Fahrradfahren zu lernen. Erst wird man von den Eltern noch angeschoben, dann lassen sie einen los, ohne dass man es bemerkt und man fährt einfach weiter, aber sobald man sich nach ihnen umdreht stürzt man. Und das macht man so lange, bis man nicht mehr stürzt. Immer und immer wieder.
Ich war auf den Boden vor mir konzentriert. Vermutlich hatte Allys Skateboard noch nicht einmal Schrittgeschwindigkeit aufgenommen und bewegte sich noch im Schneckentempo, aber für mich fühlte es sich bereits irrsinnig schnell an.
„Hey! Gut!", jubelte Ally mir zu und ich musste vor Verlegenheit und unterschwelligem Stolz lachen, doch dadurch verlor ich meine aufrechte Körperhaltung, dann das Gleichgewicht und dann hüpfte ich überrascht von dem Skateboard herunter und kam mehr oder weniger elegant mit den Füße auf dem Boden auf, während das Skateboard an Schwung gewann und mir unter den Füßen davon sauste. Ich rannte schnell hinterher und hielt es auf, bevor es ins nasse Gras rollen konnte, dann kam ich zu Ally zurück.
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Teenage Years
JugendliteraturKathleen hat sich verloren. Irgendwo in ihrem Kopf, in ihren Gedanken, die niemals schweigen ist sie untergegangen. Doch gerade als sie zu ertrinken droht wird sie von zwei komplett fremden Menschen zurück an ein beinahe vergessenes Ufer gezogen. Si...