KAPITEL FÜNFZEHN

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Wir befanden uns wieder auf dem Highway. Meine Stimmung war auf einen Tiefpunkt gesunken, den ich mit Simon und Ally bisher noch nicht erreicht hatte. Es tat weh, denn ich hatte schon beinahe daran geglaubt, dass ich endlich wieder glücklich sein könnte. Und genau in diesem sorglosen Moment hatte die Dunkelheit wieder zugeschlagen. Meine Gedanken fuhren im Karussell. Tiefer und tiefer in das schwarze Loch hinein, das ich so fürchtete.

Der Kuss war wunderbar gewesen. Ich hatte mich noch nie in meinem Leben so atemlos und gleichzeitig lebendig gefühlt. Doch ich wusste einfach nicht, was ich jetzt tun sollte. Wäre Ally ein Junge, dann hätten wir jetzt vermutlich einfach Händchen gehalten und uns verliebte Blicke zugeworfen oder was auch immer man dann tat. Aber mit Ally traute ich es mich nicht. Ich wusste, dass Simon wusste, dass Ally auf Frauen stand und ich glaubte auch, dass es ihm ziemlich gleichgültig war. Vielleicht hatte er selber schon mal einen Jungen geküsst? Taten betrunkene Jungs so etwas nicht? Simon tat es sicherlich nicht. Simon war zu rein, um einen Kuss so wenig bedeuten zu lassen.

Die Mauer, die ich mir über die letzten Jahre aufgebaut hatte hinderte mich daran mutig zu sein und mich nicht um die Meinung anderer zu kümmern. Die Meinung anderer... sie bedeutete mir so viel, manchmal alles. Aber ich wollte es. Ich wollte Ally zeigen, dass ich sie mochte, dass dieser Kuss eben etwas bedeutet hatte. Dass er mir vielleicht mehr bedeutet hatte, als sie es wusste.

Ich blickte zu ihr nach vorne. Sie hatte sich auf den Beifahrersitz gesetzt und die bisherige Fahrt über die Musik bestimmt. Ich wusste, dass sie absichtlich auf Abstand gegangen war. Sie hatte ihre überdrehte Art für mich fallen lassen und sich mir geöffnet und ich hatte sie zurückgestoßen. Mich für ihre Nähe geschämt.

„Leute.", Simon drehte die Lautstärke der Musik herunter, bis sie nur noch ganz leise im Hintergrund zu hören war und Hozier von Kirschwein und der Liebe seines Lebens bloß noch flüsterte. Erst da viel mir auf, wie leise wir drei gewesen waren und wie drückend die Stille zwischen uns hing. „Ich bin nicht blöd.", stellte er fest.

Ally und ich schwiegen. Ich wusste nicht, weshalb Ally nichts sagte oder nicht begann diese eine offensichtliche Sache abzustreiten, auf die Simon anzuspielen schien. Ich für meinen Teil wollte wissen, was er jetzt sagen würde, ich wollte seine Meinung hören. Ich hatte keine Nerven mehr, noch länger davon zu laufen. Das wäre mir tausendmal lieber, als die Situation schön zu reden oder weg zu lügen. Wir waren ein seltsames Grüppchen, aber wir waren ehrlich zueinander.

„Ich weiß ja wirklich nicht, was ihr jetzt von mir hören wollt, deshalb sage ich jetzt einfach was ich denke. Wenn ihr nicht zugebt, wer ihr seid und dazu steht, wen ihr liebt, dann werdet ihr nie wirklich glücklich werden. Frieden mit den Menschen um sich herum ist eine Sache. Frieden mit sich selbst eine ganz andere. Was euch wichtiger ist werde ich euch nicht vorschreiben, weil ich kein Psychologe bin, aber ihr könnt euch euren Teil vermutlich selber dazu denken.", erläuterte er. Ich saß verspannt in meinem Sitz, die Schultern leicht hochgezogen, als würde ich darauf warten, dass er nun mit der Strafrede herausrückte. Doch das tat er nicht. Er war nicht wütend, er war nicht angeekelt, er war nicht enttäuscht. Es war einfach Simon. Ich war erleichtert, obwohl mich seine Reaktion nicht einmal wirklich hätte überraschen sollen. Die fiesen dunklen Gedanken. Kopfsache.

„Ach ja, und nur für den Fall, dass ihr aus irgendeinem unerklärlichen Grund an meinem Charakter zweifelt: Mir ist es scheiß egal, wen wer in diesem Auto küsst, aber haltet mich da bitte raus."

Zu Anfang hatte ich mich nicht getraut, etwas zu sagen und jetzt wusste ich nicht, was ich sagen sollte, denn: Was sollte man darauf schon erwidern. Es gab nichts mehr zu sagen. Außer vielleicht eine Sache, denn in diesem Auto galt schließlich ein unausgesprochenes Ehrlichkeits- und Offenheitsgebot.

Teenage YearsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt