KAPITEL SIEBEN

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Ungefähr eine dreiviertel Stunde, eine Chips-Packung, zwei Gummibärchen-Tüten und zwei Flaschen Cola später erspähte Ally endlich das lang ersehnte Schild.

Lake Louise: Übernachtung, Restaurant und Campingplatz

Inzwischen war es sechs Uhr abends und der Himmel verfärbte sich zu einem wunderschönen orange-rosa, vor dem sich die Berge erhoben. Ich war noch nie so nah an den Bergen gewesen. Um ehrlich zu sein, war ich noch nie weiter gereist, als bis in die Gemeinschaftswohnung meines Bruders in Calgary. Vielleicht faszinierten mich die Berge deshalb auch so sehr. Ich hatte sie einfach noch nie so nah gesehen, obwohl ich nicht einmal sehr weit davon entfernt wohnte. Oder besser gesagt: Gewohnt hatte. Nein! Bloß nicht daran denken, bloß nicht daran denken, du hast gerade so eine gute Zeit, beschwor ich mich selbst.

Wir folgten der Straße und den Schildern, die uns an den ganzen Besucherzentren, Parkplätzen und Hotels vorbei und auf eine schmälere Straße führten, die links und rechts von hohen Tannen und Kiefern und anderen Bäumen bewachsen war.

Da es bereits Herbst war und die Nächte länger wurden fing es bereits an zu dämmern und aus dem Wald wich ein dunstiger Nebel, der dem ganzen eine mysteriöse Stimmung verlieh. Und genau in der Schneise, die die Straße in die Bäume schnitt erhoben sich in der Ferne die Berge.

„Bist du dir sicher, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind?", fragte ich Simon nach einer Weile skeptisch. Wir waren jetzt schon eine Zeit lang auf dieser Straße gefahren und hatten keine weiteren Schilder oder Abzweigungen gesehen und ich begann mir Sorgen zu machen, dass wir vielleicht die richtige Ausfahrt verpasst hatten. Im Rückspiegel konnte ich sehen, wie Simon darauf nur die Stirn runzelte und schief grinste. Cool, er wusste es also auch nicht und wir fuhren gerade nur auf gut Glück weiter.

Doch in diesem Moment kamen endlich die ersehnten Schilder an einer Abzweigung, die uns sagten, dass wir tatsächlich noch auf dem richtigen Weg waren. Von da an dauerte es nicht mehr lange und wir kamen an einer Siedlung mit roten Bungalows vorbei, die wie ein Miniaturdorf angelegt worden waren. Einerseits sah es ja ganz süß aus, aber andererseits hatte ich mit diesem ganzen Touristenquatsch noch nie wirklich viel anfangen können.

Als wir um die nächste Kurve fuhren begann die Straße auf einmal anzusteigen und Simons altes Auto hatte etwas mit der schweren Ladung zu kämpfen. Es tauchte eine weitere Hotelsiedlung zwischen den Bäumen auf und verschwand wieder hinter uns und dann endlich hatten wir unser Ziel erreicht.

„Bravo. Ich dachte schon dieses ewige herum gekurve würde nie enden, mir ist schon ganz schlecht.", kommentierte Ally ihre Ankunft auf ihre trockene Art mit einem Grinsen. Dass ihr schlecht war, war nach den ganzen Gummibärchen auch kein wunder, befand ich.

Die Straße zweigte sich Y-förmig auf und Simon blinkte links, um auf einen bereits relativ vollen Parkplatz zu fahren, der zwischen einigen Sträuchern hervor lugte. Wir hatten Glück, dass viele der Besucher, die nur tagsüber hergekommen waren den Park jetzt wieder verließen und uns Parkplätze frei machten, sodass Simon schnell eine schöne Lücke in einer Ecke weiter hinten fand.

Wir stiegen aus und ich streckte meinen verkrampften Rücken erst mal ausgiebig. Bildete ich mir die knackenden Knochen dabei nur ein? Auch Ally und Simon stöhnten zufrieden, als sie endlich von ihren Sitzen aussteigen konnten.

„Verdammt. Ich fühle mich wie ein 90-jähriger Opa.", seufzte Simon, als er um das Auto herum zum Kofferraum schlurfte, um ihn zu öffnen.

„Das Gute ist", meinte er, während er den Kofferraumdeckel öffnete, „dass das das Auto meiner Mutter ist. Das heißt, wir sind bestens für alles Mögliche vorbereitet, weil sie einfach immer alles dabei hat, was man im entferntesten auf einer Autofahrt brauchen könnte.", eröffnete er uns.

Teenage YearsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt