FREMDE GEDANKEN

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Contentwarnung: Solltest du sensibel auf Themen wir Kriegstraumata, PTSD und Selbstverletzung reagieren, dann überspring diesen Teil einfach!

Einige Jahrzehnte zuvor.

Erica war 24 gewesen, als sie Kurt im Waschsaloon ihrer Eltern kennengelernt hatte. Mit einem riesigen Korb dreckiger Kleidung war er durch die Tür und direkt in ihr Herz eingetreten und sie hatte gewusst, dass es niemals jemand anderen außer ihm geben würde. Eigentlich hatte sie nie an Liebe auf den ersten Blick geglaubt und sich von romantischen Empfindungen im generellen fern gehalten, aber gegen das was dieser Fremde in ihr auslöste hatte sie keine Waffen.

Kurt war 23 gewesen als er – frisch umgezogen und total verloren in der Masse an Beton, die sich Toronto nannte – in diesen kleinen und leicht schäbigen Waschsaloon getreten war und direkt in die Arme eines wunderschönen Mädchens.

Erica hatte zu beginn nicht gewusst, was Kurt vor ihr alles erlebt hatte und was er mitsamt seiner Wäsche in den Waschsaloon und ihr Herz getragen hatte. Erica hatte sich das Ausmaß seines Schmerzes nicht vorstellen können, das ihn erdrückte, ertränkte, erstickte und erwürgte. Die exemplarisch sinnbefreite und radikale Zerstörung die an seinem zarten Körper statuiert worden war. Der Krieg, den er durchlitten hatte und von dem er sich nicht zu trennen vermochte.

Kurt war überrascht gewesen wie simpel die Liebe sein konnte, wo das Leben so schwer war. Stundenlang konnte er neben Erica auf der Matratze in seiner Einzimmerwohnung liegen, ihr dabei zusehen, wie sie eine Zigarette nach der anderen in die Luft blies und sich nicht für ihn schämte und ihn nicht sich selbst schämen lies, wenn der Terror der Vergangenheit seine Sicht trübte und nichts als endlose Dunkelheit, tropische Hitze, Blut, Todesschreie und zerrissenes Fleisch in seinem Kopf erlaubte und alles was half war, mit den Spitzen seiner Nägel Risse in seine Haut zu ziehen, bis sein Rücken, seine Arme und seine Rippen bluteten und der Schmerz dafür sorgte, dass er wieder die Matratze unter sich und Erica neben sich zu spüren vermochte, die ihn hielt und streichelte und wartete. Immer wartete. Immer da war.

Nichts war perfekt, selbst als sie Jahrzehnte später ihren gemeinsamen Traum erfüllten und mit ihrem kleinen Wohnmobil die ganze Welt für sich zurück eroberten. Die Welt war kaputt und sie waren es auch, doch das war okay so, solange sie einander hatten.


Teenage YearsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt