3. Mein Liebster

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»Komm rein«, sagte ich schüchtern lächelnd, was Neo sich nicht zwei Mal sagen ließ. Er huschte an mir vorbei und ehe ich die Tür geschlossen hatte, lag er auch schon völlig entspannt in meinem Bett.

»Ich hoffe, du magst Jurassic Park, das war tatsächlich der einzige Film, den wir noch als DVD hier im Büro rumliegen hatten«, schmunzelte er und zeigte mir das Cover, auf dem das altbekannte Bild von Jurassic Park abgebildet war. Nicht unbedingt einer der Filme, die ich liebte, aber immerhin kannte ich ihn schon und er war nicht gruselig. Ein Horrorfilm hätte mir jetzt wahrscheinlich das Genick gebrochen.

»Außerdem hatte ich keine Ahnung, was du magst, deswegen habe ich einfach den halben Snackautomaten geplündert und mitgebracht.« Neo deutete auf die Tütchen, die neben ihm auf dem Bett lagen, und ich schielte über die Verpackungen. Ein paar Süßigkeiten davon aß ich, aber ich hatte keinen Appetit mehr und mir würde wohl der Film reichen.

Ich folgte ihm und setzte mich auf die Bettkante neben Neo, bevor ich realisierte, dass wir noch ein Medium brauchten, auf dem wir den Film abspielen konnten.

»Ich weiß gar nicht, ob mein Laptop ein CD-Laufwerk hat, ansonsten müsste ich Millie fragen«, sagte ich und erhob mich wieder, um aus meiner Arbeitstasche den Laptop zu ziehen. Glücklicherweise fand ich nach einigen Malen Drehen auch den CD-Schlitz und ging damit zurück zu Neo, der es sich gerade wirklich mehr als bequem auf meinem Bett machte. Der Typ war wirklich extrem offen und machte sich überhaupt keine Platte um gar nichts.

»Hat's?«, fragte er und sah mich begeistert an, als ich nickte. »Nice!«

Ich blinzelte einige Male, denn seine Euphorie über solch winzige Dinge war mir fremd. Ich wusste gar nicht, wann ich mich das letzte Mal wirklich über etwas gefreut hatte. Neo schien meine Verwirrung zu bemerken und lachte leise.

»Tut mir leid, das ist der Umgang mit den jungen Menschen, da schnappe ich immer solche Worte auf und schwupps, sind sie Teil meines Wortschatzes.« Er klopfte neben sich, damit ich es mir ebenfalls bequem machte, aber ich hatte etwas Respekt vor dieser ungewohnten Situation und wollte nicht sofort den wenigen Abstand zwischen uns, der sich sowieso schon durch das kleine Zimmer ergab, überbrücken.

Ich suchte mir wieder meine Ecke auf der Bettkannte und stellte den Laptop so auf, dass wir beide gut aus dieser Position sehen konnten. Neo schien etwas enttäuscht darüber, dass ich so weit weg saß, denn als ich meine Hand nach der DVD ausstreckte, überreichte er sie mit einem traurigen Schmollmund. Ich verzog irritiert das Gesicht, dann schüttelte ich kurz den Kopf und legte die DVD ein, nachdem mein Laptop hochgefahren war.

»Wieso bist du eigentlich traurig?«, fragte Neo dann, wahrscheinlich wurde ihm das Schweigen zwischen uns unangenehm. Ich zuckte mit den Schultern und machte eine wegwerfende Handbewegung, aber Neo ließ nicht so leicht locker. »Millie vermutete-«

»Millie vermutet viel, wenn der Tag lang ist«, unterbrach ich Neo schnippisch, und obwohl ich mir sofort die Hand vor den Mund hielt, war es mir wahnsinnig unangenehm, dass Neo so etwas von mir hören musste. Ihn schien das aber weniger zu kümmern, denn er lachte plötzlich leise und tätschelte einfach ohne zu zögern meine Schulter.

»Keine Sorge, ich glaube, sie meint es gar nicht böse. Du liegst ihr sehr am Herzen, das merkt man.« Er zog seine Hand zurück und ich richtete meinen Blick wieder starr auf den Bildschirm. Fieberhaft und mit leicht zittrigen Fingern versuchte ich, diesen blöden Film zum laufen zu bekommen, aber ausgerechnet heute hatte mein Laptop keine Lust, genau das zu tun, was ich von ihm wollte.

Neo schien meine Probleme zu bemerken, denn er richtete sich aus seiner gemütlichen Position wieder auf und beugte sich sehr, wirklich sehr nah zu mir, um mir über die Schulter zu schauen.

Four Nights (ManxMan)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt