16. ma puce

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»Ich begleite dich«, sagte Neo und erhob sich. Millie lächelte mild und lehnte sich zurück, denn sie wusste, dass sie ihre Arbeit getan hatte und jetzt ihren Abend in Ruhe ausklingen lassen konnte, ohne mir weinerlichen Jammerlappen ständig zuhören zu müssen, wie ich mich über mein Gefühlschaos ausließ. Irgendwie war ich auch dankbar, dass sie manchmal so unaufhörlich anstrengend war.

»Okay«, antwortete ich, dann wartete ich darauf, dass Neo sich erhob und mit mir zum Speisesaal gehen würde, wo zu meiner Zufriedenheit immer frisch gebrühter Kaffee bereit stand. Sobald er stand, ergriff er meine Hand und lief gemächlich mit mir nach drinnen.

»Hat dich die Frage so beschäftigt?«, wollte er von mir wissen. Ich zuckte nur etwas verlegen die Achseln, denn eigentlich brannten mir viel schlimmere Fragen auf der Seele.

»Ein wenig«, gestand ich. »Eigentlich wusste ich das schon, und du sicherlich auch, aber Millie muss immer alles bis ins kleinste Detail wissen. Am besten erzählst du es ihr, bevor du es selbst weißt.«

Neo lachte leise und nickte zustimmend. Ich vermutete, dass er Millie mittlerweile selbst so gut kennen gelernt haben, um zu erkennen, dass Millie die größte Klatschtante der Welt war.

»Ja, da hast du wohl recht. Aber ich finde es nicht schlecht, mit offenen Karten zu spielen. Ich hasse nichts mehr als nicht aufrichtig zu sein.« Sofort rutschte mir das Herz in die Hose und ich wurde bleich. Super, dass ich ihn gerade eine der größten Lügen überhaupt auftischte. Ich war eigentlich nicht zu haben, und trotzdem gingen wir gerade Händchenhaltend über den Flur, um mir einen Kaffee zu besorgen.

»Was machen wir, wenn ich übermorgen fahre?«, fragte ich, um vom Thema abzulenken. Neo runzelte die Stirn und verzog das Gesicht, als würde er gerade eine Lösung für unsere große Distanz suchen. Aber etwas anderes, als sich erst einmal auf eine Fernbeziehung einzulassen, fiel mir eigentlich auch nicht ein.

»Ich weiß es ehrlich gesagt nicht«, gestand Neo und ließ meine Hand los, um eine Kaffeetasse zu nehmen und aus der Thermoskanne die heiße Flüssigkeit einzuschenken, da wir mittlerweile im Speisesaal angekommen waren. »Ich kann versuchen, demnächst noch einmal Urlaub zu bekommen, damit wir uns sehen können, aber als Lehrer ist es dir wahrscheinlich etwas häufiger möglich, mich zu besuchen. Ferien habe ich leider nicht.«

»Ich kann meine Unterlagen ja mitnehmen und mich bei dir auf den Unterricht vorbereiten. Du hast in den Ferien sicher auch eine Menge zu tun, oder?« Neo reichte mir die Tasse, die ich dankend in meine Hände nahm. Der Duft ließ mich zufrieden seufzen und ich nippte vorsichtig an dem Kaffee, der mal wieder hervorragend schmeckte und den Sturm, der in mit wütete, zumindest etwas beruhigte.

»In den Ferien, ja, ziemlich. Dann bieten wir hier auch Betreuungscamps für Kinder an, deren Eltern sich in der Zeit nicht um sie kümmern können, weil sie arbeiten müssen.« Auch Neo nahm sich eine Tasse mit Kaffee, was zum Ende hin aber eher ein Milchkaffee war. Oder Milch mit Kaffee-Aroma? Ich musste leise darüber lachen, was mir einen verwirrten Blick einbrachte.

»Was ist los?«, fragte der Jüngere sichtlich verwirrt, sah sich um, dann an sich hinab, um den Auslöser für mein vergnügtes Gekicher zu finden. »Habe ich irgendwas?«

»Ich fand es nur lustig, dass ich meinen Kaffee am liebsten schwarz trinke, und bei dir fast gar kein Kaffee in der Tasse ist.« Neo sah in seine Tasse, dann in meine, bevor er ebenfalls leise anfing zu lachen. Es machte mich so glücklich, ihn lachen zu sehen. Vielleicht sollte ich Freitag gar nicht nach Hause fahren. Ich stellte meine Tasse ab, um eine Hand an seine Wange zu legen, dann streckte ich mich und gab ihm einen zarten Kuss auf die Lippen, woraufhin seine Augen zu leuchten begannen.

»Wie viel Zeit haben wir noch bis zum Lagerfeuer?«, murmelte ich, als Neo seinen Kaffee ebenfalls zur Seite stellte und eine Hand an meine Seite legte, um diese sanft zu streicheln.

Four Nights (ManxMan)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt