Kapitel 35 - Auf eigenen Beinen

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Knapp eine Woche später klingelte es an der Tür. Mit einemseufzen stand Ginny von dem Sofa auf und kassierte dafür einen mahnenden Blick von Harry, der auf dem Boden des Wohnzimmers saß und mit James spielte.

„Guck mich nicht so an", erwiderte Ginny als sie aufstand. „Meine strikte Bettruhe ist vorbei."

„Ich hätte auch gehen können", murrte ihr Mann.

Ginny zuckte daraufhin mit den Schultern und ging in den Flur, um die Tür zu öffnen. George und Angelina mit Freddie auf dem Arm standen dort.

„Hey, warum kommt ihr nicht durch das Flohnetzwerk?", fragte Ginny und zog die Augenbrauen hoch.

George grinste. „Freddie hasst das Flohen also haben wir ihm gezeigt, dass apparieren noch schlimmer ist."

Seine Schwester lachte auf. „Ihr verdient echt den ‚Eltern des Jahres' Preis."

„Ja, ne?", erwiderte Angelina und trat hinter ihrem Mann in das Haus der Potters. Harry war mittlerweile auch in den Flur getreten und begrüßte seinen Neffen.

„James ist im Wohnzimmer", sagte er zu ihm. „Er wartet schon auf dich."

Freddie zögerte nicht lange und lief so schnell, wie seine kurzen Beinchen ihn tragen konnten, in das Wohnzimmer zu seinem Lieblingscousin. Harry richtete sich wieder auf und begrüßte auch George und Angelina. Ersterer drückte ihm eine Flasche Wein in die Hand und folgte seiner Schwester in das Wohn- und Esszimmer, wo bereits der Tisch gedeckt war.

„Ich dachte du hast noch Bettruhe, Gin-Gin", bemerkte George und musterte seine Schwester von oben bis unten. Wie ich sehe, stehst du wieder auf eigenen Beinen."

Diese verdrehte die Augen. „Du hörst dich schon an, wie Harry. Außerdem mache ich nicht mehr als kurze Strecken im Haus herumzulaufen, was ich übrigens auch darf. Den Rest der Zeit liege ich brav auf dem Sofa oder im Bett", entgegnete sie. „Und ich entschuldige mich auch für mein Aussehen. Ich habe vor zweieinhalb Wochen ein Kind gekriegt, Jeans sind noch nicht drin."

Sie deutete an sich herab. Ginny trug eine schwarze Leggings und ein Top, welches sich gut zum Stillen eignete. Es lag eng an und dadurch konnte man noch ihren rundlichen Bauch sehen, der noch nicht ganz zurückgegangen war. Darüber hatte sie sich eine Strickjacke geworfen.

„Glaub mir, Ginny, ich verstehe dich. Ich habe Monate nach Freds Geburt gebraucht, um wieder Jeans anzuziehen. Nicht, weil ich da nicht vorher wieder reingepasst habe, sondern weil die meisten Jeans an den falschen Stelle zu eng sitzen", warf Angelina ein und setzte sich an den Tisch neben ihren Mann. „Ich bewundere dich echt dafür, dass du schon wenige Wochen nach James' Geburt wieder Jeans getragen hast, auch wenn es weit sitzende Jeans waren."

Albus fing in dem Moment an zu schreien und Harry ging zu dem Stubenwagen, der ebenfalls im Wohnzimmer stand, rüber, hob ihn auf seinen Arm und brachte ihn rüber zum Tisch. Ginny hielt ihre Arme nach ihm ausgestreckt, nachdem sie ihr Top so gerichtet hatte, dass Al gestillt werden konnte. Anfangs war es ihr etwas unangenehm gewesen vor anderen Leuten, die nicht Harry waren, zu stillen, aber mittlerweile war es ihr mehr als egal. Schon bei James, der immer mehr als Hunger hatte und über ein Jahr lang gestillt wurde, war es unvermeidbar vor anderen Leuten zu stillen. Und wenn es einen in ihrer Familie gestört hätte, hatte zumindest niemand etwas gesagt.

Auch George ließ sich davon nicht beirren. „Und wie ist das Leben mit meinem neusten Neffen so?"

„Eigentlich ganz gut", erwiderte Ginny und schaute auf ihren Sohn herunter. „Dein ältester Neffe ist im Gegensatz ein einziger Tyrann."

Angelina drehte sich zu Freddie und Jamie um, die auf dem Boden spielten. „Er sieht doch ganz friedlich aus."

„Jetzt spielt er auch den Engel, aber er ist ziemlich verärgert darüber, dass Mummy ihm nicht hinterher durch das Haus rennen kann und sich nur von dem Sofa zum Tisch und vom Tisch wieder zum Sofa und vom Sofa wieder ins Bett bewegen darf", erklärte Harry und nahm neben seiner Frau Platz. „Wir sollten uns Freddie mal öfters ausleihen, damit Jamie mit jemandem spielen kann." Er griff nach der Flasche Wein, die Angelina und George mitgebracht hatten und schenkte den beiden und sich etwas ein.

Ginny schaute etwas mürrisch auf ihr Glas Kürbissaft. „Ich vermisse Alkohol!", sagte sie und nahm einen Schluck. Nicht, dass Kürbissaft nicht gut schmeckte oder, dass sie Alkohol zum Überleben brauchte. Aber sie hatte in den letzten Monaten einiges erlebt und gerade in den letzten Wochen einiges durchmachen müssen. Zu einem Feuerwhiskey würde sie am liebsten nicht nein sagen. Doch sie durfte nicht. Neun Monate nicht, weil sie schwanger war und jetzt nicht nur, weil sie Al stillte, sondern weil sie noch Medikamente nahm, bei denen der Alkohol Konsum nicht gestattet war.

„Ich frage mich eh, wie du das so lange aushältst", bemerkte Angelina. „Das war für mich zumindest ein Vorteil als Freddie nur die Flasche nehmen wollte."

„Es ist nicht so schlimm und in ein paar Monaten darf ich auch wieder. Man soll nur nicht direkt nachdem man etwas getrunken hat das Baby füttern, deswegen geht das jetzt, abgesehen von meinen Medikamenten, noch nicht. Wenn Al seltener am Tag von mir gefüttert werden muss, dann kann ich auch wieder in kleinen Mengen trinken", erwiderte Ginny.

Harry lächelte seine Frau an, stand auf und teilte mit, dass das Essen in wenigen Minuten fertig sein würde. Mit diesen Worten verließ er das Wohn- und Esszimmer und ging in die Küche.

Albus war derweil mit seiner Mahlzeit fertig, also richtete Ginny ihr Top und hielt ihn Harry, der wieder zurückgekommen war, entgegen und reichte ihm ein Tuch, welches dieser sich über die Schulter hing. Auch was sowas anging waren sie ein eingespieltes Team; er versuchte ihr, so viel es ging abzunehmen. Harry wollte seiner Ginny nämlich nicht nur helfen, er wollte Vater sein – ein Vater, der genauso eingespannt war, wie seine Frau. Klar konnte er ihr in den neun Monaten ihrer Schwangerschaft nichts abnehmen, aber er konnte es ihr leichter machen und jetzt, wo das Baby da war, war er genauso für seinen Sohn zuständig, wie Ginny.

„Al ist so winzig", bestaunte Angelina und schaute Harry dabei zu, wie er mit Albus auf dem Arm auf und abging und ihn dabei liebevoll anschaute. „Und er ist so süß."

„Ja", stimmte George ihr zu. „ich hätte echt nicht gedacht, dass ein Baby, das von Harry kommt, so süß sein könnte. Deswegen immer noch meine Theorie, dass es gar nicht seins ist."

Wären keine Kinder anwesend, hätte Harry seinem Schwager wahrscheinlich den Mittelfinger gezeigt, doch stattdessen grinste er und streckte ihm nur kindlich die Zunge heraus. Dann ging er zu George hin und reichte ihm, ohne etwas zu sagen Albus.

„Ich gehe das Essen holen", verkündete er dann und verschwand wieder.

„Oh Angie, ich will noch eins", sagte George verzaubert als er seinen Neffen auf seinem Arm begutachtete.

Ginny lachte leise, während Angelina einen Schluck von ihrem Wein nahm. „Frag mich in einem Jahr nochmal."

BELIEVING (until the end) - Hinny FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt