Kapitel 38

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Devin musste zugeben, dass er tatsächlich Hunger hatte. Dazu kam der verführerische Duft, der von den Steaks aufstieg und seine Nase kitzelte.

Ach, was soll's. Auf der Wolfsburg würden sie mich jetzt in einen Wagen verfrachten und nach Lunapolis karren. Blöde Mondwölfe.

Er legte sich ein Steak auf den Teller und schnitt ein winziges Stück davon ab. Er schob es sich in den Mund und kaute vorsichtig darauf herum. Doch alle Befürchtungen waren umsonst. Es war ein Steak, mehr noch, es war ein fantastisches Steak.

»Mmmh! Also, kochen könnt ihr Blutsauger! Das ist ja köstlich!«

Mit großem Appetit verschlang Devin nun größere Stücke.

»Wollen wir nicht mit den Beleidigungen aufhören, Hundchen? Ich bin Caleb.«

Ist vielleicht nicht gerade das Schlaueste, Kyles Entführer zu reizen. Außerdem ist es wirklich albern.

»Ich bin Devin.«

Er säbelte sich einen neuen Bissen von seinem Steak ab und legte sich ein weiteres auf den Teller. Wenn man ihm schon so viele Arten Steaks servierte, wollte er sie wenigstens mal alle durchprobieren. Ihm entging nicht, dass sein Gegenüber genießerisch schnupperte und sehnsüchtig seinen Teller betrachtete.

»Möchtest du auch etwas?«

Der Vampir schüttelte den Kopf.

»Danke, aber das geht nicht. Ich vermisse es nur manchmal. Der Geruch ist noch wie früher, aber der Geschmack ist furchtbar. Unser Körper verträgt nur eine ganz bestimmte Diät«, erklärte Caleb und trank von seinem Blut.

»Brr, ekelhaft!«, entfuhr es Devin.

»Du isst Tierleichen. Auch nicht appetitlicher«, entgegnete Caleb mit einem Achselzucken.

Schweigend aß Devin weiter und musterte seinen Entführer. Er musste zugeben, dass er wenig mit den Schauergeschichten gemein hatte, die er als Kind gehört hatte. Schrecklich aussehende Monster, die wehrlose Wolfswelpen entführten und abscheuliche Dinge mit ihnen anstellten. Sein Gegenüber war ein blonder, gutaussehender, junger Mann, der etwa in seinem Alter zu sein schien und einen zivilisierten Eindruck machte. Devin wusste, dass dies täuschen konnte, Mad Bob hatte immer wieder darauf hingewiesen, dass diese Kreaturen außerhalb der Zeit stünden, mit ihrer Verwandlung würden sie aufhören zu altern. Dennoch wirkte Caleb auf ihn erschreckend normal. Andererseits sah man ihm in Menschengestalt ja auch nicht den Wolf an. Zeit, sich Gedanken über das weitere Vorgehen zu machen. Zu seiner Beruhigung spürte er via Matelink, dass es Kyle gut ging, er war also nicht in unmittelbarer Gefahr. Er nahm einen letzten Bissen, tupfte sich den Mund mit der Serviette ab und schob seinen Teller mit einem bedauernden Blick auf die Reste von sich.

»Also, wie läuft das jetzt weiter ab?«

»Ich werde ruhen bis zum Sonnenuntergang, danach fahren wir zu Marcus und deinem Mate. Ich vertraue darauf, dass du keinen Blödsinn machst, denn wir haben deinen Mate in unserer Gewalt. Außerdem steht eine Wache vor der Tür.«

Die Rädchen in Devins Kopf begannen zu rattern.

Er hat ein Handy. Und Mad Bob hat immer gesagt, dass diese Wesen den Tag in Totenstarre verbringen. Vielleicht kann ich ihm das klauen und jemanden Bescheid geben ...

»Ich dachte, ich bin euer Gast. Bedroht ihr immer eure Gäste?«

»Das kommt auf den Gast an«, antwortete Caleb und grinste. Er schenkte sich nach und kippte den Inhalt des Glases hinunter. »Du kannst ja fernsehen oder auch etwas schlafen, wie du willst.«

Er nahm sein Glas und die Karaffe mit Blut und stellte sie auf den kleinen Nachttisch. Dann warf er sich aufs Bett und schloss die Augen. Verblüfft schaute ihm Devin zu. Er lag wirklich da wie eine Leiche, atmete nicht einmal. Devin schaltete den Fernseher ein und schaltete auf irgendeinen Nachrichtenkanal.

Erst einmal abwarten.

Nach einer halben Stunde hielt es Devin für sicher. Der Vampir hatte sich keinen Millimeter gerührt. Er probierte das Zimmertelefon aus, aber sobald er abgehoben hatte, meldete sich die Rezeption. Enttäuscht legte er wieder auf.

Dann zu Plan B.

Leise schlich er näher und versuchte, sich zu erinnern, wohin Caleb vorhin das Handy gesteckt hatte. Vorsichtig schob er seine Hand in die linke Hosentasche und tastete nach dem Telefon. Dabei ertastete er nicht nur das Handy, sondern auch weitere edle Teile. Eine Hand umschloss sein Handgelenk und der Vampir schlug die Augen auf.

»Was wird das, wenn's fertig ist?«, brummte Caleb und schaute ihn fragend an.

»Ähm ... ich ... äh ...«, stotterte Devin und fühlte sich ertappt. Eigentlich hätte er es sich denken können. Während ihres Essens war ja auch schon Tag gewesen und von Totenstarre keine Spur. Ihm dämmerte, dass Mad Bob vielleicht nicht die verlässlichste Quelle war, was Vampire anging.

Caleb holte das Handy aus der Tasche und schob es sich vorne in die Unterhose.

»Da merke ich garantiert, wenn du wieder telefonieren willst.«

Er schloss die Augen und lag so unbeweglich da wie eine Minute zuvor.

So eine Pleite! Dann werde ich wohl oder übel doch abwarten müssen.

Missmutig stapfte er zur Couch und legte sich hin.

Wolfswandler III: ZeitenwandlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt