Kapitel 47

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Während bei den Werwölfen die Nacht immer friedlicher wurde, konnte Caleb das im Zimmer gegenüber nicht behaupten. Wie von ihm vorhergesagt, kam Sorin kurze Zeit später in seiner Vampirgestalt fuchsteufelswild zurück. Seine Augen waren blutunterlaufen und seine Vampirhauer voll ausgefahren. Das Brummen des Whirlpools aus seinem Appartement, das auf dem Flur zu hören war, hatte seine Laune nicht verbessert.

»Ich bringe diesen Köter um!«, fauchte er.

»Nein. Das würde meine Pläne empfindlich stören«, stellte Marcus mit einer Gemütsruhe fest, die Sorin nur noch mehr aufbrachte.

»Dann lass mich die Wölfe wenigstens auspeitschen! Drecksviecher!«

»Nein.«

»Verdammt! Ich muss mich irgendwie abreagieren!«

Es klopfte und Lucien trat ein.

»Herr, ich habe Eure Anweisungen weitergegeben. Der unterirdische Teil wird bei Sonnenaufgang abgeriegelt und die Vorbereitungen für ›Quecksilber‹ werden getroffen.«

»Danke, Lucien.«

»Warum das denn so plötzlich?«

Sorin war sichtlich überrascht und vergaß sogar seinen Wutanfall für den Moment.

»Ich habe so ein Gefühl, dass es notwendig wird. Packt eure Sachen bis zum Sonnenuntergang. Danach werden wir aufbrechen.«

»Ist Jamaal schon fertig mit seinem IT-Kram? Wie sollen wir sonst Red Life steuern?«

»Das Wichtigste ist erledigt, stand in seinem letzten Bericht. Und der Rest ... ich bin sicher, es steigert seine Motivation, wenn wir überraschend vor Ort sind.«

»Weiß Lucretia von ihrem Glück?«

»Die informiere ich nachher.«

»Sie wird nicht begeistert sein.«

»Das Risiko muss ich eingehen.«

»Würde mir bitte jemand erklären, wovon ihr redet?«, meldete sich nun Derek zu Wort, der ähnlich verloren wie Caleb der Unterhaltung zugehört hatte.

»Herr, habt ihr noch einen Auftrag für mich?«, erkundigte sich Lucien.

»Nein, Lucien, im Moment nicht. Obwohl ...« Sein Blick ging kurz zu seinem Stellvertreter. »Sorin meinte gerade, er braucht etwas Ablenkung und ein Trainingskampf mit dem Hulk wäre genau das Richtige.«

»Aber unbedingt!«, stimmte Lucien begeistert zu.

Caleb kannte ihn als einen wortkargen Vampir, der im Normalfall keine Miene verzog, doch bei dieser Antwort blitzten seine Augen und ein gemeines Lächeln huschte über sein Gesicht. Offenbar freute er sich auf diese Aufgabe. Sorin dagegen sah weniger glücklich aus.

»Dann sehen wir uns in zehn Minuten in der Trainingshalle, Sorin«, sagte Lucien und verließ den Raum.

»Das werde ich dir heimzahlen!«, grummelte Sorin in Richtung Marcus und folgte ihm nach draußen.

»So, jetzt zu deiner Frage, Derek. Nachdem die unterirdische Sektion abgeriegelt wird, kann ja nichts mehr nach außen dringen. Wir haben vor Jahren ein großes Anwesen mit Herrenhaus und einem umzäunten Grundstück gekauft, aber bisher kaum genutzt. Es ist komplett eingerichtet, ich habe da auch schon zwei, drei Mal logiert, aber im Wesentlichen war es ungenutzt. Dort steht einer der Spiegelserver zu unserem Server hier, das war damals eine Idee von Jamaal und das hat mich darauf gebracht, Neckbite Manor zum Ausweichhauptquartier herrichten zu lassen. Das wir es so schnell in Anspruch nehmen, hätte ich auch nicht gedacht.«

Wolfswandler III: ZeitenwandlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt