Maybe I never was

Kleine Unfälle

„Woher hast du den blauen Fleck?", ich kann Beaus Stimme nicht einschätzen. Ich bin gerade dabei meinen Schuh zu binden und lasse mir somit noch Zeit, mir eine gute Antwort einfallen zu lassen. Aber auch als ich mein Shirt wieder so richte, dass man ihn nicht sieht, ist mir noch keine Antwort eingefallen.

„Ich hatte einen kleinen Unfall.", versuche ich mich raus zu reden.

„Der Unfall heißt aber nicht zufällig Jay?!", seine Stimme ist hart.

Verdammt, ich will den Namen nicht mehr hören, ich will an nicht mit ihm mehr erinnert werden.

 Flashback: Wie war ich hier überhaupt gelandet? Wäre ich ihm nicht gefolgt, dann hätte ich das Gespräch niemals mitbekommen. Ich kann meine Tränen nicht mehr zurück halten, wie kann es sein, dass ich nicht gemerkt habe, dass er mich gar nicht mag? Wie kann ich nur so naiv gewesen sein, zu glauben, dass ein Junge wie Jay, ein Mädchen wie mich mag. Ich bin werde groß, noch habe ich Monsterbrüste oder lange glatte blonde Haare, zumindest nicht in Natur.

Mir fällt wieder jeder Makel ein, den ich verfluche.

„Brings ihr so schlimm wie möglich bei, ich will das sie leidet.", ist das sein Ernst? Wer ist der Kerl und warum hasst er mich so sehr? Wie kann man mir so etwas antun, wer würde mir so etwas antun wollen?

„Alles klar, ich strenge mich an.", Jay lacht.

„Vielleicht bekommst du sie ja vorher noch ins Bett.", fügt der Fremde hinzu.

„Das hoffen wir doch.", wie kann er nur so falsch sein?

Ich muss mich an der Wand festhalten, damit ich beim Laufen nicht hinfalle, ich fühle mich schwach, gebrochen, ausgenutzt, verarscht und noch so vieles mehr. Wie naiv war ich bloß gewesen?

Draußen angekommen warte ich auf Jay.

„Ich habe alles gehört, du brauchst es mir nicht zu sagen.", schreie ich ihn schluchzend zu, als er auftaucht. Ich bin völlig von meinen Gefühlen überflutet. Ich fühle jeden Schmerz, den ich jemals gefühlt habe.

Jede Angst, die ich jemals hatte, stürzt wieder auf mich ein.

Wie soll ein Mensch das ertragen.

Aber als wäre das nicht schon schlimm genug, ist Jay amüsiert.

Er setzt kleine Küsse auf meinen Nacken, ich will ihn wegschlagen, aber ich bin schwach.

„Kleine naive Taria.", flüstert er mir ins Ohr.

„Antworte mir.", zischt Beau durch die Zähne, er steht jetzt direkt vor mir und starrt mich wütend an. Der Junge hat mindestens genauso krasse Stimmungsschwankungen, wie ich.

„Nein, der ist nicht von ihm.", ich will seinen Namen nicht in meinen Mund nehmen.

„Aber er ist doch nicht von Mayx?", er kann sein Entsetzen in seiner Stimme nicht wirklich gut verbergen.

„Nein natürlich nicht. Ich sage doch, ich hatte einen Unfall.", erkläre ich ihm.

„Warum sagst du es mir nicht einfach?", ich bin völlig verloren in seinen blauen Augen.

„Ich bin in einer Kurve gefallen und das Bike auf mich rauf.", gebe ich irgendwann kleinlaut zu.

Seine Augen weiten sich und er blickt kurz irritiert.

„Du hast den Kerl echt im Griff.", stellt er fest.

Es klingelt und ich bin froh, dass ich gleich noch ins Training komme, so dass ich all die Wut aus mir rausboxen kann und Ablenkung bekomme. Danach treffe ich mich mit Eloy an der Bahn, vielleicht fahre ich eine Runde, denke ich mir grinsend, als ich zu Ace in den Wagen steige.

„Beau Taylor gibt uns Sportunterricht.", verkünde ich ihm.

„Habe ich schon gehört, er hat sich mit Eric geprügelt, der Trainier ist ausgerastet und zwingt die Beiden jetzt dazu.", erzählt er lachend.

Das macht einiges klarer.

„Ich komm übrigens doch nicht mit, weißt du wie du nach Hause kommst?", fragt er mich, als er anhält.

Ich nicke und bedanke mich bei ihm, er muss nicht wissen, dass ich nicht vorhabe, nach Hause zu gehen.

„Ohne Mayx?", fragt mich Leo.

„Er kann nicht.", erkläre ich ihm und konzentriere mich auf meinen Boxsack. Es ist längst nicht so gut, wie mit Mayx, aber es erfüllt seinen Zweck. Jedes Mal, wenn sich Jay in meine Gedanken schleicht, werden meine Schläge härter. Irgendwann rutsche ich ab und meine Hand wird mit einem stechenden Schmerz durchführt.

Scheiße, ich versuche es zu ignorieren, beschließe aber, dass ich besser aufhöre. Die kleinen Unfälle der letzten Zeit reichen mir eindeutig.