Kapitel 9

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Die nächsten Wochen gehen wie im Flug an uns vorbei.
Lia ist die meiste Zeit zu Hause.
Schlafen fällt ihr schwer.
Die meiste Zeit ist sie ziemlich genervt.
Die Beine und der Rücken tun ihr weh.

Und ich gehe weiter meinem Job als Fußballer nach.

Ich bin gerade mitten im Spiel, als auf einmal verkündet wird, dass ich ausgewechselt werde.
Verwirrt jogge ich vom Spielfeld.
Der Trainer winkt mich hektisch zu sich.

"Warum muss ich denn raus?" brülle ich über den Lärm hinweg.
"Deine Freundin liegt in den Wehen" antwortet er nur.

Meine Augen werden groß.
Ach du scheiße.
Ach du heilige scheiße.

Wahrscheinlich stehe ich da wie erstarrt, denn er gibt mir einen kleinen Schubs und scheucht mich Richtung Tunnel.

Ich ziehe mich vorher nicht um, sondern gehe direkt zum Auto.
Dort sitze ich dann erstmal eine Minute lang und versuche mich zu beruhigen.
Ich wusste ja das es jetzt schnell gehen kann.
Aber so schnell?

Schließlich fahre ich ins Krankenhaus.
Parkplätze sind zum Glück frei und schon renne ich die Treppe nach oben in Richtung Kreißsaal.

Nach Luft schnappend bleibe ich an der Anmeldung stehen.
Die Frau die dort sitzt sieht mich belustigt an.

"Folgen Sie mir" sagt sie dann und ich laufe ihr hinterher.

"Woher wissen Sie, wo ich hin muss?" ich versuche meine Atmung zu beruhigen.
"Ihre Freundin war sehr deutlich, was ihren Aufzug betrifft" belustigt mustert sie mein Trikot und die Stutzen.
Gut, leuchtet ein.

Wir biegen um eine Ecke und ich stolpere fast über meine eigenen Füße.
Ich kann Lia schon von hier aus schreien hören.
Oh Gott.

"Das ist normal" sagt die Frau von der Anmeldung, tätschelt mir den Rücken und schiebt mich dann in ein Zimmer.

"Ah, wie nett der Papa" die Hebamme lächelt mich an.

Lia sieht eher wütend aus.
Die Haare kleben ihr verschwitzt an der Stirn.

"Gut, die Wehen kommen jetzt in regelmäßigen Abständen" die Hebamme nickt dem Arzt zu.

"Hi" sage ich nur und stelle mich wie ein Idiot neben Lia.

"Nehmen Sie Ihre Hand" weist die Hebamme mich an.
Also ergreife ich Lias Hand fest.

"Bei der nächsten Wehe fangen Sie an zu pressen" die Hebamme sieht Lia an und kniet sich zwischen ihre geöffneten Beine.
Offenbar bin ich gerade noch rechtzeitig gekommen.

"Pressen" weist die Hebamme Lia an.

Lia schließt mit einem eisernen Griff ihre Hand um meine und drückt zu.
Oh verdammte scheiße.
Ich muss mir das fluchen krampfhaft verkneifen.
Das tut wirklich, wirklich sau weh.

"Sehr schön" sagt die Hebamme "Gleich nochmal."

Die Hebamme sieht mich an.
Offenbar sollte ich mal was aufmunterndes sagen.

"Du machst das wundervoll" sage ich deswegen und küsse Lia sanft auf die verschwitzte Stirn.
Und Lia?
Lia antwortet mit einem "Ich bring dich um Karim."

Offenbar ist das normal, denn keiner sagt irgendwas dagegen.

"Ich schwöre bei Gott" Lia beißt die Zähne zusammen, die nächste Wehe kommt "Ich hasse dich Karim."
Und ich tätschle nur wie ein Idiot ihre Hand.
Während sie schreit und schwitzt.

"Warum tust du mir das an?"

Und bei der nächsten Wehe bricht Lia mir glaube ich beinahe die Hand.
Mein Mund steht vor Schmerz wahrscheinlich weit offen.
Ihr Griff ist eisern.
Lia schreit.

"Noch einmal" sagt die Hebamme "Ich kann das Köpfchen sehen."

Danke Welt.
Lia ist total erschöpft.
Sie drückt ein letztes Mal fest meine Hand.

Dann zerreißt ein Lautes Gebrüll die Stille.
Lia lässt erschöpft den Kopf aufs Kissen sinken.
Sie atmet schwer.
Ich streiche ihr die Haare aus dem Gesicht.

Die Hebamme legt Lia das kleine Baby auf die Brust.
Und Lia beginnt zu weinen.
Schluchzend streicht sie dem kleinen Kerl über den nassen Kopf.

"Wer möchte die Nabelschnur durchtrennen?" wendet der Arzt sich an uns.
"Der Papa darf" antwortet Lia leise und sieht mich an.

Mein Mund wird trocken, als der Arzt mir eine Schere reicht und ich die Nabelschnur durchschneide.
Meine Hände zittern ein wenig.

Wow.
Das alles ist so surreal.

Die Hebamme nimmt Lia das Baby von der Brust, bevor sie es in ein flauschiges Handtuch wickeln und untersuchen.

Lia bringt die Nachgeburt hinter sich und schließt danach erschöpft die Augen.
Ich hebe ihr ein Glas Wasser vor den Mund und sie trinkt gierig ein paar Schlucke.

"Du hast es geschafft" sage ich sanft und küsse sie.

Die Hebamme kehrt zurück ins Zimmer.
"Es ist alles in Ordnung" sie lacht uns an.
Erleichtert atmen wir beide aus.

"Herzlichen Glückwunsch" sagt die Hebamme und kommt mit dem kleinen Bündel im Arm zurück ins Zimmer.

"Ziehen Sie am besten das Shirt aus, das schafft eine engere Bindung" sie sieht mich an.

Nickend streife ich mir mein Tshirt über den Kopf und setze mich wieder in den Stuhl.
Sanft legt die Hebamme mir das kleine Bündel in die Arme.

Und ich halte zum aller ersten mal meinen Sohn in den Armen.
Er schlägt die Augen auf.
Braun, wie meine.
Dichte Wimpern.

Ich streiche ihm sanft über die Wange.
Sein kleiner Mund verzieht sich zu einem Lächeln.
Gott ist das süß.

"Er ist wunderschön" flüstere ich leise und sehe Lia an.
Erschöpft liegt sie im Bett und nickt.
"Das ist er" antwortet sie dann und lächelt.

Ich sehe wieder auf meinen Sohn hinab.
Auf dieses super süße kleine Kerlchen.

Wahnsinn.
Ich bin Vater.

Wenig später wird das Baby Lia wieder auf die Brust gelegt.
Die Hebamme erklärt ihr, wie sie unseren Sohn richtig an die Brust legt und er trinkt das erste Mal.

Ich sitze stumm auf dem Stuhl neben ihrem Bett und beobachte Lia.

Gott.
Selbst jetzt ist sie wunderschön.
Sie strahlt die Erschöpfung einfach weg.

Unser Sohn liegt eng an ihre Brust gekuschelt.
Die Hebamme verlässt leise das Zimmer.
Ich stehe auf und lege Lia sanft einen Arm um die Schultern.
Sie lehnt ihren Kopf an mich.
Erschöpft aber glücklich.

Ich schaue auf sie und unseren Sohn hinab.

Ein Lächeln tritt auf mein Gesicht.
Ich habe jetzt meine eigene kleine Familie.

Lia schläft irgendwann ein.
Ich nehme unseren Sohn von ihrer Brust und wiege ihn sanft hin und her.

Und natürlich mache ich erstmal ein Foto.

Ich und Baby?
Ja das ist wirklich ein gewöhnungsbedürftiger Anblick.

(Ich brauche Namens Vorschläge für den kleinen 😅😂)

Highway to love | Karims VersionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt