Highway to love | Karims Version

Kapitel 4

Lia schläft am nächsten Morgen noch.
Ich lasse sie schlafen und gehe hundemüde zum Training mit Jude.

"Was denn mit dir passiert?" frägt Jude mich.
"Frag lieber nicht" antworte ich nur und jogge neben ihm her.
Wir haben uns zum joggen verabredet.

Ich bin unkonzentriert.
Meine Gedanken sind komplett wo anders.
Lia schläft seelenruhig bei mir zu Hause.
Schwanger.

Ich kann ja schlecht einfach zu Jude sagen, ach übrigens ich hab ne Frau geschwängert, ich werde Vater.
Außerdem weiß ich nicht, ob Lia das wollen würde und gibt man Schwangerschaften nicht erst offiziell in der 12. Woche bekannt?

Also jogge ich einfach schweigend neben Jude her, bis Jude sich verabschiedet und ich nach Hause laufe.

Während dem joggen habe ich einen Entschluss gefasst, den Lia hoffentlich gut finden wird.

Leise schließe ich meine Wohnungstür wieder auf und trete hinein, unsicher ob Lia noch schläft oder bereits wach ist.

Lia ist wach.
Sie sitzt am Küchentisch.
Das ganze dreckige Geschirr fehlt.
Der Herd ist geputzt.
Der Müll fehlt.
Frische Handtücher hängen überall.

"Danke" sage ich deswegen nur und lege meine Schlüssel auf dem Tisch ab.

Lia wirft einen Blick auf meine verschwitzten Klamotten.
Presst sich eine Hand auf den Mund und rennt ins Bad.

Also das ist mal eine Art mir zu sagen, dass ich duschen sollte.
Ich gehe ihr trotzdem hinterher.

Lia kniet über dem Klo und kotzt.
In irgendeinem Forum habe ich gestern Nacht gelesen, dass man am besten die Haare zurück halten und sanfte Kreise auf dem Rücken reiben sollte.
Also mache ich genau das.

Lia hört schließlich auf sich zu übergeben und setzt sich hin.
Ich helfe ihr aufzustehen und sie setzt sich auf die Badewanne.

"Sorry" sagt sie leise.
"Du musst dich nicht entschuldigen" sage ich sanft "Das wird noch ein paar Wochen so sein."

Lia sieht mich überrascht an.
"Ich hab mich gestern ein bisschen informiert" antworte ich verlegen.
Lia nickt.

"Wir müssen reden Karim" sagt sie dann und steht auf.
Ich folge ihr aus dem Bad zurück in die Küche.
Stelle ihr ein Glas Wasser hin und setze mich ihr gegenüber.

"Ich hab nachgedacht" beginne ich schließlich "Ich finde, du solltest hier einziehen."
Ich sehe Lia an.
Unsicher, was sie antworten wird.
"Das wäre glaube ich besser, ja" antwortet sie und dreht das Wasserglas in ihren Händen.
Wir können unmöglich zwischen Dortmund und Hoffenheim hin und her fahren, wenn wir ein Kind erwarten.
Und ich will sie bei mir haben.
Das ist meine Chance, eine richtige Familie zu gründen.
Es wäre idiotisch Lia nicht zur Freundin zu wollen.

"Ich würde gerne alles mitbekommen" sage ich leise und sehe sie an.
"Das ist dein Recht" antwortet sie.
"Ich möchte nicht, dass das hier zwischen uns komisch wird" ich greife nach ihrer Hand "Weil ich glaube, dass wird es gerade."
Das ganze gibt mir wirklich richtig komische vibes.
Wir berühren uns fast nicht.
Sie fühlt sich nicht wirklich wohl.

"Ich fühle mich einfach überfordert" antwortet Lia ehrlich, sie sieht mich an.
Und Gott, ich verstehe das so gut.

"Wir sind jung Karim. Als der Test positiv war, war ich geschockt. Ich hatte nicht erwartet schwanger zu sein. Aber es freut mich, dass du dein bestes geben willst."

Ein kleines Lächeln erscheint auf ihrem Gesicht, sie drückt meine Hand.

"Ich meine, wir bekommen ein Baby" ich lache leise "Wir werden eine kleine Familie, natürlich setze ich alles daran, dass das hier funktioniert" ich deute mit meinem Finger erst auf sie, dann auf mich.

Lia lächelt mich an.
Wir werden das schon irgendwie meistern.
Hoffentlich.

"Du kannst einziehen, wann du willst" sage ich schließlich.
"Danke" antwortet sie.

Schweigen.

"Darf ich ein Foto von dem Ultraschall machen?" frage ich leise.
"Natürlich" Lia zieht das Bild aus ihrer Tasche und hält es mir hin "Es ist dein Baby, Karim."

Zögerlich nehme ich das Bild aus ihrer Hand, lege es auf den Tisch und fotografiere es ab.
Sanft streiche ich über den kleinen Punkt auf dem Bild, Lia beobachtet mich.
Der Punkt ist wirklich kaum zu erkennen, so klein ist unser Baby.
Lias Name steht oben in der Ecke.
Und ich hoffe, das Baby wird Adeyemi heißen.

"Ich liebe es jetzt schon" sage ich leise.

Und Lia steht einfach auf und umarmt mich.
Überrascht mich.

Hoffnung keimt in mir auf, als ich meine Arme um sie lege.
Hoffnung, dass wir vielleicht ein richtiges Paar werden.
Richtige Eltern.

Eltern, die vielleicht sogar mal heiraten.
Eltern, die noch mehr hübsche kleine Babys zeugen.

Bei der Mutter können meine Kinder ja nur wunderschön werden.