𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 𝟷𝟺

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Romilias Körper war wie zu Eis erstarrt. Auch wenn sie klar hätte denken können, ihre Muskeln schienen einfach nicht auf sie zu hören.
Ihr Blick war starr auf die Todesser gerichtet, die einige Hogwartsschüler über sich in der Luft schweben ließen. Romilias Blick traf den einer über ihnen schwebenden Gryffindorschülerin, die verzweifelt mit den Armen ruderte. Ihr Gesichtsausdruck erschütterte Romilia in Mark und Bein. Die Schülerin hatte Todesangst.

Das rüttelte Romilia wieder wach. Sie musste ihnen helfen, schließlich könnte sie genauso gut daoben hängen. Bestimmt würde sie auch wollen, dass ihr jemand hilft.

Sie hatte kaum einen Schritt nach vorne gemacht, als jemand sie mit seinem Arm stoppte. Sie musste ihn nicht ansehen um zu wissen, dass es sich um Evan handelte. Sein Arm, und vermutlich auch der Rest seines Körpers, zitterte.
Evans Stimme klang gedehnt als er hauchte:"Du kannst ihnen nicht helfen, außer du willst sterben,"
Evan klang weit weg. Er schien nicht nur mit ihr zu sprechen, fiel Romilia auf. Er sprach auch mit sich selber.
Vor Rommilias Augen verschwamm alles und sie spürte die Tränen ihre Wangen hinunterrollen.

Evan schlang ihr, so sanft es ging, einen Arm um die Taille und drängte sie mit sich zwischen zwei Läden.
"Aber,"brachte Romilias Tränenverhangende Stimme zu stande.
"Schhhh, schon okay,"sagte Evan mit weicher Stimme und zog sie ein wenig näher zu sich.

Die beiden kamen an eine Reihe eingeschneiter Büsche, die den Rand Hogsmeads säumten.
"Wir sollten uns dahinter verstecken, komm schon."
Romilia wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte. Sollten sie sich verstecken während andere in Not waren? Einerseits hatte sie das Bedürfnis, sich vor der Gefahr zu verstecken, doch andererseits wollte sie den anderen Schülern helfend zur Seite stehen.
Evan schien ihre Gedanken zu lesen, denn er sagte:"Ich glaube nicht, dass irgendjemand, außer einem Auror, den anderen in diesem Moment eine Hilfe wäre."

Romilia folgte Evan hinter eines der größeren Gebüsche und zog ihren Zauberstab, nur für den Notfall. Evan zückte seinen ebenfalls und ließ sich hinter dem Busch in den Schnee fallen.  Romilia tat es ihm gleich, wobei sie versuchte sich so hin zu setzten, dass sie von den Blättern und Zweigen vollkommen verdeckt war. Auf einen Angriff hinter ihrem Rücken könnte sie wirklich verzichten.

Sie war wirklich überglücklich, dass Eloise und Annie entschieden hatten in Hogwarts zu bleiben. Andererseits wäre es Romilia nicht gelungen still zu sitzen und abzuwarten.

Eine lange Zeit saßen sie und Evan einfach nur wartend da. Ihren Zauberstab hatte sie mit beiden Händen so fest umklammert, dass ihre Knöchel schon weiß wurden.
Hinter und über ihnen zuckten rote, grüne und blaue Blitze hin und her und tauchten Romilia und Evan in grelles Licht.

Viele Menschen kamen in panischer Suche nach einem Versteck am Busch vorbei. Jedesmal wenn sie Schritte hörte, hielt Romilia die Luft an, doch niemand hatte bisher ihr Versteck gefunden.

Nach einer Weile, Romilia könnte schwören es wären Stunden gewesen, verstummten die meisten Schreie und es blitzte nur noch hier und da ein Zauber auf.
Romilia wollte aufstehen, doch Evan packte ihr Handgelenk, bevor sie überhaupt Anstallten machen konnte aufzustehen.

"Wenn du da jetzt raus gehst könntest du sterben,"zu ihrer Überraschung entdeckte sie den Anflug von Tränen in seinen Augen,"Milia, ich glaube nicht, dass du sterben möchtest. Und ich will es auch nicht. Ich könnte mir kaum etwas schlimmeres vorstellen. Ich will dich nicht dazu zwingen hier zu bleiben, also bitte bleib hier,"
Völlig verblüfft entspannte Romilia ihre Muskeln wieder, die sie angespannt hatte um aufzustehen, und wandte sich um damit sie Evan anblicken konnte.

"Aber es ist doch ruhiger geworden? Wahrscheinlich sind Auroren oder Ministeriums Leute aufgetaucht und haben die Todesser unter Kontrolle gebracht oder sie sind geflohen."wunderte Romilia sich.
Evan verzog das Gesicht. "Du verstehst nicht," setzte er an,"sie wollen, dass du das denkst. Sie wollen dass alle Leute in ihren Verstecken das glauben,"er seufzte und sah hinunter auf seine Finger, die nervös Linien in den Schnee malten. Dann fügte er mit geröteten Wangen und weitaus leiserer Stimme hinzu:"Das ist eine übliche Todesser-Strategie. Normalerweise überleben wenige, die damit konfrontiert wurden,"

Romilia schluckte. Sie glaubte sie müsse sich jeden Augenblick übergeben.
"Dann müssen wir die anderen in ihren Verstecken warnen!"
Evans Kopf schoss in die Höhe, seine Wangen noch immer gerötet:"Sag mal, hast du mir gerade zugehört? Die werden dich töten!"
"Aber sonst töten sie die anderen!"zischte Romilia. Sie lugte über einige Zweige in Richtung Hogsmead. Gerade war keiner zu sehen. Womöglich waren die anderen schlau genug nicht darauf herein zu fallen.

"Ja, Romilia,"sagte Evan energisch, der wohl langsam dabei war die Gedult zu verlieren,"im Krieg sterben Menschen! Auch Unschuldige, die eigentlich nichts damit zu tun haben! Krieg ist nunmal nichts schönes! Manchmal muss man abwarten und um sein eigenes Leben fürchten, statt immer anderen Leuten helfen zu wollen!"

Romilia hatte die Lippen fest aufeinander gepresst und überlegte angestrengt, was sie darauf erwidern sollte. Der sonst so lockere Evan war hochgegangen wie eine Rakete. Und das nur, weil er sich um sie sorgte. Wäre ihm das nicht wichtig, hätte er sie in den Tod laufen gelassen. Er hätte ihr bestimmt auch nicht davon erzählt, dass er von dieser Methodik der Todesser wusste. Romilia wollte überhaupt nicht darüber nachdenken wie er selbst und unter welchen Umständen er diese Information in Erfahrung gebracht hatte. Sie fand schon, dass er Vertrauen in sie brauchte um ihr soetwas zu erzählen. Trotz der Kälte und der Situation in der sie sich befanden wurde Romilia ganz warm.

Darauf zog Evan eine Braue hoch. "Milia,"hauchte er, wobei sich sein warmer Atem in der Kälte in Rauch verwandelte. Er öffnete den Mund, um seine Satz zu beenden, doch stoppte mit halb geöffneten Mund. Er starrte auf etwas, was hinter dem Busch geschah.
Romilia wirbelte herum und schaute in die selbe Richtung.

Ein Mädchen in blauem Wintermatel hatte sich aus ihrem Versteck gewagt. Romilia wollte schreien, überlegte es sich mit einem Blick auf Evan aber anders.
"Sie wissen längst, dass sie da ist,"flüsterte er und legte ihr einen Arm um die Schultern, wie um sie am weglaufen zu hindern,"es gibt nichts was du tun kannst."

Romilia starrte hilflos auf das Mädchen im blauen Mantel. Es kitzelte ihr in den Fingerspitzen etwas zu tun. Romilia wollte aufspringen und das Mädchen mit ihr hinter den Busch ziehen, doch sie blieb wo sie war. Evans Arm würde sie sowieso daran hindern weit zu kommen.

Sie zog scharf die Luft ein, als sich eine Gestalt in schwarzem Umhang und mit gezogenem Zauberstab dem Mädchen näherte.
"Nein, bitte nicht,"flüsterte sie sich selbst zu. Warum hatte sie ihr nicht geholfen? Womöglich waren nur noch wenige Todesser da. Möglicherweise hätte sie es mit ihnen aufnehmen können. Möglicherweise hätte sie dem Mädchen helfen können.

Romilias Herz schlug ihr bis in den Hals, als ein grüner Blitz die Luft durchschnitt und der Körper des Mädchens mit einem dumpfen Laut auf dem Boden aufschlug.

Romilia starrte auf den leblosen Körper des Mädchens, der im Schnee lag. Sie ließ einfach nicht los, dass Eltern da draußen gerade ihre Tochter verloren hatten. Dass andere Mädchen eine Freundin verloren hatten. Sie wollte sich garnicht vorstellen was wäre wenn das Eloise' oder Annies Körper wäre.
Der Tod dieses Mädchens hatte womöglich ein tiefes Loch in das Leben einer anderen Person gerissen. Ein Loch, dass niemals gestopft werden könnte.
In Romilias Augen stiegen Tränen und sie schluckte um sie zurückzuhalten.

Und Romilia hatte einfach nur dort in Sicherheit gesessen und nichts unternommen, als dieses Mädchen, vermutlich nicht älter als sie, getötet worden war. Es war nicht so, dass sie nichts hätte tun können. Sie hätte wenigstens versuchen können zu kämpfen. Vielleicht wäre das Mädchen dann entkommen.
Romilia schlug sich die Hand auf den Mund, um einen Schluchzer zu dämpfen. Sie spürte wie Tränen ihre Wangen hinunterkrochen.

Eine Hand auf ihrer Wange zwang sie den Blick vom Körper des Mädchens abzuwenden. Evans Arm zog sie näher, bis ihr Kopf auf Evans Brust lag und er die Arme um sie schlingen konnte.
Sie konnte seinen Herzschlag wahrnehmen. Etwas verschnellert und doch irgendwie beruhigend. Das sanfte Klopfen seines Herzens durchdrang jede Faser ihres Körpers und war ihr eine große Hilfe dabei, halbwegs mit dem Schluchzen aufzuhören.
Er strich ihr sanft übers Haar und flüsterte mit wässriger Stimme:"Es tut mir so leid, dass ich dich da mit reingezogen hab,"
Romilia wollte protestieren und ihm sagen, dass es ihre eigene Schuld war. Dass sie dieser Mission zugestimmt hatte. Sie wollte ihm überhaupt von der Mission erzählen, doch sie fand die Kraft dafür einfach nicht. Ihr Körper war völlig schlapp, so als hätte sie Ewigkeiten nicht geschlafen.
Also sank sie stattdessen noch tiefer in seine Arme und wurde von der Wärme umhüllt, die Evans Körper abstrahlte.

𝚁𝚘𝚖𝚒𝚕𝚒𝚊 𝙻𝚞𝚙𝚒𝚗'𝚜 𝒕𝒓𝒊𝒂𝒍Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt