𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 𝟸𝟻

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Das Schloss Hogwarts lag in dunkler Stille. Die Sonne war bereits seit einer Ewigkeit untergegangen und nur das Licht des Mondes warf silberweiße Streifen durch die Korridore.

Kalter Wind blies durch einige offene Fenster herein und verursachten bei Romilia eine Gänsehaut. Es wurde immer und immer kälter und ihr wurde bewusst dass Weihnachten immer näher kam. Sie hatte also nicht mehr allzu viel Zeit um Informationen zu sammeln.

Romilia hörte nichts außer das leise tapp, tapp, wann immer ihre Schuhsohlen den Boden berührten.
Vielleicht würde es ihr heute gelingen an neue Hinweise zu gelangen. Schließlich war sie wieder auf dem Weg zu einem weiteren Treffen mit den Todessern an ihrer Schule.

Doch bis dahin hatte sie noch etwas Zeit. Statt schnurstracks weiterzugehen ließ sie ihren Blick aus einem der Fenster gleiten. Das Gelände von Hogwarts war in unglaubliche Dunkelheit getaucht und das einzige was sich hier und da bewegte waren Eulen und Fledermäuse.

Romilia mochte Hogwarts bei Nacht. Es hatte etwas noch mysteriöseres und geheimnissvolleres als das Schloss am Tag.
Außerdem erinnerte es sie immer an die Stunden die sie mit Remus zusammen Nachts in der Bibliothek und an der peitschenden Weide verbracht hatte.

Wenn ihr jetzt so der leichte Wind vom Wald entgegen wehte, erinnerte sie sich daran, dass sie es bald geschafft haben würde.

Ja, schon bald hatte sie ihr Ziel erreicht und konnte sich endlich wieder nur auf die Schule, ihre Freundinnen und ihre Freundschaft zu Evan konzentrieren. Auch wenn sie insgeheim immernoch hoffte dass daraus mehr als Freundschaft werden würde.

Mit einem Blick auf die alte, hölzerne Uhr, die an der Wand des Klassenzimmers angebracht war, stellte sie fest, dass sie sich langsam auf den Weg machen sollte wenn sie nicht zu spät kommen wollte.

Ihr Weg zum Raum verlief überwiegend ruhig. Sie begegnete niemandem. Nicht einmal Mrs. Norris.

Einmal hörte sie Schritte und versteckte sich hinter einem großen Vorhang, doch es war bloß ein vierklässler aus Ravenclaw der wohl auch des nachts herumwanderte.

-

Romilia wurde von den Todessern begrüßt wie eine alte Freundin. Es war ein Satz, von dem sie nie dachte dass sie ihm einmal denken würde. Aber hier war sie nun, und hatte sich mit einem Haufen Todesser angefreundet, die sie insgeheim auch ins Herz geschlossen hatte.

Es kam Romilia beinahe surreal vor, dass sie sich hinter dem Wort Todesser nun Gesichter vorstellen konnte.

Wenn sie an Todesser dachte sah sie Cepheus und Timothy, die in einer Ecke des Raumes saßen und sich über das neuste Quidditchspiel zwischen den Falmouth Falcons und der Hollyhead Harpies unterhielten.

Sie sah Cassy über einen ihrer schlechten Witze lachen.

Sie sah jede einzelne Erinnerung von Evan. Wie sie ihn versehentlich im Zug umgeworfen hatte. Wie sie die ersten Male miteinander sprachen. Wie er Romilia immer mehr Teile von sich offenbarte, die zu sehen sonst keiner im Stande war.

Romilia wurde in jenem Moment bewusst, dass sie überhaupt nicht mehr in der Lage war sie als Feinde anzusehen. Ihr wurde bewusst, dass es nicht die Todesser gab, sondern dass sie Menschen waren wie sie selbst. Mit Problemen, Gefühlen und eigenen Motivationen. Sie waren ihre Freunde geworden.

Ihr wurde bewusst, dass sich viele von ihnen nicht für das Leben eines Todessers entschieden hatten. Und selbst wenn sie es getan hatten, waren sie nunmal mehr als das.

"Du bist ja in Gedanken versunken."meinte Evan der an der alten Steinmauer lehnte und sie schief angrinste.

Romilia nickte. "Könnte man wohl sagen."

"Hat alles geklappt? Mit Annie und Eloise?"wollte er wissen und stieß sich von der Wand ab, sodass er jetzt direkt vor ihr stand.

"Ja hat es,"sagte sie und spürte wie sie anfing zu Lächeln,"es ist alles gut."

Das wiederum brachte Evan zum Lächeln. Zu einem warmen Lächeln, was dazu führte dass Romilias Körper sich so anfühlte als würde er sich wärmen. So als würde eine angenehme Glut in ihrem Inneren prasseln.

"Wir sollten wohl anfangen."verkündete Cassiopeia laut, die gerade durch die Tür hereinspaziert war.

Romilia und Evan drehten sich zu ihr um, als Cassy fortfuhr:"Eine Information über Projekt Circus ist mir zu Ohren gekommen. Anscheinend findet es wie geplant in London statt. Ich weiß, dass Timothy schon deswegen bei mir nachgefragt hat."

Romilia wurde hellhörig. Es war, als hätte sie einen Sechser im Lotto bekommen. Information! Über Projekt Circus! Sie könnte garnicht erleichterter sein! Dass bedeutete, dass sich ihre harte Arbeit ausgezahlt hatte. Endlich konnte sie dem Orden einen Ort liefern. Eine gute und wichtige Information.

"Milie? Du siehst irgendwie rot im Gesicht aus, ist alles in Ordnung?"Cassy zog eine Augenbraue hoch.

"Klar,"rief sie etwas schrill,"ich bin nur so froh, dass wir alle hier zusammen stehen."

Das war glatt gelogen und sie war sich sicher, dass Cassy das hätte bemerken sollen. Doch wenn sie es bemerkte ließ sie sich nichts anmerken.

Sie fuhr fort, an Evan gewandt:"Du weißt, was deine Aufgabe an diesem Tag sein wird."

Cassys Blick veränderte sich zu etwas, das Romilia nicht ganz zuordnen konnte. Es wirkte fast einschüchternd. Aber das hier war Cassy. An ihr war nichts was Romilia als einschüchternd bezeichnen würde. Und doch - dieser Blick?

Auch in Evans Gesicht regte sich etwas. Seine Augenbrauen schoben sich in Sorge zusammen und er presste seine Lippen aufeinander. Er und Cassy starten sich einige Sekunden lang durchdringend in die Augen und schauten dann weg als wäre nichts geschehen.

"Das wäre dann erstmal alles dazu,"fuhr Cassy fort und ihr leichter Ton versetzte Romilia einen Stoß in die Magengrube.

Romilia gefiel das alles ganz und garnicht und dieser ungewöhnliche Blick von Cassy ließ sie einfach nicht mehr los. So als ob sie etwas verbergen wolle.
Aber genau das tue ich auch, dachte Romilia, sie alle haben keine Ahnung warum ich wirklich hier bin.

Der Rest des Meetings verlief reibungslos und am Ende trennten sie sich mit einem letzten "gute Nacht" voneinander.
Alle, bis auf Evan und Romilia.

Er hatte ihr Handgelenk gepackt und sie daran gehindert zu gehen.

Sie zog eine braue hoch.
"Was ist denn noch?"fragte sie verwirrt, doch Evan schüttelte den Kopf und nickte zu Cassy und den anderen hinüber, die gerade weiter im Korridor verschwanden. Offenbar wollte er warten bis sie weg waren, bevor er ihr den Grund dafür nannte, dass er sie aufgehalten hatte.

"Am Weihnachtsabend,"sagte er und Romilia wusste sofort worum es ging,"ich will, dass du im Schloss bleibst und nichts leichtsinniges versuchst."

"Klar,"sagte Romilia, denn was hätte sie auch sonst sagen sollen.

"Ich meine das wirklich ernst. Es ist wichtig. Verlass das Schloss - nein verlass deinen Schlafsaal nicht. Bitte."Das letzte Wort sagte er leise flüsternd.

"Evan?"fragte sie,"was hat das alles zu bedeuten?"

"Es ist - es ist nichts."log er, da war sich Romilia sicher. Er vermied es, ihr in die Augen zu sehen und starrte stattdessen auf die Schnürsenkel seiner Schuhe.

"Wirklich nicht?"fragte sie sanft und strich ihm eine Haarlocke aus der Stirn.

Er schüttelte den Kopf. Dann wandte er sich um, lief schnurstracks den Korridor hinunter und ließ Romilia allein in der Dunkelheit stehen.

𝚁𝚘𝚖𝚒𝚕𝚒𝚊 𝙻𝚞𝚙𝚒𝚗'𝚜 𝒕𝒓𝒊𝒂𝒍Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt