Ylvi
Viola sitzt am Küchentisch. Sie versucht die Tatsache zu verbergen, dass sie mich schon erwartet hat.
Die Nachricht, die ich im Buchladen bekommen habe, war von Jayden.
Er möchte das Jonas und ich uns kennenlernen. Ein Treffen solle anberaumt werden. Ein flaues Gefühl breitet sich in meinem Magen aus. Bald wird er nicht mehr hier sein. Ich werde allein im Viertel zurückbleiben. Ich muss es akzeptieren. Es ist eben so. "Ich melde mich," tippe ich und schicke die Nachricht ab.
„War es nicht schön?" Viola weiß, dass ich mit direkten Fragen am besten klarkomme. Also verdient sie eine ebenso direkte Antwort. „Es war schön. Zu schön."
Sie nimmt einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse. Die langen Ärmel ihres Strickpullovers bedecken ihre zarten Hände. "Möchtest du nach der Arbeit mit mir darüber reden? Ich kann dich abholen. Zu Fuß. Wir könnten..." „Nein Danke Ma. Ich finde das echt lieb von dir, aber ich will nicht darüber reden. Noch nicht, okay?"
Sie kennt mich gut. Besser als ich dachte. „Oder hat es mit Jayden zu tun? Frau Nagel sagte gestern Abend, sie hätte euch gehört. Ihr hättet euch angeschrien oder so."
Sie zuckt die Schultern. "Ich weiß ,das sie immer übertreibt aber.."sie bricht den Satz ab.
"Jayden zieht weg," erwidere ich knapp. "Und ja, wir haben deswegen gestritten. Aber es ist, wie es ist."
Viola stößt einen tiefen Seufzer aus. Irgendwann musste das ja passieren. Sie holt erneut tief Luft , steht auf und spült ihre Tasse aus. Mit beiden Händen stützt sie sich auf der Spüle ab, den Rücken in meine Richtung gewandt.
„Ylvi. Ich weiß das du dich für mich verantwortlich fühlst. Aber .."eine Hand streicht durch das kurze Haar. „ Du solltest diesen jungen Mann, den du kennengelernt hast nicht von dir stoßen, nur weil deine Mutter eine verdammte Alkoholikerin ist. Und du meinst nichts Gutes im Leben zu verdienen, weil uns Dinge passiert sind, für die niemand etwas kann. Am allerwenigsten du."
„Ich will darüber nicht diskutieren," versetze ich knapp. „Bis später Ma." Ich beeile mich, aus der Wohnung zu gelangen, die mir auf einmal viel zu eng erscheint.
Im Bus legt sich eine kalte Hand um mein Herz. Nikals wird nicht mit dem Bus fahren. Er hat es mir gestern Abend noch geschrieben. Ich habe ihm daraufhin mitgeteilt, das ich selbst diese Woche schon mit dem sieben Uhr Bus fahren muss. Bis auf ein „okay," mit Kussemoji kam keine Antwort.
Ich mache ganz klein in meinem Sitz. Ignoriere die Kinder , die um diese Uhrzeit auf dem Weg zur Schule sind und sich gegenseitig Schimpfworte und komische Witze zurufen. Mit einem Klos im Hals erhöhe ich die Lautstärke meiner Kopfhörer und schließe die Augen.
Beinahe hätte ich die Haltestelle verpasst.
Es ist kühl und neblig, als ich den Bus verlasse und mich eilig auf den Weg zur Klamotte begebe.
"Ylvi! "Ich fahre herum. Sekundenlang kneife ich die Augen zusammen, wie ein Wüstenreisender der soeben etwas erspäht hat, das nur eine Luftspiegelung sein kann.
„Niklas? Was tust du hier?"
Schwer atmend bleibt er vor mir stehen. „Ich war im Bus. Sass ganz hinten." Du hast gar nicht mitbekommen, wie ich einstieg. Ich wollte dich überraschen."
„Aber..?"
„Es tut mir leid". Keucht er.
Ich versuche verzweifelt, gegen das glückliche Lächeln anzukämpfen, das sich auf meinem Gesicht auszubreiten droht.
„Was tut dir leid?"
Er legt seine Hände auf meine Oberarme. „Das ich dir nicht schon gestern gesagt habe ,das ich heute nicht mit dem Bus fahre."
"Ich muss dir ... ich habe.. es ist kompliziert."
„Achso. „Ich nicke, als hätte ich irgendetwas von dem, was er da faselt begriffen.
„Du bist eben einfach ein kranker Stalker."
„Ja," haucht er nur, bevor er meine Lippen mit einem Kuss verschließt.
„Niklas, wenn uns jemand sieht." Kichernd schließe ich die Tür zur Klamotte auf.
Er hat die Arme um meine Taille gelegt und legt seine Lippen an meinen Hals.
„Oh Mann. Ich wusste es, du bist nicht nur ein Stalker , sondern ein verdammter Vampir. Genau wie Edward Cullen eben." Ich versuche gegen den süßen Schauder anzukämpfen, der meinen Körper überlauft wie winzige Partikel von zerstoßenem Eis.
„Da siehst du, was du aus mir machst."
„Tu nicht so, du warst schon immer einer, das wusste ich von Anfang an."
Wir stolpern regelrecht in den Laden.
Ich deute auf die großen Schaufenster. „Die Leute können uns sehen."
„Dann bekommen sie endlich mal was aufregendes zu sehen. Wir sollten Geld dafür nehmen."
„Deine Witze waren auch schon mal besser." „Oh. Mein.Gott. Abrupt bleibe ich vor einem Stapel Kleidung stehen. Er liegt mitten auf dem Kassentisch. "Bitte bis zu meiner Ankunft sortieren. Shririne."steht darauf.
Ich deute auf den Stapel. „Das ist mein Leben. Bist du sicher, dass du daran teilhaben willst?" Niklas betrachtet den Kleiderstapel, als müsse er tatsächlich über diese Frage nachdenken.
"Das ist nicht dein Leben. Das ist deine Arbeit." Sein Daumen streichelt meinen Handrücken.
"Blöde Kuh." Sagt er dann. "Also nicht du, diese Shirene. "Er umfasst meine Taille. Wenn er wüsste was seien Berührungen mit meinem Körper anstellen.
„ Wir machen das gemeinsam. Ich gehe hier nicht weg, bis dieser Stapel beseitigt ist."
Niklas, du musst zur Uni. Ich schaffe das schon.
„Nein, das ist eine von diesen fiesen Fallen. Sie will, dass du versagst, um dich dann zur Schnecke machen zu können."
„Zur Schnecke?"
„Ein Sprichwort, kennst du das nicht?"
„Habs nie verstanden."
Er streichelt meine Wange.
„Bitte, lass mich dir helfen."
„Dann hör auf, mich so anzusehen."
„Wie sehe ich dich denn an?"
„Als ob du mir an die Wäsche wollten würdest."
Er schiebt kurz die Brauen zusammen, bevor wir zusammen in Gelächter ausbrechen .Es gipfelt in einem Kuss, der uns auf den Kleiderhaufen sinken lässt.
Dann beginnen wir mit der Arbeit.
Wir arbeiten so konzentriert es geht.
Erste Passanten fangen an, ins Schaufenster zu spähen . Doch wir haben uns mit dem Klamottenhaufen in den hintern Teil des Ladens zurückgezogen. Niklas lernt schnell. Er versteht sofort wo welche Teile und Marken hingehören.
Zwischendurch kommt er zu mir und haucht mir einen Kuss auf die Lippen, um dann weiter zu falten und die Kleider auf den entsprechenden Stapeln zu platzieren.
Fast bin ich enttäuscht, als wir fertig sind.
„Das hätten wir." Ich verschränke die Arme vor der Brust und lasse meinen Blick über den Tisch schweifen, auf dem die Meisten der Teile liegen, die wir sortiert haben.
Niklas schließt mich in seine Arme. Wir sind eben ein tolles Team. Er drückt mir einen Kuss auf den Scheitel. „Sehen wir uns in der Mittagspause?"
Ich nicke. „Kommst du zu Marcio?"
Ein schiefes Grinsen deutet an, dass dieser Vorschlag nicht seine hundertprozentige Zustimmung zu finden droht.
„Natürlich. Ich hoffe nur, dass diesmal kein nerviger Glatzkopf oder kollabierende Alkoholikerinnen unseren Frieden stören."
Seine Worte senden einen Stich an einen undefinierbaren Ort in meinen Eingeweiden..
„Okay," Beile ich mich zu sagen, bevor er mir einen Kuss auf die Stirn drückt, nach seinem Rucksack greift und den Laden verlässt.
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Fame and Death
RomanceAuf dem Weg zur Arbeit trifft Ylvi den gut aussehenden Niklas von Bernstein, Jurastudent und Gitarrist der Band Fame and Death. Zu ihrem Leidwesen zieht er sie mit seiner lockeren Art sofort in ihren Bann. Doch je näher die beiden sich kommen, dest...