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Ylvi

Es ist eine weit verbreitete Wahrheit, dass Montag morgende nichts Gutes in sich tragen. Dieser Montagmorgen ist der Schlimmste meines Lebens. Ich habe den ganzen gestrigen Tag mit Netflix verbracht. Das Frühstück habe ich wieder erbrochen, kaum das ich es hinuntergezwungen habe. Das gleiche ist mit der geriebenen Banane passiert, die Viola mir daraufhin gebracht hat..

Wir haben immer noch nicht über ihren Freier geredet. Aber momentan bin ich einfach nur froh, wenn er nicht mehr wiederkommt.

Sie hat, so wie mir schient, noch keinen Tropfen Alkohol angerührt.

Mal sehen, wie lange das so bleibt.

Etwas in mir hofft, das Niklas im Bus sein wird. Denn diese Woche nehme ich wieder den üblichen 8 Uhr Bus. Doch er steigt nicht hinzu.

Wahrscheinlich denkt er jetzt, ich wolle nichts mehr von ihm wissen. Er hat es sehr schnell akzeptiert. Kein gutes Zeichen. Ich versuche, ein paar Zeilen zu lesen, doch die Worte ergeben keinen Sinn. Resigniert werfe ich das Buch in meinen Rucksack zurück. Als ich aussteige, überrollt mich eine Welle aus Schmerz. Wenn er doch nur hier wäre. Ich renne regelrecht zur Klamotte, als könne ich auf diese Weise dem Schmerz entkommen.

Mir ist immer noch übel und auch die Kopfschmerzen haben mich seit gestern nicht mehr verlassen. Die Müdigkeit tut ihr Übriges.

Alles worauf ich jetzt hinarbeite, ist die Mittagspause bei Marico, damit ich mich bei Jayden ausheulen kann.

Ganz erbärmlich und voller Selbstmitleid.

„Ylvi. Du kassierst heute den ganzen Tag." Viola deutet in Richtung Kassentisch, als ich anfange, einen Karton mit neuen Lieferungen zu entleeren. Ihr Mund ist ein unnachgiebiger Strich.

"Okay" seufze ich. Auch wenn klar ist, das hier noch nie jemand den ganzen Tag nur kassiert hat. Wir sind schließlich kein Supermarkt.

Doch einige Kunden erwarten mich bereits, als ich mich an die Arbeit mache.

Ich bin gerade dabei, die Schilder eines Klamottenberges mit dem Scanner zu bearbeiten, als ein weiterer Kunde den Laden betritt. Nein, kein Kunde. Sondern Niklas.

Ein paar Sekunden starre ich ihn einfach nur an. Dann muss ich all meine Kräfte aufwenden, um nicht zu ihm zu laufen und in Tränen auszubrechen.

Er wirkt ernst. Etwas in seinem Gesicht, diese Unnachgiebigkeit,erinnert mich an Johannes. Als unsere Blicke sich treffen, legt sich etwas Weiches darauf, das aber wieder verschwindet, als er den Mund aufmacht.

„Ylvi. Ich bin hier, um dir etwas zu sagen." Er kommt ein paar Schritte auf den Kassentisch zu. . Alle starren uns an. Sogar Shirene, die gerade einen Kunden berät, der auf der Suche nach einer Wrangler Jeans ist. Sie versucht ihm zum dritten Mal zu erklären, das wir diese Marke nicht mehr führen. 

"Ylvi ,"beginnt er von Neuem, "ich will nicht, das du dich aufgibst. Und genau das tust du. Wenn du nicht aufhörst, dich für deine Mutter verantwortlich zu fühlen und ein Leben zu führen, das längst nicht mehr dein eigenes ist."

„Und Jayden, verdammt er hat Recht. Deine Mum ist doch nur ein Vorwand. Du glaubst, nicht gut genug zu sein für die Welt außerhalb des Viertels. Aus einem einzigen Grund. Weil du Angst hast."

"Angst vor Zurückweisung. Vor Ablehnung. Vor Spott. Aber Angst ist nichts, wonach man sein Leben ausrichten sollte.Das wirst du irgendwann begreifen. Aber ich will dich davor bewahren, das es dann bereits zu spät ist. Zu spät, um mit dem Leben anzufangen.Warte nicht bis der Tag kommt, an dem du dich fragen musst, warum du alles was dich ausmacht ,aus Angst vor dem Leben verraten hast."

Fame and DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt