63.~Kevin~

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Jen's Sicht:

"Und du bist dir auch sicher, dass du alles hast?" Marco nickt und lächelt mich an. Er hat überhaupt gar keine Ahnung wie schwer es mir fällt ihn jetzt gehen zu lassen. "Ich bin doch heute Abend wieder da." Ich nicke nur. Ich will nicht, dass er jetzt geht. Seit gestern Abend bekomme ich Anrufe. Unbekannt. Wenn ich rangehe hört man entweder ein tiefes, raues Atmen oder ein schrilles, hässliches Lachen. Anthony hat versucht den Anruf zurück zu verfolgen aber da ist ihm nie gelungen, da der Anruf zu kurz dafür war. Ich habe jede verdammte Sekunde das Gefühl, dass ich beobachtet werde. Aber was ist denn schon ein Gefühl? Heute Nacht dachte ich sogar, dass ich jemanden am Fußende des Bettes gesehen habe, doch als ich das Licht angemacht habe war da nicht und niemand. Außerdem sind wir bei Mats und Cathy. Coco und Holly hätten Alarm gemacht, wenn jemand ins Haus gekommen wäre. Marco würde mich für total bescheuert halten, wenn ich ihm davon erzählen würde. Aus diesem Grund habe ich nur mit Anthony darüber gesprochen. Ich weiß einfach nicht mehr wo mir der Kopf steht. Ständig ist etwas neues los und macht mich fertig. Dazu kommt, dass mir durchgehend schlecht ist und mein Bauch zieht wie nichts gutes. Cathy ist der Meinung, dass es davon kommt, dass die Babys wachsen aber ich habe da überhaupt gar kein gutes Gefühl. Dass sie zu früh kommen werden ist mir ja klar, aber so früh? Ich darf einfach nicht daran denken. Wenn das so einfach wäre! "Du grübelst schon wieder." lacht Marco und küsst meine Stirn. Ja, warum denn wohl? Ich sage nichts, sehe ihn einfach ausdruckslos an. "Schatz, ich bin heute Abend wieder bei dir, okay? Wir machen das schon." Ich nicke und setze ein Lächeln auf. Marco sieht, dass es nicht echt ist, sagt aber nichts, was ich gut finde. Ich will jetzt nicht getröstet werden dann muss ich nur heulen. Ich bin einfach zu emotional geworden, zu nahe am Wasser gebaut. "Paul wird auf dich aufpassen und Anthony sowieso. Mach dir einen schönen Tag und heute Abend wirst du von mir verwöhnt." lächelt er, woraufhin ich nur wieder ein falsches Lächeln aufsetze. Marco seufzt und zieht mich sanft in seine Arme. Ich will nicht, dass du gehst! Verstehst du das denn nichtk? Ich versuche meine Tränen zu verdrängen und löse mich von ihm. "Na gut, Mats und ich müssen jetzt los. Viel Spaß mit Cathy und bis heute Abend." Er legt seine Lippen kurz auf meine und verlässt das Zimmer. Ich lasse mich auf das Bett sinken und versuche nicht zu heulen. Wie kann er mich nur alleine lassen? "Anthony?" rufe ich und sofort kommt er. "Oh nein! Hier wird nicht schon wieder geweint, damit ist jetzt Schluss. Du und ich werden jetzt einen drauf machen. Und Cathy und Paul nehmen wir auch mit." Ich nicke und lasse mir von ihm beim Aufstehen helfen.

Cathy und ich haben beschlossen shoppen zu gehen aber irgendwie kommt bei mir keine Stimmung auf. Anthony und Paul folgen uns auf Schritt und Tritt aber dennoch fühle ich mich nicht sicher. Noch immer habe ich das Gefühl verfolgt zu werden, weshalb ich ständig in alle Richtungen sehe. "Jen, es ist niemand da. Und selbst wenn: Paul und ich passen auf dich auf und das weißt du." Ich nicke widerwillig und versuche zu entspannen. Paul flüstert Anthony etwas ins Ohr und er sieht irgendwo hin. Automatisch folge ich seinem Blick und erkenne jemanden. "Wer ist das?" frage ich nervös. Anthony seufzt. "Die Frau war vor kurzem bei euch zuhause und hat nach Marco gefragt." Ich verdrehe die Augen. "Scheiß Weiber." murmel ich leise und Anthony lacht. "Eifersüchtig?" "Das hat mit Eifersucht überhaupt gar nichts zu tun. Sie nerven einfach nur." verteidige ich mich. Ich sehe zu der Frau und sie grinst mich an. Dieses grinsen kenne ich. Ich kenne sie. Ich habe sie schon mal gehen, kann sie aber nicht zuordnen. "Was ist?" fragt Cathy und besorgt und legt den Arm um mich. "Sie kommt mir bekannt vor." Cathy sieht zu ihr und verschluckt sich an ihrem Latte. "Herrgott nochmal was will die denn hier? Ich dachte sie ist nach Marcos Rauswurf wieder nach LA." brummt sie genervt. "Was?" "Na Marry. Marco hat sie doch an Weihnachten rausgeschmissen und hat versucht dich zu erreichen." Ich sehe wieder in ihre Richtung aber sie ist weg. Marry. Ja, Weihnachten. Da hat sie mich so belustigt angegrinst, als ich vor ihnen hingefallen bin. "Können wir gehen? Ich wollte noch Kevin im Krankenhaus besuchen." Cathy nickt begeistert. "Lass uns noch Schokolade und Gummibärchen mitnehmen, da wird er sich sicher freuen." Ich nicke und lächle ganz leicht. Ich habe Kevin eine Weile nicht mehr gesehen. Wie denn auch? So viel Stress wie ich in letzter Zeit habe vergesse ich einfach alles. Anthony hilft mir beim einsteigen und setzt sich dann vorne auf den Beifahrersitz, während Paul das Auto fährt. Es wundert mich schon etwas, dass Marco ihnen einfach seinen heißgeliebten Range Rover überlässt. Als ich gefragt haben, ob ich ihn fahren kann hat er nur gelacht und den Kopf geschüttelt. Mir ist mein kleiner Golf sowieso lieber. Aber da werde ich bald nicht mehr weit mit kommen, schließlich passt der Kinderwagen keinesfalls dort rein. Ich werde Marco also noch überreden müssen. Oder ich kaufe mir ein neues Auto aber eigentlich liebe ich meinen kleinen Flitzer und bin noch lange nicht bereit ihn abzugeben. "Süße? Ist alles gut bei dir?" fragt Cathy und legt ihre Hand auf mein Knie. "Ja." antworte ich, ohne sie anzusehen. Am Krankenhaus angekommen gehen wir direkt zu der Station wo Kevin liegt. Ich klopfe und gehe rein, ohne auf eine Antwort zu warten. "Hab ich herein gesa-" ich grinse ihn an und seine Miene erhellt sich. "Jen! Ich bin ja so froh dich zu sehen, mir ist hier so furchtbar langweilig." jammert er und zieht mich vorsichtig in seine Arme. Er begrüßt noch Cathy, Anthony und Paul und dann setze ich mich an sein Bett. "Hier ist ein Apfel, eine Banane und noch etwas Gemüse. Ist ganz frisch." grinse ich und gebe ihm alles. "Äh, danke." Er versucht ein Lächeln aber das gelingt ihm nicht wirklich. "Und hier sind drei verschiedene Tüten Gummibärchen und drei Tafeln Schokolade." grinsend lege ich ihm auch die hin und jetzt grinst er richtig. "Ich dachte schon du meinst das ernst." seufzt er erleichtert. "Tue ich auch. Das Obst und Gemüse wird auch aufgegessen." "Naja, solange ich wenigstens noch etwas Süßigkeiten habe." lacht er. "Mach auf ich will was abhaben." "Ich auch!" meldet sich Cathy, also öffnen die eine Tüte und Essen. Anthony und Paul sind vor der Tür. Ich bin ihnen dankbar dafür, weil ich in Ruhe mit Kevin reden will. "Cathy? Kannst du uns kurz alleine lassen?" "Natürlich." lächelt sie und steht auf, um rauszugehen. "Komm her." Er klopf neben sich auf's Bett. Ich lege mich dicht neben ihn und kuschel mich an ihn. "Erzähl mir was los ist. Ich sehe dir doch an, dass du fertig bis mit der Welt." Ich seufze und schließe die Augen. "Marco hat doch sicher erzählt was passiert ist, oder?" Er nickt. "Ich habe Angst, Kevin, große Angst. Dass Marco schon wieder den ganzen Tag weg ist macht es nicht einfacher. Ich will nicht klammern und ihm nicht auf die Nerven gehen aber ich will nicht ohne ihn sein, das steigert meine Angst aus irgendeinem Grund." erkläre ich. "Du hast viel geweint." stellt er fest. "Was? Woher weißt du das?" "Jen, ich sehe dir das an. Andere sehen es nicht aber deine Augen sind traurig und ganz glasig. Hör auf Marco zu belügen und sei ehrlich zu ihm. Zeig ihm, dass du traurig bist." Ich nicke resigniert. "Was machen die kleinen Zwerge da drin?" grinst er und piekst mir in den Bauch. Zur Antwort treten beide zurück. "Aha. Verstehe schon. Sie wollen in Onkel Kevins Fußstapfen treten." Er wackelt mit den Augenbrauen und grinst. "In Onkel Kevins?" frage ich lachend. "Ja!" "Das ist aber ein Junge und ein Mädchen." Er sieht mich nachdenklich an. "Na dann machen wir eben noch einen Frauenverein, damit sie auch anfangen kann und so, weißt?" grinst er. Ich verdrehe die Augen und kuschle mich wieder an ihn. "Ich habe dich vermisst." murmelt er gegen meine Haare. "Ich dich auch. Sehr sogar. Tut es sehr weh?" Ich zeige auf sein verbundenes Bein. "Es geht. Habe ordentlich Schmerzmittel bekommen." "Dann ist ja gut. Hoffentlich kommst du bald wieder raus." Er seufzt und schiebt sich Schokolade in den Mund und danach mir. "Schmeckt." grinst er und ich nicke zustimmend. "Kannst du nicht hier bei mir bleiben? Wir gucken uns Filme an und so." "Klar, warum auch nicht." lächle ich und schreibe Cathy, dass ich hier bleibe. Kevin und ich sehen uns also den ganzen Tag über einen Film nach dem anderen an. "Ich weiß nicht. Solche Filme sollten verboten werden, so schlecht sind die." lacht Kevin. "Und dennoch verdienen die ihr Geld durch Leute wie uns." Verwirrt sieht er zu mir runter und beißt von seinem Apfel ab. "Immerhin sehen wir ihn uns an." erkläre ich. "Ja, weil man gut darüber lachen kann wie schlecht das alles animiert ist." lacht er. "Stimmt schon. Aber trotzdem sind solche Filme mehr als schlecht. Beinahe schon bemitleidenswert." kicher ich. "Wie heißt der Film nochmal?" "Ghost Shark." lache ich. "Schlimm. Was für armselige Menschen die sich so etwas ausdenken." Ich nicke und esse weiter seine Gummibärchen. "Wenn du so weiter machst habe ich morgen keine mehr." "Dann schreib mir und ich bringe dir neue." lächle ich. Als dann eine Schwester mit seinem Abendessen kommt schaufelt er dieses auch noch in sich hinein. Ich piekse ihm in den Bauch. "Wo steckst du das alles hin?" frage ich und er zückt grinsend mit den Schultern. "Irgendwo wird das schon hingehen, wohin genau wird für immer ein Rätsel bleiben." Ich lache und stehe vom Bett auf. "Wie spät ist es?" "Um 8." nuschelt Kevin mit vollem Mund. Ich seufze und sehe aus dem Fenster. Marco hat mich noch nicht angerufen, also wird er wohl noch nicht wieder da sein. Ich lasse mich auf dem Bett nieder. Und sehe zum Boden. "Du kannst hierbleiben, bis er wiederkommt. Schreib ihm doch eine Nachricht." "Ja, gute Idee." antworte ich und nehme mein Handy aus meiner Handtasche. Ich habe ganz viele Anrufe in Abwesenheit. Von Unbekannten. Ich löschen den Verlauf und schreibe Marco, dass ich bei Kevin bin. Anthony sage ich auch noch Bescheid und dann lege ich mich wieder zu Kevin. Als mein Handy mal wieder klingelt nimmt Kevin den Anruf an. "Bei Cromwell." meldet er sich. "Hör mal zu, Marry, ich weiß ganz genau, dass du es bist und rufst du noch einmal an werde ich dich aufsuchen und dir zeigen wo du hingehörst. Nennst meine beste Freundin Schlampe, dabei bist du die Schlampe." Er lauscht, offenbar antwortet jemand. "Haben wir uns da verstanden? Ruf nie wieder an!" Wieder lauscht er. "Gut, tschüss." er legt auf und lächelt mich an. "War sie es?" Er nickt. "Du ruft nicht so schnell wieder an ich weiß nämlich wo sie wohnt." lacht er. "War sie es auch, die unser Haus verunstaltet und mich vergiftet hat?" "Das weiß ich nicht. Aber bestimmt. Wer soll es sonst gewesen sein?" Ich zucke seufzend mit den Schultern. "Du siehst total müde und erschöpft aus. Bis Marco kommt dauert es bestimmt noch. Leg dich hin und versuch zu schlafen, okay?" Ich nicke und kuschel mich an ihn. Kevin legt die Decke über uns und drückt mir noch einen Kuss auf die Stirn, ehe ich tatsächlich einschlafe.

Wenn das Schicksal zum Arschloch wirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt