4.~Streit?~

3.7K 132 1
                                    

"Jen? Wieso willst du unbedingt jetzt schon ein Kind?" frage ich vorsichtig. Ich habe etwas Angst vor der Antwort. "Willst du mich ganz nackt sehen?" fragt sie. "Was? Hab ich doch gerade. Und tu ich immer noch!" lache ich. Sie richtet sich auf und schüttelt den Kopf. "Hä?" sage ich nur verwirrt. Jen rückt von mir ab und zieht sich die Bettdecke über die Brust, damit sie nicht mehr sichtbar ist für mich. "Ich bin krank. Genauso wie die Kinder heute." sagt sie und zieht sich die Haare, oder eher die Perrücke vom Kopf.

Mir klappt die Kinnlade runter. "Shit." kommt aus meinem Mund. "Los. Lach mich schon aus." sagt sie und schaut runter. Was soll ich tun? Lachen wäre das letzte und mir ist auch überhaupt nicht nach lachen zumute. Ich habe gerade mit einem Mädchen geschlafen, welches Krebs hat. Das erklärt so einiges. Wieso sie die Kinder im Krankenhaus so versteht, wieso sie mich angegiftet hat, als ich ihr die Kaputze aufsetzen wollte, wieso sie jetzt ein Kind will. "Was genau ist es?" frage ich und meine Stimme zittert wie verrückt. "Ich habe einen Hirntumor. Ich habe schon zwei Chemotherapien hinter mir. Mein Arzt gibt mir ein Paar Jahre. Ich möchte deswegen noch ein Kind bekommen bevor ich sterbe. Ich möchte wissen wie es ist, wenn man Mama ist. Ich möchte noch vieles erleben. was ich unter anderen Umständen getan hätte. Und dazu gehört nun mal auch ein Baby auf die Welt zu bringen. Falls es geklappt hat werde ich bis nach der Geburt keine Chemotherapie mehr machen." mein Herz rast und am liebsten würde ich im Erdboden versinken. "Weiß Erik davon?" bringe ich heraus und sie nickt sofort. "Er war dabei, als ich die Diagnose bekam." ich nicke nur, da ich immer noch wie versteinert bin. Deswegen sagte er zu mir sie braucht einen Kerl an ihrer Seite der ihr beisteht und so. Jetzt ergibt endlich alles einen Sinn!

"Komm her!" sage ich und breite die Arme aus. Sie will sich ihre Perrücke wieder aufsetzen aber die nehme ich ihr weg. "Du bist so auch wunderschön." nuschel ich, während ich sie zu mir ziehe. Sie lächelt etwas und schließt dann ihre Augen.

Es ist komisch. Eine Frau ohne Haare kuschelt mit mir und ich will das sogar. Ich bin auf einmal so... Fürsorglich und gefühlvoll. Das bin nicht mehr ich. Ich bin doch ein gefühlloses Arschloch. So nennen mich alle Frauen. Selbst Jen hatte mich gestern noch für eines gehalten. Ich komme da gerade gar nicht drauf klar, was hier passier ist Wahnsinn! Jen tut mir gut.

Ihr Atem ist ruhig, langsam und gleichmäßig. Sie ist also eingeschlafen. Ich spüre ihren gleichmäßigen Herzschlag und dieser beruhigt mich vollkommen. Er sorgt dafür, dass ich auch einschlafe.

Als ich wach werde ist Jen weg. Liegt nicht mehr in meinem Arm und ist auch nicht in meinem Zimmer oder in meinem Bad. Ist sie einfach abgehauen? Hat sie jetzt sozusagen mich benutzt?

Ich ziehe mir eine frische Boxershorts und eine Jogginghose an. Obenrum bleibe ich nackt, weil ich irgendwie keinen bock habe mir etwas anzuziehen. Ist immer so.

Ich gehe runter und höre Stimmen aus der Küche. Sie gehören zu Erik und Jen. Ich weiß, dass es nicht gerade nett ist zu lauschen aber ich tue es trotzdem. Ich bin eben nicht nett.

(E=Erik, J=Jen)

J: "Erik das ist mein größter Wunsch! Man ich will Mama sein! Ich habe nur noch ein Paar Jahre und will so viel es geht erleben."

E: "Jen, Marco wollte dich nur ins Bett bekommen! Der will keine Kinder und keine Freundin!"

J: "Ja und das ist mir doch egal! Wenn er das Kind dann nicht sehen will und damit nichts zu tun haben will ist das in Ordnung! Ich will weder Unterhalt von ihm noch sonst irgendwas. Ich wollte nur nicht mit einem wildfremden Kerl ins Bett steigen. Erik das war das schönste was ich bis jetzt erlebt habe! Und wenn ich jetzt schon schwanger bin ist es perfekt! Ich will nur dieses Kind!"

E: "Und was ist, wenn du nicht mehr lebst? Wohin mit dem Kind? In's Heim oder was?!"

J: "Nein. Falls ich sterben sollte wird meine beste Freundin Sina das Kind bekommen. Das ist alles längst geklärt. Es fehlte nur noch der richtige Typ."

E: "Oh man Jen. Du hast echt einen Knall! Ohne Scheiß du bist wirklich verrückt. Aber deswegen liebe ich dich ganz doll. Du bist eben meine beste Freundin und wie eine kleine Schwester für mich. Und ich werde dich unterstützen. Bis zum Schluss."

Ich muss schlucken. Jen hat mich also wirklich benutzt, um schwanger zu werden. Das war mir ja irgendwo klar aber ich hatte gehofft, dass sie vielleicht doch etwas für mich empfindet. Es wäre aber doof für sie, denn ich werde meinen Lebensstil nicht ändern. Ich liebe mein Leben!

Ich gehe in die Küche und die zwei sehen mich an. "Äh. Hey." sage ich und fahre mir verlegen durch die Haare. "Hey." sagt Jen und starrt meinen Oberkörper an. Ich muss grinsen und mache mir dann einen Kaffee. "Ich werde los. Melde mich dann mal bei dir." sagt Jen zu Erik und gibt ihm einen Kuss auf die Wange. "Mach's gut, Kleine." antwortet er ihr und dann ist sie auch schon weg. "Du hast mitgehört." sagt Erik plötzlich. Verdammt! "Was? Nein! Wobei denn mitgehört?" stelle ich mich dumm. "Ich habe gehört, dass du die Treppe runter gekommen bist." sagt Erik und beißt in seine Stulle. "Kann sein. Ist mir aber egal. Bin froh, dass ich ihr nicht sagen musste, dass sie gehen soll." antworte ich ihm. "Du bist ein Scheiß Wichser." faucht Erik und verlässt die Küche.

Als ich am Nächsten Tag zum Training fahre bin ich noch voll müde. Ich habe noch bin um 3 oder so gezockt, da ich vergessen hatte, dass heute um 9 Training ist. Das habe ich nun davon. Augenringe und kaum Energie. Dazu kommt, dass ich heute 'ne Stunde länger machen muss, weil ich ja gestern gefehlt habe. Yeah! Ich freue mich. Und das alles wegen dem scheiß Krankenhaus Besuch. Wie mich das ankotzt!

Ich ziehe mich um und gehe auf den Rasen. Jürgen scheucht uns heute ganz schön und das nervt mich noch mehr. "Reus! Beweg endlich deinen Arsch!" brüllt er über den Platz. Ich verdrehe die Augen und laufe etwas schneller. Seine pissige Laune kotzt mich an. Oh wartet: Alles und jeder kotzt mich an! Wieso? Ist einfach so!

Nach dem Training gehe ich noch mit Kevin, Erik, Mitch und Nuri essen im Vapiano. Ich liebe das Essen hier! Tugba und Riri sind auch mit. "Da bist du ja!" ruft Erik und steht auf. Ich sehe ihm hinterher und da steht Jen. Na die hat mir gerade noch gefehlt. Sonst sehe ich nie eine Frau nochmal nachdem ich mit ihr geschlafen habe. "Hallo." sagt sie in die Runde mit ihrer sanften Stimme. Die anderen begrüßen sie und sie setzt sich zwischen Erik und mich. "Alles okay?" fragt Erik sie. "Erik hör bitte auf mich das zu fragen." sagt sie leicht gereizt. "Okay." antwortet er leise. "Bist du die Freundin von Erik?" fragt Tugba. "Nee. Wir sind beste Freunde. Mehr sowas wie Geschwister." sagt Jen. "Aber sie steht offenbar auf Marco." Erik sieht mich an. Ich rotze fast mein Trinken über den Tisch, als er das sagt. "Nee du. Eigentlich mochte ich ihn gestern aber so wie er hier schon wieder sitzt und die Kellnerin anbaggert hasse ich ihn wieder." sagt sie Ernst und kühl, während sie in die Karte schaut. "Ich hab dich auch lieb. Aber ganz ehrlich: So bin ich eben. Vögel alle Frauen die mir gefallen und lasse sie dann fallen. Mehr will ich nämlich nicht. Nur Sex." antworte ich und zwinker ihr zu. "Oh man womit hab ich das verdient." nuschelt sie leise. "Weist du was? Das ist sehr gut. Denn mit geht es genauso. Ich will auch nichts mehr mit dir zu tun haben." ergänzt  sie sich und zwinkert ebenfalls. Okay ich gebe es zu: Das hat irgendwie gesessen. Kevin sieht nur amüsiert zwischen uns hin und her und der Rest ist nur verwirrt, außer Erik, denn der weiß worum es geht. Gott bin ich froh, wenn sie nach dem Essen weg ist.

Wir bestellen unser Essen und warten dann. "Ähm. Ja also anscheinend hattet ihr was miteinander und könnt euch eigentlich kein Stück leiden." sagt Nuri dann. "Ganz genau!" lächelt Jen. Ich verdrehe nur die Augen und vertiefe mich in mein Handy.

Später nach dem Essen fahren wir alle nach Hause. Zum Glück kommt Jen nicht noch mit das hätte ich echt nicht ausgehalten! Erik und ich zocken mal wieder und albern dabei rum. Diese Männerabende liebe ich!

Wenn das Schicksal zum Arschloch wirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt