42.~Familienessen~

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"Bist du sicher, dass ich hier mit einziehen sollte? Ich meine wir müssten hier eine Menge machen." Jen sieht mich entsetzt an und ihr Mund steht offen. "Bitte? Ich wüsste nicht was hier gemacht werden müsste." Ich grinse sie an, woraufhin sie nur die Augen verdreht. "Naja, das hier ist alles so richtig Mädchen. Deine Tassen sind alle rosa!" Sie zuckt lächelnd mit den Schultern. "Ist eben so. Bis jetzt Ost es ja auch ein Mädchenhaushalt. Aber ist schon richtig. Etwas neutraler kann man schon einrichten." Ich nicke. "Von der Sache her ist ja alles perfekt. Super eingerichtet und so. Nur eben wie bei den Tassen, dass nicht alles rosa ist. Oder im Bad." "Ich weiß schon was du meinst, Schatz." lächelt sie. "Ich würde sagen, dass wir mal die Tage zu IKEA fahren und uns etwas Inspiration holen was Deko und Farben angeht. Vielleicht finden wir ja das richtige dann kann das rosa aus dem Bad schon mal verschwinden. Auch, wenn es mir schwer fällt." Ich lache auf und ziehe sie fest an mich. "So, ich werde mich dann jetzt umziehen, damit wir zu deinen Eltern können." Ich nicke und schon flitzt sie nach oben in ihr Ankleidezimmer. Ich muss mir etwas einfallen lassen. Vorhin auf dem Weg hier her hatte sie gesagt, dass es nicht sehr gut geht, weshalb ich fahren soll. Was aber nicht geht, da ich keinen Führerschein habe und mich ja ändern will. Nachdem das rausgekommen ist bin ich noch weiter gefahren aber dann kam ja Jen und es hat sich alles etwas geändert. Mein ganzes Leben hat sich geändert. Ich wollte niemals eine Frau und Kinder schon gar nicht. Jetzt habe ich eine feste Freundin und werde Vater von Zwillingen. Ist echt verdammt krass, aber Naja. Es ist schon hart zu wissen, dass man bald so viel Verantwortung tragen muss. Das musste ich ja nie tun und dann auf einmal doch. Was das Ganze perfekte Bild etwas zerstört ist, dass Jen Krebs hat. Sie ist so eine wunderschöne Frau und so lieb, sie hat das einfach nicht verdient. "Schaaaatz?" "Ja?" Rufe ich zurück. "Wir essen doch normal mit deiner Familie bei ihnen zuhause, oder?" Das war eine gute Frage. Sie sagten, dass wir zu ihnen zum Essen kommen sollen also gehe ich davon aus, dass wir nicht weggehen. "Ja!" rufe ich einfach. Es bleibt wieder still. "Kannst du Holly schon ihre Jacke anziehen?" ruft sie dann wieder von oben. Ich sehen mich nach der kleinen Hundejacke um und finde sie auf dem Schuhregal. Draußen ist es ziemlich kalt und Holly ist noch so winzige, dass sie immer gar nicht raus will, weil sie friert. Jen hatte mir erzählt, dass sie von diesen Jacken eigentlich nur sehr wenig hält, da sie sie schwachsinnig findet aber die kleine soll ja auch nicht frieren. Und in der Tasche herumtragen findet sowohl Jen als auch ich total bescheuert. Das geht vielleicht, wenn wir Autofahren aber so zum durch die Gegend tragen ist es dumm. Der arme Hund. Aber Holly ist definitiv verwöhnt. Sie ist Jen's kleine Prinzessin und bekommt alles und dennoch ist sie für ihr Alter sehr gut erzogen. "Soll sie wieder zum Autofahren in ihre Tragetasche?" Frage ich Jen, als sie runter kommt. "Ja die ist auch noch im Auto. Sie würde sonst nicht still sitzen im Auto. Hier die Schlüssel." sagt sie und reicht mir ihre Autoschlüssel. "Wieso? Ist doch dein Auto?" "Ja, aber ich möchte nicht fahren. Mein Bauch zieht wieder so doll und ich will mich etwas zurücklehnen." Ich seufze. Wie komme ich da denn jetzt bitte wieder raus? "Wollen wir zu Fuß gehen?" frage ich lächelnd. "Zu Fuß? Bis nach Wickede? Schatz das ist ja in Ordnung und das können wir mal machen aber das ist ein ordentlicher Fußmarsch und in meinem Zustand und bei der Kälte schaffe ich das im Leben nicht. In paar Monaten können wir zu Fuß gehen, wenn ich meinen Babybauch los bin." Verdammt. Ja, von hier aus ist das schon ein Stück bis zu meinen Eltern. "Können wir dann?" fragt sie ungeduldig. "Ja. Aber äh... Schatz? Mir tut mein Fuß wieder etwas weh. Kannst du nicht doch fahren?" Sie sieht mich besorgt an. "Ich dachte es ist schon besser geworden?" Ich zucke mit den Schultern. "Na komm. Ich fahre dann." Ich lächle sie an. In Gedanken klopfe ich mir auf die Schulter. Das war wirklich gut. Aber ich muss es ihr sagen. Dringend. Es tut nämlich verdammt weh sie anlügen zu müssen. "Aber dann nimmst du Holly auf den Schoß, damit sie nicht in die doofe Tasche muss." Ich nicke und nehme Holly hoch, ehe ich Jen noch einen Kuss geben.

Bei meinen Eltern angekommen lasse ich Holly runter und steige dann selber auch aus. Jen steigt auch aus und erst jetzt sehe ich sie mir richtig an. Sie trägt wieder die wunderschöne rote Perrücke. Sie hat sie sich etwas gelockt und auf jeder Seite hat sie eine Strähne nach hinten gemacht und die zwei Strähnen dann am Hinterkopf in der Mitte zusammen gebunden mit einem kleinen schwarzen Haargummi. Sie trägt eine schwarze Röhrenjeans und einen zartrosanen, dünnen, eng anliegenden Pullover, darüber einen einen grauen strick Cardigan und graue Vans. "Du siehst hübsch aus. Vor allem mit dem süßen Bauch." lächle ich und nehme ihre Hand. "Du bist auch nicht von schlechten Eltern." antwortet sie mir und zwinkert. Ich lache auf und stecke den Haustürschlüssel in das Schloss, um aufzuschließen. "Hallo!" rufe ich ganz laut durch das Haus, um auf mich aufmerksam zu machen. Das habe ich früher schon so gemacht. Mit dem kleinen Unterschied, dass ich früher als nächsten Schritt meine Trainingstasche oder meinen Schulrucksack hier auf den Boden gepfeffert habe und danach meine Schuhe mitten im Gang habe stehen lassen. Manchmal hielt ich es nicht mal für nötig meine Schuhe auszuziehen und bin mit den dreckigen Dingern durch die ganze untere Etage gelaufen, bis meine Mutter dann einen Anfall bekommen hat, als sie sei Sauerei sah. Da habe ich jedes Mal ordentlich Ärger kassiert. Gebracht hatte der Ärger aber nie was. Am nächsten Tag ging das dann mal gut und ich habe meine Schuhe ordentlich weggestellt aber den Tag danach habe ich wieder alles eingesaut. Meine Schwestern haben mir dann auch immer die Ohren vollgeheult ich solle gefälligst mal ordentlicher werden und nicht so einen Dreck machen. Bei meinem Zimmer war es immer das Selbe. Man konnte darin nie treten und der Staub hat sich auch überall auf den Regalen gesammelt. Das hat sich alles jetzt etwas geändert und seit Jen da ist sowieso. Ich achte immer darauf, dass alles ordentlich ist, damit sie "stolz" auf mich ist. "Hallo mein Schatz." lächelt Mama und kommt mit offenen Armen auf uns zu. Erst schließt sie mich in eine Umarmung und danach gleich Jen. "Kommt mit, ich habe das Essen schon fertig." Wir folgen ihr ins Esszimmer, wo mein Vater und meine Schwestern schon sitzen und sich unterhalten. "Ach Nee. Wenn es ums Essen geht sind alle da." lache ich und ziehe Yvonne in eine Umarmung und Melli gleich hinterher. "Klar, kennst uns doch." grinst Melli und füllt sich auch schon etwas zu Essen auf. "Wo hast du denn deinen Mann und deinen Sohn gelassen?" frage ich an Yvonne gerichtet. "Die machen heute einen Männerabend. Heißt so viel wie Disney Filme gucken, Popcorn essen und vor dem Fernseher einschlafen." lacht sie, woraufhin ich grinsen muss. "Na Mensch klingt doch geil." lache ich. "Was gibt es denn?" frage ich grinsend. "Nudeln." lächelt Mum mich an. Mir entweichen alle Gesichtszüge. "Hat sich Yvonne gewünscht." Ich funkel sie gespielt böse an, woraufhin sie nur grinst. "Ich weiß gar nicht was du hast. Nudeln und Tomatensoße sind soo lecker!" schwärmt Jen neben mir. "Jaaaaa genau! Fall du mir auch noch in den Rücken." "Was sonst?" "Wirst ja sehen." "War das eine Drohung?" grinst Jen. "Nein, ein Versprechen." grinse ich und wackle mit den Augenbrauen. Jen's Wangen röten sich sofort, was mich noch mehr grinsen lässt. Sie senkt ihren Blick und beginnt schnell zu essen, um es zu überspielen. Ich jedoch grinse sie weiter doof an. "Iss." lacht sie und boxt mir gegen den Oberarm. "Oh wow schatz hast du viel Kraft. Mensch ich glaub, dass der Arm jetzt gebrochen ist. Aaaauuuu." sage ich muss lachen, während ich mir den Arm halte. "Du bist doof." schmollt sie. "Nimm mal den Staubfänger da ab." lache ich und ziehe ganz leicht an einer Strähne an der Perrücke. Sie sieht unsicher in die Runde und erntet von allen ein Lächeln. "Okay." sagt sie leise und nimmt die Perrücke ab. Ich lächle sie an und beginne dann zu essen. "Kann ja wohl nicht wahr sein. Da komme ich mal zum Essen zu meinen Eltern und es gibt Nudeln. Wo sind die geilen Zeiten von früher? Wo es noch ordentliches Essen gab? So wie Gulasch zum Beispiel." "Tja, mein Sohn..." fängt mein Papa an. "... Das Leben ist kein Wunschkonzert." beendet er seinen Satz. Ich verdrehe grinsend die Augen. "Kann ja nicht jeder so doll auch Gulasch stehen wie du." lacht Melli. "Pff." mache ich und schiebe mir den nächsten Löffel in den Mund. "Du bist ein sehr wunderschönes Mädchen." sagt meine Mutter plötzlich und lächelt Jen an. "Danke." sagt Jen ganz leise und lächelt verlegen. "Ich hätte gern auch so eine tolle Familie wie eure." Wir sehen Jen alle an. "Du bist dir Freundin unseres Sohnes und wirst die Mama unserer Enkel sein. Wir sind längst deine Familie. Selbst, wenn es bei euch beiden irgendwann mal zu einer Trennung kommen sollte, was ich natürlich nicht hoffe, kannst du immer zu uns kommen. Du bist hier immer willkommen." sagt meine Mama und Papa nickt zustimmend und beide lächeln Jen an. "Ihr seid so toll." flüstert sie und ihre Stimme droht zu zerbrechen. Ich lege behutsam meine Hand auf ihren Oberschenkel und lächle sie an. "Aber da gibt es etwas, was etwas ich euch sagen muss. Marco habe ich es bereits gesagt." Ich sehe sie verwirrt an, genauso wie meine Eltern und meine Schwestern. "Sollte Marco ins Ausland wechseln werde ich nicht mitgehnen. Niemals."

Wenn das Schicksal zum Arschloch wirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt