7. André - der Morgen danach

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Der Duft von frisch aufgebrühten Kaffee ließ mich langsam zu mir kommen. Hmm ... Kaffee ... es gab nichts Besseres am frühen Morgen. Na ja, fast nichts Besseres. Fahrig suchte meine Hand nach Mr. Unnahbar, in dessen Bett ich mich zweifelsohne befand. Doch wohin ich auch tastete, meine Finger griffen immer wieder ins Leere. Mürrisch hob ich den Kopf und sah mich um. Gegen ein wenig Kuscheln, um in den Tag zu starten, hätte ich nichts einzuwenden gehabt. Aber da hatte ich wohl meine Rechnung ohne Johannes gemacht. Dieser stand mit verschränkten Armen neben dem Bett und starrte mich missbilligend nieder. Was hatte ich denn jetzt schon wieder verbrochen?

„Guten Morgen, Sonnenschein ...", begrüßte ich ihn trotzdem zuckersüß, nachdem er weiterhin den Stummen mimte, und schenkte ihm das schönste Lächeln, welches mein Repertoire hergab.

„Es ist bereits Mittag! Sag mal, wie lange gedenkst du noch, die Zeit im Bett zu vertrödeln?", fuhr er mich gleich mal wenig charmant an. Mein tolles Lächeln schien eindeutig seine Wirkung verfehlt zu haben. Wie konnte jemand nur so gut aussehen und gleichzeitig so miesepetrig sein? Ich mein mit diesem einfachen, schwarzen Shirt, der Jogginghose und den noch nassen, verstrubbelten Haaren, gehörte er hier neben mir ins Bett. Statt wie in Stein gemeißelt, immer noch mit verschränkten Armen vor der Brust, rumzustehen und mich weiterhin mit seinen Blicken zu erdolchen. Meine Libido hingegen konzentrierte sich lediglich auf sein Aussehen und spielte somit alleine schon bei diesem verdammt leckeren Anblick verrückt. Deswegen sollte er eindeutig nicht so weit entfernt von mir rumstehen, sondern stattdessen endlich zu mir ins Bett kommen.

„Möchtest du nicht zu mir unter die Bettdecke kommen?", lockte ich aufreizend und hob die Bettdecke an, in der Erwartung, meine stramme Morgenlatte könnte die größte Überzeugungsarbeit leisten. Langsam glitt sein Augenpaar an mir herab, um einen Augenblick auf meinem Schwanz zu verweilen, bevor er den Blick erneut hob. Da schöpfte ich noch Hoffnung. Immerhin sah ich das Glühen darin. Aber da hatte ich doch glatt sein vorlautes Mundwerk vergessen.

„Sollte mich das irgendwie beeindrucken?", spottete er, dabei schoss eine seiner Augenbrauen fragend in die Höhe. Perplex, da ich noch nie, also wirklich noch nie in meinem ganzen Leben je von einem Kerl abgewiesen worden war, öffnete ich den Mund, nur um ihn gleich darauf wieder zu schließen, und um nach einer passenden Erwiderung zu überlegen. Doch so schnell konnte ich gar nicht reagieren, da bückte er sich, sammelte meine Sachen vom Boden auf und warf sie mir in den Schoß.

Dabei zischte er unfreundlich: „Zieh dich endlich an, wir müssen reden." Drehte sich auf dem Absatz um und verschwand durch die Tür.

Reden, wieso waren die Leute immer so scharf drauf zu reden? Wenn man sich doch die Zeit auch viel schöner vertreiben konnte. Außerdem gab es zwischen mir und ihm schlicht nichts zu bereden! Er war mir nichts schuldig und ich ihm auch nicht. Die Nacht war toll und einer von uns würde lügen, wenn er behaupten würde, es hätte ihm nicht gefallen. Aber um des lieben Friedens willen erhob ich mich aus dem Bett und schlürfte gemächlich in die Dusche. Mit dem eingetrockneten Sperma auf meinem Bauch würde ich mit Sicherheit keine weltbewegenden Gespräche mit ihm führen.

Kurze Zeit später, um ihn nicht länger warten zu lassen, begab ich mich, nur mit einem Handtuch um die Hüften, auf die Suche nach ihm. Immerhin wollte ich brennend wissen, wie lange Mr. Unnahbar cool bleiben würde. Es konnte doch nicht angehen, dass ich der Einzige war, der hier spitz durch die Gegend lief und abgeblitzt wurde. Endlich unten angekommen betrat ich durch das Wohnzimmer die Küche, wo mein verschollener Prinz bereits über seiner Zeitung saß und sehr vertieft darin las.

„Na end ...", fing er an, doch ihm blieb die Sprache weg, als er hochsah. Na wer sagt es denn, so cool wie er tat, war der Mister wohl doch nicht. Die Gelegenheit ausnutzend, lehnte ich mich sexy in den Rahmen und fuhr mir langsam durchs noch nasse Haar. Niemand wies mich so mir nichts, dir nichts ab, ohne es zu bereuen, nicht einmal Mr. Adonis höchstpersönlich.

So stellte ich sehr zufrieden fest, dass er mich immer noch mit geweiteten Augen anstarrte. Es schien ihm durchaus zu gefallen, was er da sah, was mein Vorhaben, seine harte Schale zu knacken, nur bestärkte.

„Jetzt bist du immer noch nicht angezogen! Hat man dir nicht beigebracht, sich bei Fremden zu benehmen?", zischte er mich stinkig an, aber von dem bisschen Genörgel ließ ich mich nicht unterkriegen. Also stieß ich mich elegant vom Türrahmen ab, überbrückte die wenigen Schritte bis zum Esstisch, wirbelte den Stuhl herum und setzte mich rittlings darauf. Zum Schluss verschränkte ich meine Arme über der Lehne und betete meinen Kopf darauf. Endlich auf Augenhöhe nagelte ich ihn mit meinem Blick fest.

„Fremde?", fing ich unser Gespräch auf, dabei schoss meine Augenbraue in die Höhe. Was er konnte, konnte ich schon lange. „Schätzchen, du kommst seit einem halben Jahr Woche für Woche in den Club, nur um mit mir zu schlafen, da würde ich uns beide jetzt nicht gerade als „fremd" bezeichnen.", stellte ich überheblich grinsend fest. Schließlich war wirklich er es, der immer wieder aufs Neue meine Nähe suchte. Nicht das ich mich darüber beschweren würde, nein, überhaupt nicht, dennoch fand ich es in diesem Augenblick richtig, zu betonen, dass die Initiative immer von ihm aus ging. Missmutig und ertappt zugleich verzog er seine Lippen. Verdammt, er sollte lieber etwas Vernünftiges damit anstellen, wie mich zu küssen zum Beispiel. Immerhin konnte er das verdammt gut, wie er mir heute Nacht mehrfach bewiesen hatte.

Meine Gedanken wurden natürlich mal wieder nicht erhört. Räuspernd erhob er sich von seinem Stuhl, dass dieser schabend über den Boden rutschte. Drehte sich um, und fing an, im Zimmer auf und ab zu tigern. Trotz seiner recht barschen und abweisenden Art machte ich ihn scheinbar sichtlich nervös. Gut so!

„Eine Woche!", er hielt inne und starrte mich finster nieder. Eine Woche was? Hatte ich ihm irgendwie nicht zugehört? Oder was wollte er mir plötzlich so klipp und klar weismachen? „Ich versteh nicht?", fragte ich also sicherheitshalber nach. Wer wusste schon, was ihm da grade genau, durch sein hübsches Köpfchen spuckte.

„Du kannst eine Woche lang hierbleiben und währenddessen eine Wohnung suchen, aber dann bist du hier weg, ob mit oder ohne Bleibe!" Wild gestikulierend wirkte er ziemlich aufgebracht. Vielleicht hätte ich den Armen doch nicht so reizen sollen? Aber er hätte auch einfach nur in meinem Bett bleiben sollen, emm ... natürlich in seinem genau genommen, dann müssten wir uns auch nicht über so dämliche Sachen streiten, sondern könnten da anknüpfen, wo wir heute Nacht aufgehört hatten. „Und keinen Sex mehr!" Es schien, als hätte er meine Gedanken gelesen. Wie jetzt? Also damit war ich ganz und gar nicht einverstanden!

„Dir ist schon klar, dass du immer derjenige bist, der über mich herfällt?", erinnerte ich ihn an eine Tatsache, die sich wirklich nicht bestreiten ließ. Selbst das aller erste Mal, als wir beide im Heaven aufeinander getroffen sind, hatte er mich gepackt und mit sich in den Darkroom geschleppt. Sicher, es hatte mir überhaupt nichts ausgemacht, denn auch ich war vom ersten Augenblick an, hin und weg von ihm gewesen, aber ich stellte auch keine dummen Regeln auf, die ich so und so nicht einhalten würde.

„Ja ...", presste er zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor und ein bisschen sah es danach aus, als würde ihm dieser Zischlaut Schmerzen bereiten.

„Ich habe übrigens nichts dagegen, nur für den Fall, das es daran liegt!", versuchte ich mein Glück ihn umzustimmen. Er sah nämlich nicht so aus, als würde er das tatsächlich wollen, was er da von sich gab.

„Nein ... nein ...!" Irgendwie schien sein Auf und Ab panischer zu werden. Am liebsten wäre ich aufgestanden, hätte ihn in meine Arme gezogen und solange geküsst, bis er aufhören würde solchen Bullshit von sich zu geben. „Wenn du hierbleiben willst, dann wirst du dich täglich um eine Wohnung bemühen und mir ansonsten aus dem Weg gehen. Und nach dieser Woche gehen wir am besten wieder endgültig getrennte Wege."

„Aha ...", brachte ich trocken hervor. Was für eine Laus war ihm den über die Leber gelaufen? Doch bevor ich irgendwas hinzufügen konnte, machte er erbarmungslos weiter. „Haben wir uns da verstanden???"

Mr. Unnahbar (Mr. 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt