Oh Gott! Was hatte er nur vor? Oder besser gesagt, ich ahnte, was er vor hatte. Aber war ich bereit? Sicher, wir waren jetzt schon einige Jahre zusammen, aber irgendwie war Heiraten nie eine Option gewesen. Zumindest nicht für mich. Als er dann, vor ein paar Monaten, wir waren gerade dabei seine gezeichneten Pläne für unser gemeinsames Haus durchzudiskutieren, gefragt hatte, ob ich mir vorstellen könne, mit ihm zusammen als Ehepartner in das neue Haus zu ziehen. Da hatte ich „ja" gesagt. Einfach so, ohne groß darüber nachzudenken. Hatte ihn angegrinst und meinte: „Aber ohne großen Antrag wird das nichts werden, kennst mich ja." Und war eigentlich davon ausgegangen, dass er den Sarkasmus in meiner Aussage auch ohne hochgehaltenen Schild erkennen konnte. Er kannte mich, er wusste, dass ich davon nichts hielt. Nahezu allergisch auf solchen Kitsch reagierte. Bis zu dem Tag, als er plötzlich bei mir eingezogen war, hatte ich ja nicht einmal Weihnachten gefeiert und auch heut noch, ertrug ich die vier Wochen Glitzer-Tannen-Plätzchen Explosion in unserer Wohnung nur aus Liebe zu ihm. Er aber hatte mich hingegen mit großen Augen und mit seinem strahlenden Lächeln angesehen und meinte kurzerhand. „Das bekomm ich hin. Kennst mich ja." Und das war der Punkt, an dem ich Panik bekommen hatte. Er klang so gar nicht sarkastisch. Meinen fassungslosen Blick hatte er einfach ignoriert, sich vorgebeugt und mir einen Kuss auf die Lippen gehaucht, nur um anschließend etwas von Energiepässen zu erzählen. Seitdem war nun über ein halbes Jahr vergangen, in dem hier trügerische Ruhe herrschte. Er hatte das Thema Heiraten nie wieder erwähnt und mit der Zeit konnte auch ich es ganz gut aus meinen Gedanken verdrängt. Bis mir letzten Monat eröffnet würde, dass wir den diesjährigen Valentinstag auf den Malediven verbringen. In einem Wasserbungalow. Hatte ich ein Mitspracherecht? Nein! Hätte eine Einwände was gebracht? Natürlich nein! Konnte ich ihm was abschlagen? Verdammt auch ... ein definitives fettes nein!
Ich war kein Romantiker, aber auch ich konnte eins und eins zusammenzählen. Und Strand und Valentinstag ergaben für mich einen Heiratsantrag. Oh Gott! Erneut fuhr ich mir übers Gesicht. Wie sollte ich das nur überleben?
„Alles in Ordnung, Johannes?", wollte er scheinheilig wissen. Wir waren gerade im Paradies gelandet und fuhren mit dem Taxi zu dem Speedboot, das uns zu unserer Insel mit dem Resort bringen würde. Ich hatte mich eigentlich immer für einen coolen Typ gehalten und bis auf den Moment, als André halb tot auf meinem Op Tisch gelandet war, hatte ich größtenteils immer Nerven behalten. Das wurde einem in meinem Job quasi eingeimpft. Aber auch als Kind war ich immer rational, immer gefasst und hatte mich stets unter Kontrolle. Hier saß ich aber jetzt in einem Taxi, und trotz Klimaanlage, stand mir der Schweiß auf der Stirn. Wieso stresste ich mich so rein? Es gab Schlimmeres, als den Mann, den man liebte zu heiraten. Aber einen Antrag, mit allem Pipapo, da bekam ich allein schon bei dem Gedanken daran Pestbeulen, Schweißausbrüche und Schnappatmung.
„Wenn du das sagst.", murmelte er und sah wieder lächelnd aus dem Fenster, wo am Straßenrand die Palmen an uns vorüber zogen.Das war unfair! Wieso war er plötzlich derjenige, der cool rüber kam. Lässig und rational. Während ich mich hier neben ihm zum Affen machte. Wieso hatte ich mir nicht irgendein Beruhigungsmittel mitgenommen? Aber wer machte den sowas?
Ich hätte es einfach selbst in die Hand nehmen müssen. Im zuvorkommen und ihn einfach fragen, ohne großes Trara. Einen blöden Ring an den Finger stecken und die Sache wäre gegessen. Aber dafür war es wohl etwas zu spät. Rauszögern war nun mal nicht immer die beste Taktik. Das war mir spätestens jetzt auch klar.
„Siehst du das Wasser?!", seufzte er und klebte förmlich an der Scheibe. „Ich bin so auf unseren Bungalow gespannt.", setzte er hinzu und blickte über die Schulter zu mir. „Wir können vor dem Frühstück schon von unserer eigenen Terrasse aus ins Wasser und schwimmen. Glaubst du, die Schildkröten kommen soweit raus? Das wäre es doch, jeden Morgen mit diesen wunderschönen Tieren zu tauchen...", schwärmte mein Liebster und sah wieder hinaus. Wo man tatsächlich hin und wieder die Sicht auf den Indischen Ozean erhaschen konnte. „Keine Ahnung!", murmelte ich. Ich hatte weitaus andere Sorgen. Wie würde es passieren? Wie würde ich reagieren? Ich wollte ihn nicht enttäuschen. Dennoch hatte ich das Gefühl, das mein Gesicht Bände sprechen würde. Oh Gott, was, wenn er dann feststellte, dass wir doch nicht zusammen passen würden? Das jemand, der romantischer wäre, dem solche Sachen wichtig wäre, besser an seine Seite passte? Mein Herz blieb stehen und ich sah panisch aus meinem Fenster, damit er mein Gesicht nicht sehen konnte. „Johannes!", fuhr ich mich geistig selbst an. „Hör auf zu spinnen! André liebt dich! André kennt dich! Er weiß, dass er mit einem mürrischen Grinch liiert ist, und das nicht erst seit gestern." Ich würde einfach lächeln und ja sagen. Egal wie kitschig, egal wie nervig es sein würde. Mentales Gutzureden war ok, irgendwelche Psychopharmaka wäre aber definitiv besser gewesen.
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Mr. Unnahbar (Mr. 1)
RomanceEin Club. Samstagnacht für Samstagnacht. Heiß, hart, anonym. Zwei Männer, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Zwei Welten, die aufeinander prallen. Der eine - ein typischer Workaholic, null Privatleben. Nimmt das Leben immer todernst und g...