4. Johannes - unverhofft

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Erschrocken fuhr ich aus dem Schlaf und lauschte in die Stille. Irgendetwas hatte mich doch gerade geweckt? Todmüde griff ich nach dem Handy auf meinem Nachtkästchen und sah auf die Uhr. Kurz vor elf. Ich war demnach kaum eine Stunde im Bett gewesen.

Es schellte erneut an der Tür und ließ mich zusammen zucken. Wer zum Henker war so lebensmüde, und läutete um kurz vor elf an meiner Haustür? Die Leute, die mich kannten, wussten, dass ich die letzten Tage beinahe rund um die Uhr gearbeitet hatte und endlich Schlaf nachholen musste. Vor allem, wenn man Bereitschaft hatte und der Pieper sich jeden Augenblick wieder melden könnte. Kurz überlegte ich tatsächlich den Störenfried einfach vor verschlossenen Türen stehen zu lassen, besann mich aber doch anders. Es könnte ja in Wirklichkeit wichtig sein und sich um einen Notfall handeln. Also verließ ich murrend mein Bett und lief, nur in meiner Pyjamahose bekleidet, die Treppe hinunter in das Foyer. Je schneller ich nachsah, desto schneller würde ich wieder ins Bett verschwinden können, in der Hoffnung noch ein Paar Stunden Schlaf zu ergattern.

Durch das Milchglas der Tür konnte man nicht mehr als einen dunklen Schatten erkennen. Folglich zog ich die Tür auf, um das Geheimnis des unliebsamen Gastes zu lüften. Gerade wollte ich zu einem Gruß ansetzen, als mich fast der Schlag traf. Sah bestimmt amüsant aus, wie ich, wie ein Fisch auf dem Trockenen, meinen Mund öffnete und gleich darauf unverrichteter Dinge wieder schloss.

„Hi ...", grüßte mich der Typ, der in den letzten Monaten zu meiner Samstagabendbeschäftigung mutiert war. Immer noch konnte ich vor Staunen lediglich nur blinzeln.

„Es ist Mittwoch ...", stotterte ich das erst Beste, was mir in den Sinn kam. Ein Grinsen erschien auf seinem Gesicht und er legte den Kopf etwas schräg.

„Oh... es kann sprechen!", wieder dieses Lächeln, das mir durch und durch ging. Kein Wunder, dass ich ihn lieber von hinten nahm. Seinem Anblick konnte man wirklich nur allzu schnell verfallen.

„Ja ... ich weiß!", fing er wieder an zu sprechen, nach dem er vergeblich auf eine Reaktion meinerseits gewartet hatte. Nur schien ich immer noch völlig neben der Spur zu stehen. Vielleicht träumte ich ja auch noch? War ja nicht so, dass es schon das ein oder andere Mal vorgekommen war. Vor allem, wenn der Stress mich überrannte und die Samstagnacht noch unendlich fern schien.

„Meine Sehnsucht nach dir war so groß, da dachte ich, ich zieh den Samstagabend einfach mal vor und schau schon heute bei dir vorbei." Nun etwas zerknirscht, griff er sich verlegen in die Haare und strich sie sich hinters Ohr.

„Aha ..." Was Besseren fiel mir grade partout nicht ein. Ich meine, da stand auf einmal, mir nichts dir nichts, ein fast fremder Kerl von meiner Tür und faselte etwas von Sehnsucht. Halt! Stopp! Woher wusste er, wo ich wohnte? Wie ich hieß? Und was zum Henker wollte er so spät abends noch von mir? Mein Gehirn, welches sich scheinbar ganz langsam von seinem Schock erholt hatte, überflutete mich zur Abwechslung mit lauter Fragen. Berechtigten Fragen, wie ich fand.

„Was willst du hier?", fuhr ich ihn also verständlicherweise, wenn auch gewiss etwas schroffer an, als es hätte sein müssen. Aber er schien ja irgendwas von mir zu wollen, sonst würde er nicht mit gepackter Tasche vor meiner Tür stehen. Holly shit! Was sollte die gepackte Tasche hier? Demnach war er entweder ein Massenmörder, der darin seine Spiel- und Folterinstrumente beherbergte oder ... Gott, die zweite Möglichkeit wollte ich mir gar nicht erst ausmalen.

„Du ..." fing er an, räusperte sich aber gleich darauf und fuhr sich erneut nervös durchs Haar. „Ich weiß es ist blöd, aber ..." „Wenn du weißt, dass es blöd ist, wieso bist du dann da und nervst mich?", fiel ich ihm sofort mal ungehalten ins Wort. Ich musste ihn schnellstmöglich loswerden, immerhin ahnte ich längst, was er von mir wollte und ich war ganz und gar nicht bereit, es ihm zu geben.

Mr. Unnahbar (Mr. 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt