𝙲𝙷𝙰𝙿𝚃𝙴𝚁 𝚃𝙷𝚁𝙴𝙴

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~ „Es kommt nicht darauf an, wie lange man wartet, sondern auf wen." ~
(Film - Manche mögen's heiß)

𝓐ls der Typ mich erkannte, drückte er sich von dem Laternenmast ab und kam mir entgegen.
Mein Puls raste, ich spürte ihn in meinem Hals, aber ich durfte mir nichts anmerken lassen.
„Na, Kleines?", hörte ich ihn sagen.
Meine Nackenhaare stellten sich auf, als ich sein breites und selbstsicheres Lächeln sah.
„Chloe. Ich heiße Chloe.", meine Stimme klang monoton.
„Alessandro.", stellte er sich vor, als wir uns gegenüber standen.
Argwöhnisch sah ich ihn an.
Er trug ein weißes T-Shirt, welches um seinen Bizeps etwas spannte, dazu eine dunkle Jeans und weiße Sportschuhe. Nichts an ihm sah aus, als wäre er reich. Er war ein eher einfacher Typ, zumindest nach außen hin.
Sollte er nicht eigentlich einen Anzug tragen? Oder zumindest ein Hemd und Lackschuhe oder so etwas?
Durch die bessere Beleuchtung der Straßenlaterne konnte ich ihn genauer erkennen.
Schon in dem schummrigen Licht der Bar sah er einigermaßen gut aus, aber jetzt sah er irgendwie richtig gut aus. Seine Augen waren tatsächlich braun und seine Haare, die er lässig gestylte hatte, sowie sein Bart waren dunkelbraun.
Für einen kurzen Augenblick wischte sein gutes Aussehen meine Sorgen davon. Dennoch blieb ich auf Abstand und verschränkte meine Arme vor der Brust.
„Können wir? Es ist frisch geworden."
Ich wollte diese Aktion schnell hinter mich bringen. Alessandro nickte und wir verließen zu Fuß den Parkplatz.

#

Angespannt lief ich mit Alessandro über die Straßen. Das er nicht mit dem Auto hier war, wunderte mich nicht. Immerhin war er pflichtbewusst und riskierte nicht, betrunken Auto zu fahren.
Sind wir bald da?", fragte ich, als wir geschätzte dreißig Minuten schweigend gelaufen waren.
Mittlerweile hatten wir ein Wohngebiet erreicht, also dürfte sein Zuhause nicht mehr weit weg sein. Ich sah mich um und stellte fest, das es hier nicht wirklich nach Reichtum aussah.
Egal wo ich hinsah, ich sah nur ganz normale amerikanische Familienhäuser.
„Wir sind da.", verkündete Alessandro.
Wir blieben kurz vor dem Haus stehen, wobei mir nicht klar war, warum Alessandro stehen blieb. Ich tat es, damit ich mir das Haus genauer ansehen konnte. Auch dies war ein ganz normales Haus. Es hatte zwar zwei Etagen und vor ihm stand ein teures Auto, aber wenn ich ehrlich war, hatte ich mit einer Villa oder sowas gerechnet.
Mit meinem Finger deutete ich skeptisch auf das Haus: „Das da? Wie kann man so viel Bargeld mit sich rumtragen und dann nur ein einfaches Haus haben?"
„Ist das so erstaunlich? Ich lebe dort alleine, warum sollte mein Haus noch größer sein?", stellte er mir eine Gegenfrage. Das war ein gutes Argument, dennoch blieb ich skeptisch.
„Du bist jung, vielleicht in meinem Alter, wie kann es also sein, das du überhaupt so viel Geld hast?", hakte ich jetzt genauer nach.
Alessandro lächelte, sah mich aber nicht an und starrte zum Dach: „Geschäfte, Kleines."
Damit war das Gespräch beendet und er ging durch den Vorgarten zur Haustür.
Es war wohl besser für mich, nicht weiter auf diese besagten Geschäfte einzugehen. Diese ganze Sache war schon suspekt genug und ich war wirklich froh, den Live Standpunkt aktiviert zu haben. Sein gutes Aussehen alleine reichte nicht mehr, um mich zu beruhigen.
Als er die Haustür geöffnet hatte, ging ich ihm zögerlich hinterher. Mit einem schnellen Handgriff schaltete Alessandro das Licht an.
Der Flur war nicht breit, dafür aber um so länger. Von ihm gingen einige Türen in die Nebenräume, welche es genau waren, konnte ich von meinem Standpunkt an der Haustür nicht erkennen.
Dann schaltete Alessandro ein weiteres Licht in einem anderen Raum an und verschwand durch den Türrahmen. Langsam folgte ich ihm und sah mich dabei genau um.
Ich betrat ein Wohnzimmer, mit Ausblick auf einen Garten. Während ich mich so umsah, stellte ich fest, das er bei der Inneneinrichtung Stil hatte, jedoch gab es nichts persönliches in diesem Raum. Nichts, was auf den Besitzer des Hauses schließen ließ. An den Wänden hingen keine Bilder und es standen auch nirgendwo Fotos. Das Wohnzimmer war zwar schön, hell eingerichtet und groß, aber es sah lediglich aus, wie eine Kopie eines Möbelmagazins.
Alessandro ging zu einer Vitrine, nahm Gläser und eine Flasche Rotwein daraus, und stellte sie auf den Couchtisch.
„Setz dich.", bot er mir an, als er die Gläser füllte.
Vorsichtig, immer mit einem Auge auf ihn gerichtet, setzte ich mich auf die gut gepolsterte Couch. Meine Tasche behielt ich auf dem Schoß, klammerte mich daran, als wäre sie mein Halt.
„Entspann dich doch mal.", sagte Alessandro, als er mir ein Glas Rotwein reichte.
Das war zwar leichter gesagt als getan, aber bis jetzt war alles normal verlaufen. Es gab keinen Grund angespannt zu sein.
Hätte er böse Absichten gehabt, dann hätte er doch schon längst etwas getan, oder nicht?
Ich meine, ich bin auf sein Angebot eingegangen, also wieso sollte er mich zu irgendetwas zwingen?
Das einzige Schlimme was er tun könnte, wäre mir das Geld nicht auszuhändigen, wenn wir hier fertig waren. Und das war in Anbetracht der ganzen anderen Dinge, die passieren könnten, ein winziges Übel.
Also atmete ich tief durch und stellte meine Tasche neben die Couch, schlug die Beine übereinander und nahm das Glas entgegen.
Ganz ruhig Chloe, es wird schon nichts passieren, dachte ich und nahm einen großen Schluck Rotwein. Der Geschmack explodierte auf meiner Zunge.
Das musste ein wirklich teurer Wein sein. Er schmeckte ganz anders, als die billige Plörre die Grace und ich immer tranken. Sofort trank ich das Glas aus.
„Genießen kannst du anscheinend nicht.", stellte Alessandro belustigt fest und goss mir nach.
Dann stellte er die Flasche ab und setzte sich neben mich.
Gott sei Dank ließ er etwas Luft zwischen uns.
„Kommt ganz auf die Situation an.", antwortete ich und leckte mir lasziv den Rest Wein von meinen Lippen. Gebannt beobachtete Alessandro mich dabei. Irgendwie musste ich die Situation auf den richtigen Pfad führen, immerhin war ich nicht für einen Small Talk hier.
Als er nichts weiter erwiderte, setzte ich Einen drauf: „Kannst du mich denn genießen lassen?"
Ich rückte ein Stück näher zu ihm und sah ihm in seine braune Augen. Alessandro musste hart schlucken und seine Pupillen weiteten sich.
Dann schüttelte er leicht den Kopf, als müsste er zur Besinnung kommen, und hob seine Hand: „Deswegen bist du nicht hier, Chloe."
Verwirrt rutschte ich wieder ein Stück von ihm weg: „Weswegen dann?"
Die Stimmung veränderte sich schlagartig und Alessandro wirkte distanziert. Ich war der Meinung, dass das eine schnelle Nummer werden würde und ich eine Menge Geld dafür bekäme.
Stattdessen sah es jetzt nach etwas ganz anderem aus.
Da Alessandro aber keine Anstalten machte, mir die Situation zu erklären, wurde das mulmige Gefühl in mir wieder stärker.
„Okay, wenn du mir nicht antworten möchtest, dann gehe ich halt.", sagte ich bestimmt und griff nach meiner Tasche. Alessandro hielt mich jedoch auf und griff nach meinem Handgelenk.
Jetzt gesellte sich zu meinem mulmigen Gefühl auch noch Angst. Sein Griff um mein Handgelenk war fest und wurde unangenehm.
„Ich möchte gehen. Kannst du mich loslassen, bitte?", versuchte ich es mit einem netten Ton, doch meine Verunsicherung war deutlich in meiner Stimme zu hören. Alessandro ließ mich nicht los.
„Lass.Los.", wurde meine Stimme lauter und panischer. Mein Herz raste und es begann in meinen Ohren zu rauschen.
Ich hätte mich nicht von Grace bereden lassen sollen und hätte lieber auf mein Gefühl gehört.
Jetzt hatte ich den Salat und ich wusste nicht, wie ich aus diesem Haus verschwinden konnte.
Wieso war ich auch nur so blöd gewesen?
„Setz dich wieder hin, Kleines.", Alessandro's Stimme klang auf einmal nicht mehr so ruhig.
Wieder versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien, doch er ließ einfach nicht locker, ich war kurz davor, ihm in seine Hand zu beißen.
Plötzlich räusperte sich jemand hinter uns.
Vor Schreck zuckte ich zusammen.
Als ich mich zu dem Räuspern wandte, begann mein Herz noch schneller zu rasen und ich bekam keine Luft mehr.
In dem Türrahmen standen die anderen beiden Männer, die mit Alessandro an einem Tisch gesessen hatten.
Es war wirklich eine unglaublich dumme Idee gewesen, mich auf Alessandro einzulassen.

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