𝙲𝙷𝙰𝙿𝚃𝙴𝚁 𝚃𝚆𝙴𝙽𝚃𝚈𝙽𝙸𝙽𝙴

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~ „Am liebsten erinnern sich die Frauen an die Männer, mit denen sie lachen konnten." ~
(Anton Tschechow)

𝓘n dem Privatjet saß ich neben Alessandro.
Ich hatte nicht lange gebraucht, um Cristiano's Hand anzunehmen. Irgendetwas tief in mir sagte mir, das ich es bereuen würde, wenn ich es nicht getan hätte. Insgeheim hoffte ich, das es nicht doch andersherum war.
Als wir in die Lüfte hoben, kuschelte ich mich an Alessandro's Schulter und sah aus dem Bullauge des Jets in den Himmel, wo langsam die Sonne aufging. Es war ein unglaubliches Spektakel, wie sich der dunkle Himmel langsam in eine bunte Farbenpracht verwandelte.
Immer wieder tauchten einige Wolken auf, die aussahen wie weiche, kleine Wattebäuschen.
Die letzten Stunden hatten mir meine Lebensenergie geraubt und ich schloss irgendwann die Augen. Hinter meinen Lidern spielte mein Kopf jedoch jede einzelne Szene dieser Stunden erneut ab und mir fiel es schwer, in einen tiefen Schlaf zu fallen.
„Schläft sie?", hörte ich Cristiano fragen.
„Denke schon.", murmelte Alessandro, konnte sich aber nicht davon überzeugen, weil er sich nicht bewegen wollte.
„Sag mal Massimo, was warn' das eben?", fragte Cristiano dann verplüfft.
Leider konnte ich Massimo's Gesichtsausdruck nicht erkennen, da ich die Lüge aufrecht erhalten wollte, das ich schlief. Vielleicht würde ich intime Geheimnisse erfahren, wenn sie dachten, das ich nicht mehr wach war.
„Na ich meine, du redest doch sonst nicht von Gefühlen. Du hast nicht mal Gefühle!", erklärte Cristiano belustigt, als hätte Massimo ihm einen fragenden Blick zugeworfen. Wahrscheinlich meinte er damit, das Massimo mir eben im Wohnzimmer ihre Gefühle gestanden hatte.
„Hm.", knurrte er, wie immer schlecht gelaunt.
„Unser Massimo wird halt endlich mit 30 Jahren erwachsen.", mischte sich Alessandro ein.
„Halt's Maul.", knurrte Massimo wieder und Cristiano und Alessandro fingen an zu lachen.
Schnell sammelte sich Alessandro wieder und lehnte sich etwas nach vorne. Bestimmt um sich zu vergewissern, ob ich weiterhin schlief.
Ich bewegte mich keinen Millimeter.
„Was meint ihr? Was wollten diese Typen von ihr?", fragte Alessandro dann, als er sich wieder zurücklehnte.
„Keine Ahnung, aber sie waren auf gar keinen Fall vom FBI.", antwortete Cristiano.
„Micaela wird sich schon darum kümmern.", wandte Massimo ein. Also war Micaela also vorerst in Amerika geblieben. Ich hoffte nur, das sie gut auf sich selbst aufpassen konnte.
Wenn ich so darüber nachdachte, konnte sie wahrscheinlich besser auf sich aufpassen, als ich. Dennoch machte ich mir ein wenig Sorgen um sie. Schnell schwiegen die Brüder sich wieder an und tatsächlich spürte ich, wie die Müdigkeit langsam die Oberhand gewann.

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„Aufstehen Sonnenschein, wir sind da.", hörte ich Cristiano's Stimme und richtete mich ruckartig auf. Verwirrt sah ich mich um.
Wir saßen immer noch in dem Jet, aber jetzt schien die Sonne durch das Fenster.
Als ich hinausspähte, erkannte ich lediglich einen Flughafen. Wir hätten überall sein können.
Dann wandte ich meinen Blick wieder zu den Brüdern, Alessandro war mittlerweile aufgestanden.
„Wie kann man denn einen knapp elf Stunden Flug verschlafen?", fragte ich verwundert.
Alle zogen die Schultern in die Höhe.
Wir stiegen aus dem Jet aus und stiegen direkt in einen Wagen ein, der mitten auf der Landebahn stand.
„Wo fahren wir jetzt hin?", fragte ich leicht aufgeregt, immerhin war ich noch nie in Italien gewesen. Um ehrlich zu sein, war ich noch nie irgendwo anders gewesen, als zuhause.
„Da gibt es ein winziges Problem, Kleines."
Verwundert wandte ich mich zu Alessandro, der mir direkt ein Tuch in mein Gesicht drückte.
Es stank nach Chemie und der Geruch kam mir definitiv bekannt vor. Bevor mir durch den Kopf ging, das er das schon einmal getan hatte, wurde ich ohnmächtig.

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Als der Wagen anhielt, zuckte ich zusammen. Langsam blinzelte ich gegen das Licht an, was in meinen Augen brannte.
Sofort richtete ich mich auf und sah wütend zu Alessandro: „Du hast mich betäubt! Schon wieder!"
„Es war zu deinem Besten.", erklärte er und stieg aus dem Wagen.
Empört schnappte ich nach Luft und stieg zusammen mit den Anderen aus.
„Mach das nie wieder!", rief ich über das Autodach hinweg.
„Mal sehen.", sagte er belustigt und ging auf die Eingangstür zu. Ohne auf mich zu warten, gingen die anderen beiden auch los.
Kopfschütteln lief ich ihnen hinterher: „Wieso habt ihr das gemacht?"
„Damit du nicht weißt, wo du bist.", erklärte Massimo, als wir an der Tür ankamen.
„Oh, als ob ich von Italien aus zu Fuß nach Hause laufen würde!", fauchte ich.
Alle lachten und gingen durch die Tür.
Ich verdrehte meine Augen und folgte ihnen. Gerade hatte ich das Gefühl, das sie mich absolut nicht ernst nehmen.
Als ich die Eingangshalle betrat, sah ich mich verblüfft um und vergaß meine Empörung.
„Also, wenn ich nicht gesehen hätte, wie das Flugzeug abgehoben ist, würde ich denken, wir sind noch in Amerika.", sagte ich.
Tatsächlich sah der Eingang genau so aus, wie der in der Villa zuvor. Selbst die abgehenden Räume von hier aus waren identisch.
„Oh, die kleinen Ragazzi sind wieder zuhause! Wie lange habe ich euch schon nicht mehr gesehen!", hörte ich eine fröhliche Stimme trällern und eine ältere Frau trat aus der Küche.
Sie trug ein Zimmermädchen-Kleid in schwarz, mit einer weißen Schürze und ihre grauen Haare hatte sie streng zu einem Dutt gebunden. Um ihre wachen, braunen Augen lagen tiefe Falten. Auch um ihre Mundwinkel hatten sich Falten gebildet. Dies waren nicht nur Falten des Alters, sondern Zeichen eines freudigen und fröhlichen Lebens. Diese Frau musste oft und gerne in ihrem Leben gelacht haben. Bei ihrem Anblick wurde mir ganz warm um mein Herz. Sie sah aus wie die Oma, die ich nie hatte.
Die Dame war unglaublich klein, scheute sich aber nicht davor, jedem von den Brüdern in die Wange zu knuffen.
Dann wandte sie ihren Blick zu mir: „Oh? Wer ist denn diese hübsche, junge Frau?"
Ihr Akzent war irgendwie niedlich. Generell machte sie einen richtig niedlichen Eindruck.
Freudestrahlend sah sie mich von oben bis unten an, ich reichte ihr meine Hand: „Meine Name ist Chloe, Chlor Olson."
Sanft schlug sie meine Hand beiseite und nahm mich in ihre Arme. Verblüfft erwiderte ich ihre Umarmung.
„Das ist unsere Nonna.", erklärte Alessandro stolz.
„Eure Oma?", etwas italienisch konnte ich schon.
„Oh nein, Liebes. Sie nennen mich einfach nur so. Biologisch habe ich, Gott bewahre, nichts mit diesen Rüpeln zu tun. Dennoch liebe ich sie, wie meine eigenen Enkel.", erklärte sie, als sie sich von mir löste und die Brüder liebevoll ansah.
„Sie arbeitet für unsere Eltern, seitdem wir auf der Welt sind.", wandte Massimo ein.
Stolz lächelnd drehte sie sich zu ihm: „Oh, ich erinnere mich noch an all die Tage, an denen ich eure Weh-Wehchen geheilt, euch gefüttert und eure vollen Windeln gewechselt habe. Ihr wart so süße, kleine Racker."
Cristiano fuhr mit seiner Hand an seine Stirn und schüttelte leicht den Kopf: „Peinlich."
„Ach was.", Nonna schlug ihm auf die Brust: „Und endlich mal bringt ihr ein Mädchen mit nach Hause. Das ich das noch mal erleben darf."
„Wo sind unsere Eltern?", fragte Massimo dann, um die Peinlichkeiten zu kaschieren.
„In Deutschland.", antwortete Nonna.
„Da gibt es euch auch?", fragte ich verwundert.
Die Brüder nickten nur.
Dann wandte Nonna sich wieder zu mir: „Komm Liebes, du hast bestimmt Hunger. Gut, das ich gerade gekocht habe. Es gibt gefüllte Cannelloni."
„Und wir dürfen nichts essen?", fragte Cristiano enttäuscht. Nonna lachte nur und ging zurück in die Küche.
„Cannelloni? Zum Frühstück?", gab ich verwirrt von mir.
Die Brüder fingen laut an zu lachen.
„Kleines, es ist zwölf Uhr mittags.", erklärte Alessandro mir ihre Belustigung. Mit großen Augen sah ich sie an, aber langsam wurde es mir klar. Wir waren elf Stunden geflogen, dennoch gab es eine Zeitverschiebung in Europa. Ich musste also sechs Stunden abziehen. Was mich darauf schließen ließ, das ich eine Null in Mathe und Allgemeinwissen war.
„Oh man, ich liebe Nonna's Cannelloni. Die Letzten sind schon viel zu lange her.", schwärmte Cristiano. Erst jetzt fiel mir auf, wie familiär die Situation gerade war. Wieder Mal stellte das die Brüder in ein ganz anderes Licht.
Bewundernd sah ich sie an und fing an zu lächeln. Anscheinend war es doch keine schlechte Idee gewesen, mit ihnen zu kommen.
„Kommt ihr kleinen Racker, wir gehen was essen.", witzelte ich und marschierte in die Küche.
„Ha. Ha. Wie lustig.", raunte Massimo, dann folgten die Brüder mir in die Küche.

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