𝙲𝙷𝙰𝙿𝚃𝙴𝚁 𝚃𝚆𝙴𝙽𝚃𝚈𝙵𝙸𝚅𝙴

119 6 2
                                    

~ „Die einzigen wirklichen Feinde eines Menschen sind seine eigenen negativen Gedanken." ~
(Albert Einstein)

TRIGGERWARNUNG!

𝓜icaela zog mich die Kellertreppen hinab, nachdem sie die Tür hinter uns geschlossen hatte. Hier unten war es kalt und es roch komisch. Ein modriger Geruch stieg mir in die Nase, aber es lag noch etwas anderes in der Luft, was ich nicht identifizieren konnte.
Micaela öffnete eine weitere Tür und wir betraten eine Art Hobbyraum. Hier war es wärmer und es roch auch angenehmer.
Ich hätte mir auch kaum vorstellen können, das die Brüder bei dem Gestank von vorhin ihren Hobbys hätten nachgehen können.
Mitten in dem Raum blieb ich stehen und schüttelte meinen Kopf. Wie konnte ich in meiner derzeitigen Situation über solch belanglose Dinge nachdenken?
„Wer hat da geschossen?", wollte ich dann wissen.
Micaela sah sich kurz um: „Das weiß ich nicht. Das kann einer von uns gewesen sein oder einer von den Anderen."
„Den Anderen?", hakte ich nervös nach.
Micaela ging zur Tür, schloss sie ab und ging dann zu einem Sessel, der neben einem Bücherregal stand. Mit aller Kraft schob sie den klobigen Sessel über den Boden und vor die Tür.
Wie angewurzelt blieb ich stehen und verstand immer noch nicht, was hier los war.
„Micaela, wer sind die Anderen?", fragte ich erneut, als sie den Sessel platziert hatte.
Angespannt drehte sie sich zu mir, ihre freundliche Art von vorhin war komplett verschwunden.
Sie hatte nun einen Auftrag zu erledigen, in dem keine Emotionen zulässig waren.
„Unsere Feinde. Und jetzt halt die Klappe und setz dich irgendwo hin! Ich muss mich konzentrieren.", befahl sie.
Langsam sah ich mich in dem Raum um. Bei dem Wort Feinde schauerte es mir.
Warmes Licht erhellte den Raum, in dem ein Klavier und Bücherregale standen. Gegenüber von der Tür stand ein Schreibtisch mit einem Stuhl, auf den ich zuging.
„Nicht. In. Der. Nähe. Von. Der. Tür.", betonte Micaela jedes Wort. Auch wenn ich keine Ahnung hatte wieso, blieb ich stehen und entschied mich, mich auf die Bank vor dem Klavier zu setzten.
Nervös lief Micaela im Raum auf und ab, fischte ihr Handy wieder aus der Hosentasche.
Mir war zwar klar, das das hier gerade eine gefährliche Situation war, aber irgendwie fühlte ich mich wie betäubt.
Das Ausmaß war mir nicht mal ansatzweise klar.
Wahrscheinlich hing ich unterbewusst noch in meiner Traumwelt fest und war mir deswegen nicht im Klaren, wie gefährlich das alles war.
Micaela hob ihr Handy an ihr Ohr und murmelte: „Geh endlich dran. Geh doch dran. Na los."
Dann nahm wohl jemand ab: „Massimo! Ihr müsst nach Hause kommen! Wir wurden...", doch sie stoppte.
Sie schnaubte und nahm das Handy vom Ohr: „Aufgelegt."
Dann sah sie mich an: „Du musst jetzt wirklich auf mich hören, Chloe. Ich weiß, das du gerne Regeln brichst, aber das hier ist jetzt wirklich wichtig. Sonst bedeutet das unseren Tod."
Als hätte sie mir gerade in mein Gesicht geschlagen, wurde ich wach. In meinen Ohren hallte der Schuss von eben, die Bilder der aufgeregten Bodyguards spielten sich vor meinen Augen ab und mein Puls begann zu rasen.
Meine Atmung wurde schnell und flach, ich bekam kaum noch Luft. Jetzt geriet ich richtig in Panik.
Micaela kam auf mich zu, kniete sich vor mich und sah mir in meine Augen: „Ruhig Atmen. Ein und wieder aus. Ein und wieder aus."
Ich griff nach ihren Händen und versuchte mich wieder zu beruhigen.
Als ich wieder Luft bekam, fragte ich: „Was machen wir jetzt?"
„Warten. Was anderes können wir nicht tun. Die Jungs werden kommen.", beruhigend war ihre Antwort aber nicht.
Plötzlich polterte es über uns und meine Atmung beschleunigte sich wieder.
Micaela sah nach oben und stand auf: „Sie sind im Haus."
Ich vergrub mein Gesicht hinter meinen Händen und versuchte mich wieder zu beruhigen, die Kontrolle über meinen Körper wiederzuerlangen.
„Du musst jetzt leise sein.", flüsterte Micaela.
Ich nickte, versteckte mein Gesicht aber weiterhin hinter meinen Händen. Das Poltern fand ein Ende und es wurde ganz still um uns.
Die Stille klingelte in meinen Ohren und ich begann zu zittern.
Für eine gefühlte Ewigkeit war nichts mehr zu hören, nur Micaela's und meine Atmung.
Unglaublich viele Gedanken rasten durch meinen Kopf, aber ich bekam sie alle nicht zufassen.
In was war ich nur hier rein geraten?
Es war nicht so, das ich mich bei Micaela unsicher fühlte, aber wir waren hier unten gefangen. Aus diesem Keller gab es keinen anderen Ausweg, als wieder nach oben zu gehen.
Dort hin, wo es eben noch so laut gepoltert hatte.
Dann hämmerte es gegen die Tür und es wurde an der Klinke gerüttelt.
Ich zuckte vor Schreck zusammen, zitterte noch mehr und mein Herz schlug mir bis zum Hals.
Meine Hände löste ich von meinem Gesicht und ich sah Micaela mit großen Augen an, die einen Finger auf ihre Lippen legte.
„Wir wissen, das ihr hier drinnen seid. Kommt raus, oder wir holen euch raus.", brüllte eine wütende Stimme hinter der Tür.
Die Stimme war mir fremd und nach Micaela's wutverzerrtem Gesichtsausdruck zu urteilen auch.
„Lady's bitte. Macht es uns doch nicht so schwer.", rief die Stimme jetzt etwas sanfter.
Micaela ballte die Hände zu Fäusten, dann griff sie in den Bund ihrer Hose. Langsam zog sie eine Waffe hervor und entriegelte sie.
Es sollte mich wundern, das mir das nie aufgefallen war, das sie dieses Teil die ganze Zeit über mit sich rumtrug, aber ich war zu angespannt und panisch, um jetzt weiter darüber nachzudenken. Ein Schuss fiel und er kam definitiv nicht von Micaela.
Das Schloss der Tür zersplitterte, Holz flog in den Raum und die Kugel prallte ein Stück weiter neben dem Schreibtisch ab.
Jetzt verstand ich auch, warum ich mich nicht an den Schreibtisch setzen sollte.
„Fuck.", flüsterte Micaela, als sie die Waffe auf die Tür richtete.
Panisch sah ich mich um und sprang von der Bank auf. Es gab kaum eine Möglichkeit, mich zu verstecken. Micaela deutete mir an, zurück zu gehen. Also lief ich rückwärts, bis ich gegen eine Wand stieß. Mit einem lauten Knall ging die Tür ein Stück auf, wurde aber von dem Sessel vorerst aufgehalten.
Zitternd ließ ich mich auf den Boden sinken.
Mein Blick huschte von Micaela zur Tür und wieder zurück. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Alles hing von Micaela ab, ich hätte ihr nicht mal helfen können, selbst wenn ich es gewollt hätte. Mit solchen Dingen hatte ich in meinem Leben noch nie zu tun und das wollte ich auch gar nicht. Normalerweise stand ich auf der anderen Seite. Die, die solche Leute verurteilte.
Aber das half mir jetzt erst recht nicht.
Der Sessel kratzte über den Boden und die Tür ging immer weiter auf.
„Mein Gott, ihr habt es uns aber auch wirklich schwer gemacht.", fluchte jemand hinter der Tür.
Als sie komplett geöffnet war, traten zwei Männer in den Raum.
Einer von ihnen war groß und breit. Sein Kopf war kahl, was ihn unglaublich riesig erschienen ließ.
Der Andere war zwar einen Kopf kleiner, aber dennoch war er durchtrainiert. Seine Haare waren blond. Beide hielten sie eine Waffe in den Händen, die sie aber gen Boden richteten.
Belustigt sah der Blonde Micaela an und deutete auf ihre erhobene Waffe: „Oh Schätzchen, mit sowas solltest du nicht spielen."
Sie lächelte: „Meinst du?"
Gebannt sah ich, wie ihr Finger an dem Abzug sich bewegte.
Blitzschnell richtete der Blonde seine Waffe auf mich und Micaela verharrte in ihrer Bewegung.
Der Blonde sah nicht mal zu mir, woher wusste er also, wo ich war? Wie konnte er sich denn so schnell ein Bild von der Situation machen?
Und wie schaffte er es, aus seiner Perspektive Micaela's Bewegungen am Abzug wahrzunehmen?
„Wenn du abdrückst, drücke ich auch ab.", sagte der Blonde ruhig, während der Schrank neben ihm anfing zu lachen.
„Was wollt ihr?", fauchte Micaela, nahm jedoch die Waffe nicht runter.
Der Blonde schmunzelte: „Sie."
Er ließ seine Waffe kurz kreisen und richtete sie dann wieder ruhig auf mich.
Micaela warf mir einen erstaunten Blick zu, der aber sofort wieder zu den beiden Männern flog: „Sie?"
Der Blonde nickte nur.

Forbidden DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt