Kapitel 2

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„So fertig!", sagt Cashmere und streicht mein dunkelgrünes Kleid noch einmal glatt. Ich sehe mich im Spiegel an. Das Kleid passt wie angegossen und meine Haare hat meine Schwester zu einem schönen Flechtzopf gebunden. Vor der Haustür stehen bereits meine Eltern, Gloss und Ruby. Ich bin die einzige die heute für die Hungerspiele ausgelost werden könnte, Ruby ist ebenfalls zu alt. Wir machen uns auf den Weg in Richtung Justizgebäude von Distrikt 1. Als wir ankommen müssen wir uns erst von meinen Geschwistern trennen. Ich umarme sie kurz. „Möge das Glück steht's mit dir sein", flüstert Gloss mir ins Ohr und ich muss lachen, denselben Satz sagt auch die Betreuerin, für die Tribute aus 1, immer. Gloss hat wohl gemerkt, dass ich etwas angespannt bin. Er und Cashmere verschwinden in Richtung Justizgebäude und ich muss mich jetzt auch von meinem Eltern und Ruby trennen. Auch die drei umarme ich flüchtig. Dann stelle ich mich in die Reihe der 12 bis 18 jährigen und lasse meinen Namen registrieren. Wir werden alle nach Alter, die Älteren nach vorne und die Jüngeren nach hinten, aufgestellt. Da ich fünfzehn bin stehe ich irgendwo in der Mitte. Auf der Bühne, vor dem Gerichtsgebäude, stehen vier Stühle, einer für den Bürgermeister, einer für Dalia Jonson, die Betreuerin, die jedes Jahr aus dem Kapitol zu uns kommt und die Namen verliest und je einer für die beiden Mentoren, Cashmere und Gloss. Außerdem stehen auf der Bühne ein Podest und zwei Glaskugeln, eine für die Jungen und eine für die Mädchen. Um Punkt zwei betritt der Bürgermeister das Podest und beginnt zu lesen. Er erzählt, wie jedes Jahr, die Geschichte Panem. Er zählt Katastrophen auf, wie Dürren, Stürme und all die anderen Dinge, die Panem zu gestoßen sind, der Aufstand der Distrikte gegen das Kapitol und wie Distrikt dreizehn vernichtet wurde, wie neue Gesetzte beschlossen wurde, die Frieden sichern sollten, um uns daran zu erinnern, dass sich diese dunklen Tage nie wiederholen dürfen, brachte er uns die Hungerspiele. Die Hungerspiele, das nennen sie Frieden? Dass sie Jugendliche gegenseitig umbringen müssen?, denke ich. Und dann feiern wir sie auch noch, wie ein Fest, wie ein Sportwettbewerb, bei dem sich die Distrikte messen. Nach einer gefühlten Ewigkeit ist der Bürgermeister endlich fertig und verliest die Liste der Sieger aus Distrikt 1. In 67 Jahren waren es zehn. Gloss und Cashmere erscheinen auf der Bühne und setzten sich auf die zwei noch leeren Stühle. Dann stellt der Bürgermeister Dalia Jonson vor, sie stöckelt aufs Podest. „Fröhliche Hungerspiele! Und möge das Glück stehts mit euch sein!", ruft sie übertrieben fröhlich. Ich sehe hoch zu Gloss und grinse. Dalia Jonson trägt dieses Jahr ein knallgelbes Kostüm und eine hellrosane Perücke. Sie reden ewig darüber welche Ehre es für sie ist, hier sein zu dürfen. Natürlich, wer würde denn nicht gerne in Distrikt 1 als Betreuerin arbeiten. Endlich ist es soweit und es ist Zeit für die Ziehung. „Ladies First!", sagt Dalia Jonson, wie jedes Jahr und stöckelt zur Glaskugel mit den Mädchennamen. Sie taucht ihre Hand in die Glaskugel, mischt nochmal gut durch. Ich sehe hoch zu Gloss und Cashmere. Cashmere lächelt mir aufmunternd zu.  Dann zieht Dalia Jonson den Zettel. Alle sehen ihr wie gebannt zu , wie sie den Zettel öffnet und dann den Namen klar und deutlich verliest. „Saphira Ritchson." Ich bin wie gelähmt. Die Anderen machen mir Platz, schaffen mir einen Weg zur Bühne. Die meisten sehen enttäuscht aus, weil sie nicht gezogen wurden, ein paar jüngere sehen allerdings erleichtert aus. Wie in Trance gehe ich hoch zur Bühne. Dalia nimmt mich in Empfang und begleitet mich zu meinem Platz. Ich muss an Gloss und Cashmere vorbeigehen. Während Cashmere einfach mit halb offenen Mund da steht, sieht Gloss mich an. Kurz lächle ich in an. Versuche ihm zu sagen, dass meine Chancen gut stehen. Meine Chancen sind gut. Immer und immer wieder versuche ich mir das klar zu machen. Ich stehe da und versuche keinen allzu schwachen Eindruck auf das Publikum zu machen, immerhin werden später auch die anderen Tribute die Ernte sehen. Also versuche ich meine Gefühle zu verbergen und lächle in die Menschenmenge. „Kommen wir nun zu den Jungen!", sagt Dalia währenddessen und geht zur Glaskugel mit den Jungenname. Diesmal nimmt sie den ersten Namen, den sie zu fassen bekommt und liest wieder klar und deutlich den Namen vor. „Apard Davies."

When I dieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt