Kapitel 3

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Nein! Warum? Warum, ausgerechnet Apard? Gerade hatte ich mich damit abgefunden, dass ich in die Hungerspiele musste und mir eingeredet, dass ich gute Chancen habe und jetzt wird Apard ausgelost. Ich würde es nicht über mich  bringen ihn zu töten, ich kann nur hoffen, dass ein anderer in umbringen wird. Ich sehe wie er hoch zur Bühne kommt und zielstrebig zu seinem Platz geht. Er sieht mich nicht an. Er ist groß, recht muskulös und hat grüne Augen. Dalia fragt nach freiwilligen, doch niemand meldet sich. Na toll, ausgerechnet dieses Jahr hat niemand Lust sich freiwillig zu melden. Ganz toll. Der Bürgermeister tritt wieder nach vorne und liest den ewig langen und total langweiligen Hochverratsvertrag vor. Ich höre nicht zu. Wieso er? Wieso ausgerechnet er?, denke ich immer und immer wieder. Fast hatte ich mich auf die Spiele gefreut, endlich konnte ich den Menschen zeigen, dass ich auch etwas anderes konnte, außer schön auszusehen und dann wurde Apard ausgelost. Von wegen möge das Glück steht's mit euch sein. Heute war das Glück ganz und garnicht auf meiner Seite, denke ich. Endlich ist der Bürgermeister fertig mit seiner ewigen Lesung des Hochverratsvertags fertig und gibt mir und Apard ein Zeichen, uns die Hände zu reichen. Apards Händedruck ist fest, vielleicht, um mir Sicherheit zu geben, aber wahrscheinlich eher, um mir zu sagen, dass er mich ohne mit der Wimper zu zucken umbringen könnte. Die Hymne von Panem erklingt. Als der letzte Ton der Hymne erklingt und wir werden von einer Schar Friedenswächtern in die Mitte genommen und ins Justizgebäude geführt.

Im Gebäude werde ich in einen Raum geführt und alleine gelassen. Im Raum steht ein Sofa und mehrere Stühle. Auf dem Bode liegen breite Teppiche. Eine Stunde habe ich Zeit mich von meiner Familie zu verabschieden. Ich weiß nicht ob Gloss und Cashmere kommen werden. Schließlich ist wird einer der beiden, ab jetzt mein Mentor sein. Als erstes kommen meine Eltern herein. Sie schließen mich in die Arme, ich drücke mich ganz fest an sie. Nicht weinen, du hast gute Chancen , sage ich mir immer wieder. Am Bahnhof werden weitere Kameras stehen und ich will nicht schwach wirken. Ich löse mich von meinen Eltern und sehe meinen Vater an. „Wirst du mit ins Kapitol kommen?", frage ich ihn. Als Sieger könnte er ebenfalls ins Kapitol reisen und bei den Spielen mit zusehen. In dem Jahr als Gloss Tribut war und die Jahre davor hat er das fast immer gemacht, er hat uns auch alle Kampf und Überlebenstechniken beigebracht, die wir kennen. Im dem Jahr als Cashmere Tribut war ist er allerdings lieber zu Hause geblieben, um mich und meine Mutter zu unterstützen und er wusste, dass Gloss alles tun würde, um Cashmere am Leben zu halten. Jetzt schüttelt er den Kopf. „Nein, ich bleibe wieder bei deiner Mutter. Cashmere wird deine Mentorin sein und im Kapitol kann ich dir sowieso nicht mehr helfen, als hier", erklärt er mir. Ich nicke. Cashmere wird also meine Mentorin sein. „Ihr schafft das", sage ich und sehe meine Mutter an, „dieses Mal wird es das letzte sein, dass ihr durchhalten müsst." Meine Mutter nimmt mein Gesicht in ihre Hände. „Mach dir um uns keine Sorge, kümmere dich einfach nur um dich, verstanden?", sagt sie leise. Ich nicke. Sie gibt mir einen Kuss auf die Stirn, ich umarme meine Eltern nochmal, dann sind sie weg. Ich versuche nicht daran zu denken, dass dies vielleicht das letzte mal war, sie gesehen zu haben.

Als Nächstes kommt Ruby herein, dass überrascht mich etwas, bisher haben wir noch nicht viel miteinander gemacht, wir sind nur miteinander klar gekommen. Wobei das bei mir eine Kunst ist, denke ich. „Ich bin mir sicher, du wirst das schaffen. Ich hab dich werfen sehen", sagt sie. Ich nicke. Ich habe keine Ahnung, was ich sagen soll, also sage ich nichts. Dann nimmt sie mich in den Arm. Ich bin so perplex, dass ich einfach da stehe und es geschehen lasse. „Du warst immer wie eine kleine Schwester für mich, du musst das schaffen", flüstert sie. Ich weiß, dass Ruby keine Geschwister hat. Ihre Worte rühren mich und ich muss mich schon wieder zusammenreißen, nicht zu weinen. Wir lösen uns von einander und Ruby geht in Richtung Tür. Plötzlich habe ich das Gefühl, dass ich ihr noch etwas sagen muss. „Ich werde dich vermissen, Ruby", sage ich und sie dreht sich noch mal zu mir um. „Ich dich auch", sagt sie traurig lächelnd. Dann ist auch sie weg.

Als wir beim Bahnhof ankomme bin ich richtig froh, dass ich nicht eine Träne zugelassen habe. Überall stehen Kamerateams und filmen uns. Apard hat ebenfalls nicht geweint, aber warum denn auch, in Distrikt 1 ist es eine Ehre für die Hungerspiele ausgewählt zu werden. Er wirkt recht ruhig. Ich lächle den Kameras zu, während wir darauf warten, dass die Türen des Zuges sich öffnen. Dann endlich öffnen sich die Türen und wir betreten den Zug, die Türen schließen sich und fast augenblicklich fährt der Zug los. Ich bin noch nie in meinem Leben Zug gefahren und die Geschwindigkeit raubt mir fast den Atem. Der Zug für die Tribute ist verdammt schick. Jeder von uns bekommt ein eigenes Schlafabteil mit Ankleideraum und Bad. Es gibt Schubladen voller frischer Kleider und Dalia Jonson meinte, wir hätten eine Stunde Zeit, alles zu tun und lassen, worauf wir Lust haben. In einer Stunde müssen wir dann fertig für das Abendessen sein. Ich ziehe meine Klamotten aus und gehe erstmal duschen. Danach suche ich mir eine dunkelblaue Bluse und eine hellgraue Hose zum anziehen raus. Dunkelblau ist meine Lieblingsfarbe, ich weiß nicht genau wieso, aber dunkelblau wirkt beruhigend auf mich und passt auch noch gut zu meinen Augen. Dalia kommt, um mich zum Abendessen abzuholen und ich folge ihr durch einen engen Gang in einen Speisesaal mit glänzender Wandtäfelung. Am Tisch sitzt bereits Apard, der Platz neben ihm ist frei und auch Gloss und Cashmere sind da. Ich bin sehr erleichtert, sie zu sehen. Dalia bedeutet mir, neben Apard Platz zu nehmen, gegenüber von Cashmere. Klar, jeder sitzt seinem Mentor gegenüber. Cashmere lächelt mich aufmunternd an. Ich lächle zurück. Das Abendessen hat mehrere Gänge, es gibt eine Suppe mit Salat, Schweinekoteletts mit Kartoffeln, Käse, Brot und Obst und Pudding zum Nachtisch. Noch nie habe ich so viel essen auf einmal gesehen, obwohl wir zu Hause immer genug Essen hatten. Ich würde gerne noch mehr essen, doch ich bin schon pappsatt. Wenn wir bis zu den Spiele weiter so viel zu Essen bekommen, werde ich wahrscheinlich ein paar Pfunde zulegen, wobei das während den Spielen wohl eher von Vorteil wäre. „Ach, ich bin so froh in Distrikt 1 zu arbeiten", seufzt Dalia. „Wisst ihr, vor fünf Jahren musste ich noch bei den Tributen aus Distrikt 4 arbeiten das war eigentlich ganz okay, es hat nur überall nach Fisch gestunken", sie rümpft die Nase. Stimmt, in dem Jahr als Cashmere gewonnen hat, war Dalia Jonson das erste mal Betreuerin in 1. „Und davor musste ich mit den Tributen aus Distrikt 10 arbeiten. Das war schlimm, die kannten nicht mal irgendwelche Tischmanieren", beschwert sie sich weiter. „ Jetzt bist du ja hier", meint Cashmere. „Genau und ich bin sehr gespannt auf diese Hungerspiele. Ihr seht aus, als hättet ihr einiges drauf", sagt sie mit Blick auf mich und Apard. Gloss lacht. Er und Cashmere wissen ganz genau, was ich alles drauf habe. Erst hat unser Vater uns gemeinsam trainiert und als Gloss dann gewonnen hat, hat er uns weiter trainiert und später dann auch noch Cashmere. Früher haben wir sogar mit Apard trainiert, also wissen wir alle ganz bis sehr gut, was der andere so drauf hat.

When I dieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt