Kapitel 11

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„Jetzt kannst du in den Spiegel schauen!", sagt Celestia und ich öffne die Augen. Mein Kleid ist wunderschön. Es besteht aus saphirblauem Stoff und ist oben eher eng und voller Glitzer, die Ärmel sind aus ebenfalls saphirblauem durchsichtigen Stoff. Fast sehen sie aus, wie etwas zu kurze Flügel. Der Rock fällt eher weit und locker und geht mir knapp bis zu den Knien. Ich drehe mich einmal im Kreis und mein Vorbereitungsteam seufzt fasziniert. Meine Haare haben sie offen gelassen und gelockt, jetzt wirken sie viel Voluminöser und glänzen schön, wenn Licht auf sie fällt. Mit dem Make up haben sie sicher eher zurückgehalten, nur knallroter Lippenstift, Glitzersteine bei den Augen und ein paar Highlights. Meine Schuhe haben zum Glück auch nur einen recht kleinen Absatz so etwa zwei Zentimeter, schätze ich. Sie sind golden, so wie die Ohrringe, die ich trage, es sind große Creolen, ansonsten trage ich keinen Schmuck. „Es passt perfekt", sagt Celestia stolz. Sie hat so was von Recht. 

Bei den Interviews kommen immer erst die Mädchen und dann die Jungen dran, also bin ich die erste. Erstaunlicherweise bin ich mittlerweile viel ruhiger und konzentrierter, als noch vor ein paar Stunden. Das Training mit Dalia und Cashmere hat gut geklappt, mein Kleid ist wunderschön, im Einzeltraining hatte ich auch schon eine hohe Punktzahl und Distrikt 1 findet eigentlich immer Sponsoren. Was soll denn schon passieren? Am Aufzug treffen wir auf den Rest des Teams aus Distrikt 1. Ich muss zugeben, dass auch Apard echt gut aussieht. Er trägt einen dunkelgrauen Anzug mit roten Akzenten. Gloss, Cashmere und Dalia sind dem Anlass gemäß aufgedonnert. Ich sehe, wie Cashmere Celestia anerkennend zunickt und dann mir zulächelt. Ich erwidere ihr Lächeln. Als sich der Aufzug öffnet, werden die anderen Tribute bereits aufgestellt, um auf die Bühne zu gehen. Apard und ich werden ganz nach vorne geführt. Im vorbeigehen lächle ich Talon und Nero zu. Ich habe gerade noch Zeit mir nochmal meine Taktik in den Kopf zu rufen, dann werde ich aufgerufen. Ich setze ein strahlendes Lächeln auf und betrete die Bühne. Ich winke der Menschenmenge zu und versuche mich auf meinen Atem zu konzentrieren. Der Weg bis zu Caesar Flickerman, der Mann, der schon seit fast vierzig Jahren die Interviews führt, kommt mir unendlich lange vor. Diese Jahr hat Caesar seine Haare, Augenlider und Lippen gelb gefärbt. 

Ich erlebe das Interview wie in Trance. Caesar Flickerman begrüßt mich und macht mir ein Kompliment, zu meinem Aussehen. Ich lächle und winke in die Menschenmenge, dann beginnt Caesar Flickerman mich auch schon mit fragen zu Löchern, ich beantworte sie alle und lächle immer wieder ins Publikum. Irgendwann ist es endlich vorbei, ich winke noch einmal in die Menge und gehe dann von der Bühne. Ich mache mich auf die Suche nach meinen Geschwistern und stelle mich dann zu ihnen.  Cashmere ist begeistert von meinen Interview und meint, ich habe es super gemacht und auch Gloss nickt mir anerkennend zu. Die anderen Interviews ziehen an mir vorbei und als nach einer Ewigkeit alle vorbei sind, machen wir uns wieder auf den Weg zum Aufzug. Ich und Cashmere gehen mit Dalia vor und hinter uns laufen Gloss und Apard. Die ganze Zeit spüre ich Apards Blick in meinem Rücken, oder bilde ich mir das nur ein? Ich bin mir nicht ganz sicher. Auch sein Interview lief ganz gut, ich habe zwar nicht richtig zugehört, aber er hat das Publikum sichtlich begeistert. Bei seinem Aussehen ist das auch nicht schwer, denke ich und erst ein paar Sekunden später, wird mir klar, was ich eben gedacht habe. Fast fange ich an zu lachen doch ich kann es noch als Hustenanfall tarnen. Cashmere und Dalia sehen mich leicht verwirrt an und meine Schwester klopft mir auf den Rücken, anscheinend denkt sie, ich habe mich an meiner eigenen Spuke verschluckt.

In unserer Etage essen wir gemeinsam mit unseren Stylistinnen zu Abend. Ich habe keinen Hunger und esse heute nicht so viel. Auch Apard isst nicht so viel, wie sonst. Nach dem Essen sehen wir uns die Wiederholung der Interviews an und ich bin etwas stolz auf mich. In dem saphirblauem Kleid sehe ich einfach toll aus und ich habe meine Taktik perfekt umsetzen können. Diesmal bin ich auch bei den anderen Interviews aufmerksamer. Apard uns Caesar Flickerman reden so miteinander, als würden sie sich schon seit Jahren kennen und obwohl Apard nicht der Standard Karrieros ist, er ist schlanker und wirkt auf den ersten Blick nicht so muskulös, kommt er sehr stark und selbstbewusst rüber. Bianca und Nero dagegen sind, wie fast alle aus Distrikt  2, brutale Tötungsmaschinen. Meira und Talon sind etwas zurückhaltender und Meira kommt fast schüchtern rüber. Das blinde Mädchen aus Distrikt 6 redet nicht viel und Caesar ist sehr nett zu ihr. Leta ist sehr selbstsicher und abgesehen von uns Karrieros, hat sie die besten Chancen. Als die Hymne zu Ende ist und der Bildschirm schwarz wird, wird es still im Zimmer. Dalia bricht schließlich das schweigen. „Ich denke Distrikt 1 wird dieses Jahr mal wieder einen Sieger haben, aber ihr solltet heute nicht zu spät ins Bett gehen." Ich nicke, zugegeben bin ich ziemlich nervös. Morgen geht es schon in die Arena heute ist der letzte ruhige Abend bevor die eigentlichen Spiele beginnen. Ich sehe zu Cashmere und Gloss, dieser Abend könnte der letzte Abend sein, an dem ich die beiden sehen könnte. Nein, so darf ich jetzt nicht denken, ich bin schnell, gerissen und kann sehr gut mit Wurfmessern umgehen, ich kann das schaffen. Ich kann die Spiele gewinnen.

When I dieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt